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Stillzeit: Stillen und Erwerbstätigkeit

Arbeitgeber müssen seit dem 1. Juni 2014 arbeitstätigen Müttern die für das Stillen erforderlichen Zeiten einräumen und diese als Arbeitszeit anrechnen. Wie viel Zeit muss für das Stillen gewährt werden? Und welche weiteren gesetzlichen Rahmenbedingungen sind zu beachten? Weitere wichtige Informationen zu Frauen in der Stillzeit erhalten Sie hier!

30.12.2022 Von: Ralph Büchel
Stillzeit

Das müssen Sie über die Stillzeit wissen

Die Beschäftigung von stillenden Müttern ist nur mit dem Einverständnis der stillenden Mutter zulässig (Art. 35a). Erwerbstätige Mütter werden in der Praxis aber ihre Arbeitstätigkeit nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs wieder aufnehmen. Es gibt keine gesetzlichen Grundlagen, welche die stillende Mutter bei Verzicht auf die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs schützen würde. Allenfalls kann ihr ein unbezahlter Urlaub gewährt werden.

Dies führt häufig dazu, dass stillende Mütter ihre Muttermilch abpumpen, damit ihr Baby während der beruflichen Abwesenheit durch eine Drittperson ernährt werden kann.

Arbeitsgesetzliche Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers

Eine besondere Regelung erfährt der Zeitaufwand für das Stillen. Stillenden Müttern sind die für das Stillen oder für das Abpumpen von Milch erforderlichen Zeiten freizugeben. Davon wird im ersten Lebensjahr des Kindes als bezahlte Arbeitszeit angerechnet (Art. 60 Abs. 2 ArGV 1).

Das Arbeitsgesetz kennt während der Stillzeit lediglich eine Lohnfortzahlungspflicht bei gewissen objektiv gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten, wenn keine Schutzmassnahmen getroffen werden können und der Arbeitgeber der Mutter keine gleichwertige Ersatzarbeit ohne Risiken vorschlagen kann. Gleichwertigkeit bedeutet, dass die vorgeschlagene Arbeit den geistigen und fachlichen Anforderungen am üblichen Arbeitsplatz gerecht wird, und der Lohn demjenigen für die sonst übliche Arbeit entspricht. Kann der Arbeitgeber der Mutter eine solche nicht anbieten, hat sie Anspruch auf 80 Prozent des Lohnes, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn für die Dauer des Arbeitsverbotes (ArG, Art. 35, Abs. 3).

Zeitaufwand für das Stillen

Arbeitgeber müssen arbeitstätigen Müttern die für das Stillen erforderlichen Zeiten einräumen und diese als Arbeitszeit anrechnen. Der Bundesrat hat das Übereinkommen Nr. 183 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den Mutterschutz ratifiziert und die bezahlte Stillzeit in ArGV 1, Art. 60, Abs. 2 geregelt:

Stillenden Müttern sind die für das Stillen oder für das Abpumpen von Milch erforderlichen Zeiten freizugeben. Davon wird im ersten Lebensjahr des Kindes als bezahlte Arbeitszeit angerechnet:

Tägliche Arbeitszeit

Bezahlte Stillzeit

bis zu vier Stunden

mind. 30 Minuten

mehr als vier Stunden

mind. 60 Minuten

mehr als sieben Studen

mind. 90 Minute

Kündigung während der Stillzeit

Das Arbeitsverhältnis darf durch den Arbeitgeber während 16 Wochen nach der Niederkunft nicht gekündigt werden (OR, Art. 336c, Abs. 1, Bst. c). Während einer darüber hinaus andauernden Stillzeit gilt kein Kündigungsschutz mehr. Allerdings darf der Arbeitgeber nicht wegen der arbeitsgesetzlichen Ansprüche der stillenden Mutter kündigen.

Beschäftigung während der Stillzeit

Zum Schutz der stillenden Mutter sehen das Arbeitsgesetz (ArG), die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) und die Mutterschutzverordnung (MuSchV) wesentliche Einschränkungen bei der Arbeitstätigkeit vor.

Ruheraum und Liegemöglichkeit

Stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können (ArGV 3, Art. 34). Als geeignete Ruhegelegenheit gilt eine bequeme Liege in einem separaten Raum mit guten klimatischen Bedingungen. Der Kopfteil und wenn möglich auch der Fussteil der Liege sollten neigbar sein. Allenfalls kann der Ruheraum durch ständiges Abtrennen eines anderen ruhigen Raumes eingerichtet werden. Es gibt auch die Möglichkeit, dass mehrere Kleinbetriebe in unmittelbarer Nachbarschaft gemeinsam einen Ruheraum einrichten.

Eine geeignete Rückzugsmöglichkeit muss bereits während der Schwangerschaft zur Verfügung gestellt werden.

Maximale Arbeitszeit

Die tägliche Arbeit ist auf die vereinbarte ordentliche Dauer zu beschränken. Als ordentliche Dauer gilt die vor Beginn der Schwangerschaft vereinbarte tägliche Arbeitszeit. Es dürfen auch bei Ausnahmesituationen keine Überstunden über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus verlangt werden. Dies gilt auch während der Schwangerschaft.

Die Maximalbelastungsgrenze liegt bei neun Stunden pro Tag. Ist vor Beginn der Schwangerschaft eine tägliche Arbeitszeit von mehr als neun Stunden vereinbart worden, so ist diese während der Schwangerschaft und für stillende Mütter auf neun Stunden zu reduzieren (ArGV 1, Art. 60, Abs. 2).

Ärztliches Zeugnis (MuSchV, Art. 3)

Der untersuchende Arzt oder die untersuchende Ärztin hält in einem Zeugnis fest, ob eine Beschäftigung am betreffenden Arbeitsplatz vorbehaltlos, nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nicht mehr möglich ist.

Der untersuchende Arzt oder die untersuchende Ärztin teilt der betroffenen Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber das Ergebnis der Beurteilung mit, damit der Arbeitgeber nötigenfalls die erforderlichen Massnahmen im von der Gefahr betroffenen Betrieb oder Betriebsteil treffen kann.

Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Aufwendungen der ärztlichen Überprüfung (MuSchV, Art. 4).

Die Schutzbestimmungen während der Stillzeit in der Übersicht:

Übersicht über die Schutzbestimmungen für stillende Mütter

Anspruch auf die zum Stillen erforderliche Zeit, mit Voranzeige beim Arbeitgeber

ArG, Art. 35a

Maximale Arbeitszeit pro Tag = 9 Stunden, keine Überstunden

ArGV 1, Art. 60, Abs. 1

Risikobeurteilung für gefährliche Arbeiten

ArGV 1, Art. 62, 63, MuSchV

Stillende Mütter in Raucherbereichen = Kohlenmonoxid = Risikobeurteilung = in der Regel Beschäftigungsverbot

ArGV 1, Art. 62, 63, MuSchV

Befreiung von Arbeiten, die subjektiv beschwerlich sind

ArGV 1, Art. 64, Abs. 1

Stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können

ArGV 1, Art. 34

Bewegungen und Körperhaltungen, die zu vorzeitiger Ermüdung führen, sind unzulässig.

Arbeiten mit äusseren Krafteinwirkungen wie Stösse, Vibrationen und Erschütterungen sind unzulässig.

MuSchV, Art. 9

Sicherstellung, dass eine Explosion gegenüber Mikroorganismen zu keiner Schädigung von Mutter und Kind führt (Ausnahme: nachweisbare Immunisierung (z.B. Impfung)

MuSchV, Art. 10

Keine Arbeiten mit radioaktiven Stoffen

MuSchV, Art. 12

Eine Exposition gegenüber chemischen Gefahrstoffen darf zu keinen Schädigungen von Mutter und Kind führen (=Risikobeurteilung)

MuSchV, Art. 13

Keine Nacht- und Schichtarbeit bei gefährlichen Arbeiten gemäss MuSchV, Art. 7 bis 13

Besonders gesundheitsbelastende Schichtsysteme sind untersagt

MuSchV, Art. 14

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