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Faksimile Unterschrift: Ist diese auf Mietzinserhöhungsformularen zulässig?

Nachfolgend wird die Frage beurteilt, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen amtliche Mietzinserhöhungsformulare mit einer faksimile Unterschrift, was eine mechanisch nachgebildete Unterschrift ist, versehen werden dürfen, ohne dass die Gefahr besteht, dass die Formularanzeige deshalb als nichtig betrachtet wird.

03.03.2022 Von: Urban Hulliger
Faksimile Unterschrift

Ausgangslage Faksimile Unterschrift

Das Obergericht des Kantons Zürich hat vor längerer Zeit erkannt, dass Mietzinserhöhungen, die häufig in grosser Zahl ausgefertigt würden, ähnlich Versicherungspolicen mit einer nachgebildeten Unterschrift versehen werden könnten. Im konkret zu beurteilenden Fall waren 156 Mietzinserhöhungen versandt worden. Das Obergericht des Kantons Zürich hielt – ohne dabei auf entsprechende Untersuchungen zu verweisen – dafür, eine solche Vorgehensweise sei "bei grossen Liegenschaftenverwaltungen geschäftsüblich" geworden.

Das Bundesgericht hat in einem Urteil vom 8. Juli 2003, welches eine Mietzinserhöhung aus dem Kanton Aargau betraf, festgehalten, das amtliche Formular zur Mitteilung einer Mietzinserhöhung oder anderen einseitigen Vertragsänderung bedürfe zur Gültigkeit der eigenhändigen Unterschrift des Vermieters oder seines Vertreters. Vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift könne nur dann abgesehen werden, wenn einerseits entsprechende Dokumente in grosser Zahl ausgegeben würden und andererseits nachgewiesen sei, dass die Verwendung faksimiliert unterzeichneter Formulare "im Verkehr üblich" sei. Da Entsprechendes im konkreten Fall vor Vorinstanz nicht behauptet und folglich auch nicht bewiesen worden war, erachtete das Bundesgericht im konkreten Fall die geltend gemachte Mietzinsanpassung mit faksimilierter Unterschrift als nichtig. Dabei kritisierte das Bundesgericht den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, soweit darin die Auffassung vertreten worden war, die Bestimmungen über die Schriftlichkeit gemäss Art. 11 ff. OR seien nicht ohne weiteres auf die amtlichen Formulare zur Mitteilung von Mietzinserhöhungen und anderen einseitigen Vertragsänderungen anwendbar. Gleichzeitig brachte das Bundesgericht allerdings auch zum Ausdruck, dass die Frage, ob die Verwendung amtlicher Formulare in grosser Zahl mit faksimilierter Unterschrift im Verkehr üblich sei, eine so genannte Tatfrage darstelle, die im bundesgerichtlichen Verfahren – in welchem nur die Verletzung von Bundesrecht, also Rechtsfragen, beurteilt werden können – nicht überprüft werden könne.

Konsequenzen

Die beiden vorerwähnten Urteile lassen einige Unsicherheit über das korrekte Vorgehen bei Mietzinserhöhungen bestehen:

In allen Kantonen, in denen entsprechende Fälle bis heute nicht beurteilt worden sind, ist davon auszugehen, dass amtliche Formulare grundsätzlich vom Vermieter oder seinem Vertreter eigenhändig zu unterzeichnen sind. Es fehlen jedenfalls verlässliche Informationen, welche die Schlussfolgerung zulassen, die Verwendung von Formularen mit faksimilierter Unterschrift könne als "geschäftsüblich" betrachtet werden, jedenfalls soweit solche Formulare "in grosser Zahl" herausgegeben würden. Da der Vermieter das entsprechende Beweisrisiko trägt und dem zur Beurteilung angerufenen Gericht bei der Würdigung der Beweise ein recht erhebliches Ermessen zusteht, ist dringend zu empfehlen, in allen Kantonen in jedem Fall und ungeachtet der Anzahl die zu versendenden Formulare eigenhändig unterzeichnen zu lassen.

Im Kanton Zürich können sich Vermieter oder Liegenschaftenverwaltungen, die üblicherweise amtliche Formulare in relativ grosser Zahl (über 150 pro Anzeige-Termin) verwenden, zwar auf den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. Mai 2001 berufen, der – wenn auch ohne Hinweis auf diesbezüglich unternommene Erhebungen – ausdrücklich festhält, die faksimilierte Unterzeichnung von amtlichen Formularen, die in grosser Zahl ausgefertigt würden, sei "bei grossen Liegenschaftenverwaltungen" geschäftsüblich. Vermieter, die nach Bekanntwerden des erwähnten Urteils entsprechend vorgegangen sind, könnten sich insbesondere darauf berufen, dass im Vertrauen auf diesen Entscheid keine Veranlassung bestanden habe, die diesbezüglich geübte Praxis zu ändern.

Zu beachten ist nun aber Folgendes:

  • Das Bundesgericht hat den Hauptstandpunkt in der Begründung des Entscheides des zürcherischen Obergerichts, wonach die Bestimmungen von Art. 11 ff. OR betreffend eigenhändige Schriftlichkeit auf amtliche Formulare im Sinne von Art. 269d OR nicht anzuwenden sei, klar verworfen. Damit hängt die Entscheidung darüber, ob eine faksimilie Unterschrift den Formerfordernissen genügt, nur noch davon ab, ob im konkreten Fall als nachgewiesen betrachtet wird, dass die Verwendung faksimiliert unterzeichneter amtlicher Formulare geschäftsüblich bzw. im Verkehr üblich ist. Überdies können sich ohnehin nur grössere Liegenschaftenverwaltungen, welche solche Formulare in grosser Zahl ausgeben, auf diese Formerleichterung berufen.
  • Bestreitet in einem Prozessfall ein Mieter nun, dass die Verwendung faksimiliert unterzeichneter amtlicher Formulare im Verkehr üblich sei, so stellt sich die Frage, ob der Vermieter das Entsprechende nun zu beweisen hat oder ob aufgrund des obergerichtlichen Entscheides vom 3. Mai 2001 die entsprechende Tatsache bereits als bewiesen erachtet werden könnte. Es ist daran zu zweifeln, ob die Gerichte aus dem Einzelentscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. Mai 2001 generell und unbesehen auf eine Verkehrsüblichkeit schliessen.
  • Sollte ein Gericht auf erhobene Bestreitung vom Vermieter gemäss den zivilprozessualen Beweisregeln den Nachweis verlangen, dass die Verwendung faksimiliert unterzeichneter amtlicher Formulare "geschäftsüblich" oder "verkehrsüblich" ist, so dürfte ein nicht unerheblicher Aufwand zu erbringen sein, und es besteht stets das Risiko, dass der zur Beurteilung angerufene Richter den Beweis als nicht genügend erbracht erachtet, insbesondere dann, wenn der Mieter mit einer grösseren Anzahl von Gegenbeispielen aufwartet. Angesichts der durch die widersprüchlichen Entscheidungen hervorgerufenen Verunsicherungen sind nämlich auch grössere Liegenschaftenverwaltungen, um jedes Risiko auszuschliessen, dazu übergegangen, auch Mietzinsanpassungen, die in grosser Zahl ausgegeben werden, wieder eigenhändig unterzeichnen zu lassen, z.B. durch eigens für diesen Zweck mit Sondervollmachten ausgestattete Temporärangestellte. Es erscheint somit zweifelhaft, ob der rechtsgenügende Nachweis einer solchen Geschäftsüblichkeit unter den gegebenen Umständen erbracht werden kann.

Ergebnis Faksimile Unterschrift

Zusammenfassend ist generell zu empfehlen, inskünftig in allen Kantonen für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen (und ohnehin für Kündigungen) die notwendigen amtlichen Formulare eigenhändig durch hiefür bestellte oder befugte Vertreter unterzeichnen zu lassen.

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