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Arbeitszeugnis Codierung: Unzulässige Formulierungen und Codes in Arbeitszeugnissen

Aussagekräftige und korrekte Arbeitszeugnisse sind auf dem Stellenmarkt sowohl für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer nach wie vor unerlässlich. Das Arbeitszeugnis sollte Auskunft über die Qualifikation des Arbeitnehmers für bestimmte Tätigkeiten geben. Die Arbeitszeugnis Codierung verletzt zum Beispiel den Grundsatz der Klarheit.

04.03.2024 Von: Nicole Vögeli Galli
Arbeitszeugnis Codierung

Die Verwendung der Sprache

Formulierungen müssen klar und wahr sein und es dürfen weder positive Wendungen aufgenommen werden, die in Tat und Wahrheit negativ sind. Noch sind negative Beurteilungen zulässig, die durch positive Wertungen verschleiert werden.

Beispiele der ersten Art sind: 

  • im Grossen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit = ungenügende Leistungen
  • zu unserer Zufriedenheit = knapp genügende Leistungen
  • stets zu unserer Zufriedenheit = genügende Leistungen
  • korrektes Verhalten = unfreundlich

Beispiele der zweiten Art sind: 

  • Er bemühte sich. = ungenügende Leistungen
  • Er war sehr kommunikativ. = Er schwatzte zu viel.
  • Er erledigte die gestellten Aufgaben. = Er machte nie mehr als nötig.
  • Er zeigte einen grossen Einsatz. = Er hatte keinen Erfolg.
  • Er war charakterfest. = Er war uneinsichtig.

Des Weiteren ist folgendes unzulässig: unverhältnismässig lange Ausführungen über Selbstverständliches, bewusstes Einsetzen von Mehrdeutigkeiten für negative Beurteilungen, die Reihenfolge von Unwichtigem zu Wichtigem statt von Wichtigem zu Unwichtigem. Im Einzelfall können diese rechtlich unkorrekten Formulierungen indes besser sein.

Arbeitszeugnis Codierung

In der Kommunikationswissenschaft bezeichnet ein Code im weitesten Sinne eine Sprache. Jegliche Kommunikation beruht auf dem Austausch von Informationen, die vom Sender nach einem bestimmten Code erzeugt werden und die der Empfänger gemäss demselben Code interpretiert.

Das Bundesverwaltungsgericht versteht unter Codierungen im Arbeitszeugnis sprachliche Formulierungen, deren versteckte Bedeutung nur eingeweihten Arbeitgebern bekannt ist, dem uneingeweihten Leser aber verborgen bleibt (sog. Geheimcodes bzw. Codierungen), weshalb diese unzulässig sind. (BVGer A-2021/2019 18.9.2019 E.3.6)

Mit anderen Worten müsste unter den Arbeitgebern Abmachungen bestehen, wie gewisse Worte oder Wortkombination tatsächlich zu verstehen sind. Derartiges ist in der Praxis unbekannt und im Zusammenhang mit dem Arbeitszeugnis geht es nicht um codierte Formulierungen sondern darum ob gewisse Formulierungen zulässig sind oder nicht.

Fallbeispiele Arbeitszeugnisse mit Lösungsvorschlägen aus der Praxis

In der Praxis ist die Arbeitszeugniserstellung nicht immer eindeutig und klar. Anhand der folgenden Fallbeispiele zeigen wir Ihnen auf, wie Sie kritische Fälle rechtssicher lösen.

 Praxisfall Arbeitszeugnis – Beispiel Schwieriges Verhalten

Sachverhalt: Herr X. ist seit rund 10 Jahren bei Ihnen als IT Manager tätig. Herr X. erbringt hervorragende Leistungen, was sich im Bonus jeweils stark erhöhend auswirkt. Doch ist er im Verhalten schwierig. Er delegiert nicht, er bezieht sein Team nicht ein und er hält sich zum Teil auch nicht an Weisungen. Zuletzt verlangt er, dass die Kündigung eines Mitarbeiters zurückgezogen wird. Sein Vorgesetzter geht nun in den Ruhestand und der Neue ist nicht bereit, das Verhalten von Herrn X. weiter zu dulden. Er setzt eine Bewährungsfrist von 6 Monaten. Als das Verhalten von Herrn X. nicht bessert, wird Herrn X. gekündigt. Wie würden Sie die Problematik in das Zeugnis aufnehmen?

Lösung: Achtung, der Arbeitgeber ist weisungsbefugt (Art. 321d OR). Vorschlag Verhaltensformulierung: «Aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der Führungsorganisation sahen wir uns leider veranlasst, das Arbeitsverhältnis zu beendigen, was wir sehr bedauern. …» Auf ein allenfalls vom alten Chef ausgestelltes Zwischenzeugnis muss sich die Arbeitgeberin grundsätzlich behaften lassen.

 Praxisfall Arbeitszeugnis – Beispiel Probezeit

Sachverhalt: Frau X. beginnt bei der Y. AG am 15. März 2014 als Lagermitarbeiterin. Die Probezeit beträgt drei Monate. Die Y. AG kündigt am 10. Mai 2014 und stellt Frau X. eine Arbeitsbestätigung aus. Frau X. verlangt ein Vollzeugnis. Hat Frau X. Anspruch auf ein Vollzeugnis?

Lösung: Grundsätzlich besteht jederzeit ein Anspruch auf ein Vollzeugnis und eine Arbeitsbestätigung (Art. 330a OR). Bei kurzer Einführung und einfacherer Arbeit kann relativ schnell eine Aussage über die Mitarbeiterin vorgenommen werden. Darunter fallen auch Lagerarbeiten. Bei umfangreicherer Einführung und falls noch nicht alle Arbeiten übernommen werden konnten, dürfte kaum ein echtes Vollzeugnis erstellt werden können. In derartigen Fällen (Ausnahme) könnte allenfalls der Anspruch auf ein Vollzeugnis abgelehnt werden. Je nach Grund für die vorzeitige Beendigung ist eine Arbeitsbestätigung für einen Arbeitnehmer zudem besser.

Praxisfall Arbeitszeugnis – Beispiel Langes Leiden

Sachverhalt: Frau X. tritt am 1. Juni 2009 eine neue Stelle an. Am 5. August 2013 verunfallt sie schwer mit dem Auto. Deswegen ist sie bis am 31. März 2014 arbeitsunfähig. Allerdings hat die Y. AG bereits im November 2013 das Arbeitsverhältnis per 31. Januar 2014 gekündigt. Im Schlusszeugnis findet sich folgender Satz: «Seit dem 5. August 2013 war Frau X. nicht mehr arbeitstätig.» Ist dies zulässig?

Lösung: Krankheiten, unbezahlte Urlaube, Freistellung etc. sind grundsätzlich nicht zu erwähnen. Kann indes eine Qualifi kation deswegen nicht (genügend) vorgenommen werden, ist ein entsprechender Hinweis zulässig. Dies gilt sowohl für die Dauer wie auch den Grund der Unterbrechung. Im vorliegenden Fall liegt einerseits eine genügend lange Periode mit Arbeitsleistung vor und die Dauer der Arbeitsfähigkeit während Arbeitsverhältnis beläuft sich «nur» auf rund sechs Monate. Andererseits ist sachlicher Grund für die Kündigung die langandauernde Arbeitsunfähigkeit. Entscheidend dürfte sein, dass Frau X. am 1. April 2014 wieder arbeitsfähig ist, weshalb der Satz zu streichen ist.

Praxisfall Arbeitszeugnis – Beispiel Sprachen

Sachverhalt: Frau X. ist als Aussendienstmitarbeiterin für das Welschland zuständig. Ihre Arbeitgeberin hat Sitz in Zug. Frau X. hat per 31. März 2014 gekündigt, da sie einen Sprachaufenthalt machen und danach eine neue Stelle suchen will. Das Zeugnis wird Frau X. auf Deutsch ausgestellt. Frau X. verlangt eine Übersetzung auf Kosten der Arbeitgeberin auch ins Französische und Englische. Ist dies korrekt?

Lösung: Es kann die Ausfertigung des Zeugnisses in denjenigen Sprachen verlangt werden, die auch im Arbeitsverhältnis wesentlich waren. Hier wären dies Deutsch (Sitz Arbeitgeberin/Arbeitsort) und Französisch (Zuständigkeit). Die zusätzliche Übersetzung ins Englische müsste Frau X. selbst bezahlen.

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