Unsere Webseite nutzt Cookies und weitere Technologien, um die Benutzerfreundlichkeit für Sie zu verbessern und die Leistung der Webseite und unserer Werbemassnahmen zu messen. Weitere Informationen und Optionen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ok

Willensvollstrecker: Die Einführung in das Recht der Willensvollstreckung

Beim Willensvollstrecker handelt es sich um eine vom Erblasser eingesetzte Person, welche die Verwaltung und Teilung des Nachlasses übernehmen soll (Art. 517 f. ZGB). Sie soll insofern den Willen des Erblassers vollstrecken. Als Willensvollstrecker kann sowohl eine natürliche oder juristische Person amten. Bedeutsam ist vor allem, dass sie handlungsfähig ist.

19.10.2023 Von: Werner Jahnel, Kinga M. Weiss
Willensvollstrecker

Generelle Kompetenzen des Willensvollstreckers

Der Willensvollstrecker hat generell die Pflicht, die Erbschaft zu verwalten, die nötigen Sicherungsmassnahmen zum Erhalt der Erbschaft zu treffen sowie die Schulden des Erblassers zu begleichen. Zudem hat der Erblasser laufende Geschäfte abzuwickeln und sich um die weitere Handhabung von Dauerverträgen zu kümmern. Beispielsweise hat er den Mietvertrag des Erblassers zu kündigen. Ebenso obliegt es ihm, allfällige Vermächtnisse auszurichten und beispielsweise bei zeitintensiven Teilungen den Erben Vorschüsse zu gewähren. Sofern der Erblasser eine Anlagestrategie verfolgt hat oder Wertschriften in grösserem Umfang vorhanden sind, hat der Willensvollstrecker der bisherigen Anlagestrategie zu folgen oder den Erben eine neue vorzuschlagen. Der Erblasser kann die Kompetenzen des Willensvollstreckers aber auch testamentarisch einschränken, weswegen im Einzelfall geprüft werden muss, was sein Auftrag wirklich beinhaltet.

Der Willensvollstrecker hat im Rahmen seiner Tätigkeit eine Auskunftspflicht gegenüber den Erben. Er hat ihnen insbesondere Auskünfte zum Stand des Nachlasses und der Vorbezüge zu leisten. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Erbrecht hat der Willensvollstrecker die Erben gleichzeitig zu orientieren. Zudem hat er den Stand des Nachlasses zu dokumentieren und die Erben periodisch darüber zu informieren.

Kompetenzen in der Teilung

Die Kompetenz des Willensvollstreckers zur Teilung ergibt sich aus Art. 518 Abs. 2 ZGB: «Ausführen der Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes». Diese Kompetenz beinhaltet aber nur das Vorbereiten und Vollziehen der Teilung; der Willensvollstrecker kann den Nachlass hingegen nicht gegen den Willen der Erben oder des Gerichts eigenmächtig teilen.

Der Willensvollstrecker hat im Rahmen der Teilung zuerst die Nachlassgegenstände zu schätzen, was vor allem bei laufenden Prozessen und ausstehenden Schulden angezeigt ist. Nachfolgend hat er ein Inventar der Aktiven und Passiven zu erarbeiten. Zu diesem Zwecke erkundigt er sich bei Banken und Gläubigern, die potenziell Informationen zu den Vermögenswerten und Schulden des Erblassers besitzen, über dieselben. Die Basis für die Erstellung des Inventars stellt auch die Steuererklärung des Erblassers dar.

Der Willensvollstrecker erstellt sodann einen sogenannten Teilungsplan. Inhalt des Teilungsplans bilden die Aktiven und Passiven des Nachlasses und insbesondere Erbvorbezüge und Schenkungen. Er hat sich diesbezüglich bei den Erben zu erkundigen. Da seine Aufgabe die schnellstmögliche Verteilung des Nachlasses ist, werden von ihm keine umfassenden Nachforschungen erwartet. Es ist ihm zudem nicht gestattet, über die Ausgleichung oder Herabsetzung der vorgenannten lebzeitigen Zuwendungen zu entscheiden. Der Willensvollstrecker ist jedoch verpflichtet, die Erben auf die Verwirkung und Verjährung der entsprechenden Klagen hinzuweisen. Er hat die Erben somit darauf hinzuweisen, dass nach einer gewissen Zeitperiode die Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können.

Nachdem der Willensvollstrecker die notwendigen Unterlagen beschafft hat, unterbreitet er den Erben einen Teilungsvorschlag. Für dessen Erarbeitung orientiert er sich an den Teilungsvorschriften in der Verfügung von Todes wegen und an den gesetzlichen Teilungsregeln. Den Teilungsvorschriften hat der Willensvollstrecker Rechnung zu tragen. Er ist jedoch nicht befugt, diese gegen den Willen der Erben durchzusetzen. Unabhängig davon, ob Teilungsvorschriften durch den Erblasser erlassen wurden, hat der Willensvollstrecker die Wünsche der Erben einzuholen und soweit möglich zu berücksichtigen. Es ist folglich auch die Aufgabe des Willensvollstreckers, zwischen den Erben zu vermitteln und ihre Stellungnahmen zum Teilungsplan einzuholen. Zur Herbeiführung einer Einigung kann der Willensvollstrecker sodann eine Erbenkonferenz einberufen. Die Teilnahme an dieser ist für alle Erben Pflicht. Den Teilungsplan passt der Willensvollstrecker dementsprechend nach Einholung der Stellungnahmen und Abhaltung der Erbenkonferenz an.

Die Erben müssen dem Teilungsplan des Willensvollstreckers nicht zustimmen. Sind sie sich einig, wie sie die Teilung vornehmen möchten, so steht es ihnen zu, ihren eigenen Willen zu verwirklichen. Dies, selbst wenn der Erblasser Teilungsvorschriften vorgesehen und den Willensvollstrecker mit der Durchsetzung derselben beauftragt hat. Wenn sich die Erben uneinig sind, so muss der Willensvollstrecker hingegen einen oder mehrere neue Teilungsvorschläge ausarbeiten. Werden auch diese abgelehnt, so ist in der Lehre nicht geklärt, welche Rechte der Willensvollstrecker hat. Grundsätzlich herrscht die Meinung vor, dass er in dieser Situation warten muss, bis einer der Erben die Erbteilungsklage erhebt, oder allenfalls sein Amt niederlegen.

Gemäss der Bundesgerichtspraxis kann der Willensvollstrecker die Teilung nämlich nicht eigenmächtig durchsetzen und den Erben etwas aufzwingen. Einige Autoren sind der Auffassung, dass der Willensvollstrecker die Kompetenz hat, den Erben Frist zur Erbteilungsklage anzusetzen und bei Fristablauf die Teilung gemäss Vorschlag zu vollziehen. Eine Minderheit der Lehre ist dagegen der Auffassung, dass der Willensvollstrecker selbst Erbteilungsklage gemäss seinem Teilungsvorschlag erheben kann. Letztlich haben sich in einigen Kantonen auch gewisse Praxen entwickelt; so ist es gemäss der «Zürcher Praxis» möglich, dass der Willensvollstrecker den Erben Frist zur Anfechtung des Teilungsvorschlags setzt, mit der Androhung, dass bei Fristversäumnis die Teilung gemäss Vorschlag durchgeführt wird. Dieses Vorgehen führt aber i.d.R. nicht zu einer definitiven Teilung, da der Willensvollstrecker keine materiellrechtliche Teilung vollziehen kann, und wird von der Lehre und dem Bundesgericht abgelehnt.

Stimmen die Erben dem Teilungsplan hingegen zu oder nehmen sie die vom Willensvollstrecker vorbereiteten Lose entgegen, wird die Erbteilung verbindlich (vgl. Art. 634 Abs. 1 und 2 ZGB). Die schriftliche Zustimmung aller Erben zum Teilungsvorschlag des Willensvollstreckers bzw. die vorbehaltslose Entgegennahme der Lose gilt als Genehmigung des Teilungsvorschlags. In letzterem Fall ist kein separater Erbteilungsvertrag mehr nötig.

Newsletter W+ abonnieren