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Liquidation: Die Folgen der Auflösung einer Aktiengesellschaft

Aktiengesellschaften können durch einen entsprechenden Beschluss der Generalversammlung aufgelöst werden. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Gründe. Dieser Beitrag beschränkt sich jedoch auf die ordentliche Auflösung der Aktiengesellschaft durch den Beschluss der Generalversammlung. Inhaberaktien von nicht kotierten Gesellschaften, die keine Bucheffekte sind, sind seit dem 1. Mai 2021 nicht mehr zulässig.

08.06.2022 Von: Michael Rutz
Liquidation

Auflösungsbeschluss der Generalversammlung

Eine Aktiengesellschaft wird ordentlich aufgelöst, indem die Generalversammlung die Auflösung mit qualifiziertem Mehr (d.h. zwei Drittel der vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte; Art. 704 Abs. 1 Ziff. 8 OR) beschliesst.

Hinweis: Der Beschluss der Generalversammlung über die Auflösung muss öffentlich beurkundet werden (Art. 736 Ziffer 2 OR).

Die Liquidation wird durch den Verwaltungsrat besorgt, sofern sie nicht in den Statuten oder durch einen Beschluss der Generalversammlung einer anderen Person übertragen wird (Art. 740 Abs. 1 OR). Zu beachten ist, dass mindestens einer der Liquidatoren in der Schweiz Wohnsitz haben und zur Vertretung berechtigt sein muss (Art. 740 Abs. 3 OR). Die Liquidatoren sind in das Handelsregister anzumelden, auch wenn es sich dabei um bestehende Verwaltungsratsmitglieder der AG handelt (Art. 740 Abs. 2 OR). Der Liquidator kann - mit Ausnahmen des richterlich eingesetzten - von der Generalversammlung jederzeit wieder abberufen werden (Art. 741 Abs. 1 OR).

Hinweis: Im Falle eines Konkurses besorgt die Konkursverwaltung die Liquidation nach den Vorschriften des Konkursrechtes. Die Organe der Gesellschaft behalten die Vertretungsbefugnis nur, soweit eine Vertretung durch sie noch notwendig ist (Art. 740 Abs. 5 OR).

Die Auflösung einer Gesellschaft und die Bestellung der Liquidatoren muss ins Handelsregister eingetragen werden (Art. 737 OR, Art. 63 Abs. 1 HRegV). Mit der Anmeldung müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden (Art. 63 Abs.2 HRegV):

  • Die öffentliche Urkunde über den Auflösungsbeschluss der Generalversammlung und gegebenenfalls die Bezeichnung der Liquidatorinnen und Liquidatoren und deren Zeichnungsberechtigung;
  • ein Nachweis, dass die Liquidatorinnen und Liquidatoren ihre Wahl angenommen haben. Die Anmeldung hat durch den Verwaltungsrat zu erfolgen (Art. 737 OR).

Die Anmeldung muss von zwei Mitgliedern des Verwaltungsrats oder von einem Mitglied mit Einzelzeichnungsberechtigung unterzeichnet werden (Art. 17 Abs. 1 lit. c HRegV).

Wirkungen der Auflösung

Die aufgelöste Gesellschaft tritt in Liquidation, unter Vorbehalt der Fälle der Fusion, der Aufspaltung und der Übertragung ihres Vermögens auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 738 OR). Mit dem Auflösungsbeschluss geht die Aktiengesellschaft als juristische Person noch nicht unter, sie tritt vielmehr in das Liquidationsstadium und führt einen entsprechenden Hinweis in ihrer Firma (z.B. "Muster AG in Liquidation"). Die Gesellschaft bleibt im Liquidationsstadium uneingeschränkt rechts- und handlungsfähig. Die Befugnisse der Organe der Gesellschaft werden aber insoweit eingeschränkt, als der Zweck nun einzig die Liquidation ist. Es dürfen also nur noch Handlungen vorgenommen werden, die für die Durchführung der Liquidation erforderlich sind.

Aufgaben der Liquidatoren

Liquidationsbilanz

Die Liquidatoren haben bei der Übernahme ihres Amtes per Stichtag der Auflösung eine Bilanz aufzustellen (Art. 742 Abs. 1 OR), damit das Gesellschaftsvermögen im Zeitpunkt der Auflösung festgestellt werden kann. Bei einer längerdauernden Liquidation sind jährlich Zwischenbilanzen aufzustellen (Art. 743 Abs. 5 OR).

Schuldenruf und Abklärung der Überschuldung

Bevor eine Verteilung der Mittel der Gesellschaft an die Aktionäre erfolgen kann, müssen die Gläubiger der Gesellschaft festgestellt und befriedigt werden. Zu diesem Zweck hat der Liquidator den bekannten Gläubigern Mitteilung zu machen. Für unbekannte Gläubiger und solche mit unbekanntem Wohnort ist ein dreimaliger öffentlicher Schuldenruf im Schweizerischen Handelsamtsblatt durchzuführen. Falls die Statuten eine weitere Form der Bekanntmachung vorsehen, ist diese ebenfalls durchzuführen (Art. 742 Abs. 2 OR). Die Gläubiger können in der Folge alle Forderungen bis zur Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Aktionäre anmelden. Haben bekannte Gläubiger die Anmeldung ihrer Forderung unterlassen, so ist der Betrag ihrer Forderungen gerichtlich zu hinterlegen (Art. 744 Abs. 1 OR). Ebenso ist für die nicht fälligen und die streitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft ein entsprechender Betrag zu hinterlegen, sofern nicht den Gläubigern eine gleichwertige Sicherheit bestellt oder die Verteilung des Gesellschaftsvermögens bis zur Erfüllung dieser Verbindlichkeiten ausgesetzt wird (Art. 744 Abs. 2 OR).

Nach Ablauf der Anmeldefrist (Frist, welche in der SHAB-Publikation gesetzt wurde, z.B. 30 Tage) überprüfen die Liquidatoren den finanziellen Zustand der Gesellschaft. Sobald eine Überschuldung festgestellt wird, müssen die Liquidatoren den Richter benachrichtigen. Dieser spricht dann den Konkurs aus (Art. 743 Abs. 3 OR).

Hinweis: Eine Überschuldung wird dann angenommen, wenn die Forderungen der Gläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, und auch nicht durch entsprechende Rangrücktrittserklärungen behoben werden können.

Durchführung der Liquidation

Die Liquidatoren haben die pendenten Geschäfte der Gesellschaft unter Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen zu beenden, die Vermögenswerte zu verwerten und die Gesellschaftsschulden zu tilgen, sofern die Gesellschaft nicht überschuldet ist (Art. 743 Abs. 1 OR). Sie dürfen Aktiven auch freihändig verkaufen, wenn die Gesellschafterversammlung nichts anderes angeordnet hat (Art. 743 Abs. 4 OR).

Hinweis: Die von der Gesellschaft abgeschlossenen Verträge gelten grundsätzlich weiter. Die Auflösung einer Gesellschaft ist per se kein Grund für eine vorzeitige Vertragsauflösung.

Weiter müssen die Liquidatoren die Gesellschaft in den zur Liquidation gehörenden Rechtsgeschäften vertreten. Sie können für sie Prozesse führen, Vergleiche und Schiedsverträge abschliessen und, soweit erforderlich, auch neue Geschäfte eingehen (Art. 743 Abs. 3 OR).

Hinweis: Die Gesellschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die ein Liquidator in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen begeht (Art. 743 Abs. 6 OR).

Verteilung des Erlöses der Liquidation

Verbleibt nach der Begleichung der Verbindlichkeiten ein Überschuss, so wird das Vermögen der aufgelösten Gesellschaft, unter Beachtung allfälliger abweichender Statutenbestimmungen, nach Massgabe der geleisteten Beträge und unter Berücksichtigung der Vorrechte einzelner Aktienkategorien an die Aktionäre verteilt (Art. 745 Abs. 1 OR). Die Liquidatoren erstellen eine Schlussabrechnung. Die Verteilung darf frühestens nach Ablauf eines Jahres vollzogen werden, von dem Tage an gerechnet, an dem der Schuldenruf zum dritten Mal ergangen ist (Art. 745 Abs. 2 OR). Dieses Sperrjahr dient dem Gläubigerschutz. Eine Verteilung darf bereits nach Ablauf von drei Monaten erfolgen, wenn ein zugelassener Revisionsexperte bestätigt, dass die Schulden getilgt sind, und nach den Umständen angenommen werden kann, dass keine Interessen Dritter gefährdet werden (Art. 745 Abs. 3 OR).

Löschung der Gesellschaft nach Abschluss der Liquidation

Nach Beendigung der Liquidation ist das Erlöschen der Firma von den Liquidatoren beim Handelsregisteramt anzumelden (Art. 746 OR).

Mit der Anmeldung der Löschung der Gesellschaft zur Eintragung müssen die Liquidatoren den Nachweis erbringen, dass die Aufforderungen an die Gläubigerinnen und Gläubiger im Schweizerischen Handelsamtsblatt nach Massgabe des Gesetzes durchgeführt wurden (Art. 65 Abs. 1 HRegV). Wird die Löschung einer Aktiengesellschaft im Handelsregister angemeldet, so macht das Handelsregisteramt den Steuerbehörden des Bundes und des Kantons Mitteilung. Die Löschung darf erst vorgenommen werden, wenn ihr diese Behörden zugestimmt haben (Art. 65 Abs.2 HRegV). In der Regel genügt die Anmeldung allein, d.h., es müssen keine zusätzlichen Belege eingereicht werden. Das Handelsregister holt bei der eidgenössischen und der kantonalen Steuerverwaltung eine Löschungsbewilligung ein und löscht die Aktiengesellschaft nach deren Eingang definitiv. 

Hinweis: Auch nach der Löschung sind die Geschäftsbücher der gelöschten Gesellschaft zehn Jahre sicher aufzubewahren (Art. 747 OR).

Die Löschung der Gesellschaft bewirkt den Untergang der Gesellschaft. Falls in einem späteren Zeitpunkt noch Aktiven oder Verbindlichkeiten auftauchen, kann die Gesellschaft jedoch ausnahmsweise wieder im Handelsregister eingetragen werden.

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