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Kündigung bei Krankheit: Sperrfristen und Lohnfortzahlung

Während der Kündigungsfrist wird ein Arbeitnehmer mehrmals hintereinander krank oder nur sehr kurz krank. Wie ist dieser Fall zu beurteilen? Dauert die Lohnfortzahlungspflicht immer gleich lange wie das Arbeitsverhältnis? Einige praxisrelevante Fragen zum Thema Kündigung bei Krankheit werden nachfolgend genauer beleuchtet.

26.05.2021 Von: Tonia Villiger
Kündigung bei Krankheit

Darf während einer Krankheit gekündigt werden?

Als Ausgangspunkt dient Art. 336c Abs. 1 lit. b OR: Diese Bestimmung sieht vor, dass der Arbeit­geber nach Ablauf der Probezeit nicht kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer ohne eigenes Ver­schulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 90 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen.

Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer nicht «nur» krank, sondern arbeitsunfähig ist, d.h. unfähig, die vertraglich geschuldete Arbeit zu erbringen. Der Kündigungsschutz kommt mit gleicher Dauer auch bei Teilzeit- und Temporärarbeitsverhältnissen sowie grund­sätzlich bei Freistellung zum Tragen. Keine Anwendung findet der Kündigungsschutz bei befristeten Arbeitsver­hältnis­sen, Aufhebungsverträgen und bei fristlosen Entlassungen (zumindest bei gerechtfertigten).

Was sind die Folgen einer Kündigung bei Krankheit?

Art. 336c Abs. 2 OR sieht vor, dass die während der Arbeitsunfähigkeit erfolgte Kündigung der Arbeitgeberin nichtig ist und muss nach deren Ablauf wiederholt werden muss. Umgekehrt ist die Kündigung gültig, wenn sie vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wird. Diesfalls wird die Kün­digungsfrist  während der Arbeitsunfähigkeit, höchstens aber bis zum Ablauf der ge­setzlichen Sperrfrist, unterbrochen und danach fortgesetzt. Entfällt die Arbeitsunfähigkeit, so endet auch die Sperrfrist, selbst wenn deren gesetzliche Dauer noch nicht abgelaufen ist. In Ausnahmefällen kann die Berufung auf die Sperrfrist rechtsmissbräuchlich sein, etwa bei sehr kurzer Krankheit gegen Ende der Kündigungsfrist in Verbindung mit einer Freistellung und dem Vorliegen einer neuen Stelle. Die Sperrfrist kann ausnahmsweise auch wegfallen, wenn trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung eine Neuanstellung wahrscheinlich ist.

Mehrere Krankheitsfälle – verschiedene Sperrfristen?

Wird ein Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist mehrere Male krank, so kommt es darauf an, ob die Krankheit aus demselben Grund erfolgt oder nicht. Bei unterschiedlichen Gründen, z.B. bei einem Beinbruch und anschliessender Grippe, kumulieren die Sperrfristen. Bricht sich ein Arbeitnehmer ein Bein und hat er zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Grippe, so kumulieren die Sperrfristen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die zweite Arbeitsunfähigkeit in die verlängerte Frist gemäss Art. 336c Abs. 3 OR fällt. Ein Rückfall oder eine Folgeerscheinung lösen ebenfalls keine neue Sperrfrist aus. Bei einem Rückfall kann aber der Rest der noch nicht vollständig aufgebrauchten Sperrfrist in Anspruch genommen werden. Dauert eine Krankheit über ein Dienstjahr hinaus, wird im neuen Dienstjahr kein neuer Sperr­fristenlauf ausgelöst. Allenfalls kommt aber eine längere Sperrfrist zu tragen.

Verhältnis von Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung

Während der durch die Sperrfrist verlängerten Kündigungsfrist hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf Lohn, wenn entweder eine Lohnfortzahlungspflicht gemäss Art. 324a/b OR vorliegt, wenn der Arbeitnehmer arbeitet, oder wenn er die Arbeit wegen Verzuges des Arbeitgebers nicht leisten kann. Wird der Arbeitnehmer während der verlängerten Kündigungsfrist wieder arbeitsfähig, muss er seine Arbeit anbieten, sonst verliert er grundsätzlich seinen seinen Lohnanspruch.

Kündigungsschutz und Lohnfortzahlungspflicht gemäss Art. 324a OR sind zwei Paar Schuhe. Das Arbeitsverhältnis kann sich wegen der Sperrfrist z.B. um 10 Wochen verlängern, während die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bereits nach wenigen Wochen aufhören kann.

Frühzeitige Kündigungen

Arbeitgeber kündigen ihren Arbeitnehmern manchmal früher als nötig, um ihnen genügend Zeit für die Stellensuche einzuräumen. Auch hier führt eine lediglich eintägige Arbeitsunfähigkeit während der Kündigungsfrist (welche vom Ende zurückgerechnet wird) grundsätzlich zur Verlängerung des Ar­beitsverhältnisses. Insgesamt hätte der Arbeitnehmer somit ungewöhnlich lange Zeit, eine neue Stelle zu finden. Die Berufung auf die Verlängerung der Kündigungsfrist kann in solchen Fällen deshalb rechtsmissbräuchlich sein.

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