Besondere Vereinbarung
Muss der Mieter in jedem Fall Mietnebenkosten zusätzlich zum Mietzins bezahlen? Nein, der Mieter muss, wie sich dem klaren Wortlaut des Gesetzes (vgl. Art. 257a Abs. 2 OR) entnehmen lässt, nur dann für Nebenkosten separat bezahlen, "wenn er dies mit dem Vermieter besonders vereinbart hat". Ohne eine solche Vereinbarung sind die Nebenkosten im Mietzins inbegriffen (BGE 121 III 460; Urteil des Bundesgerichts 4C.224/2006 vom 24. Oktober 2006).
Doch was heisst "besonders vereinbart" konkret? Diese etwas seltsam anmutende Formulierung des Gesetzgebers kann nur heissen, dass Mietnebenkosten dem Mieter lediglich dann neben dem Mietzins belastet werden dürfen, wenn die Parteien die konkreten Nebenkostenpositionen klar bezeichnet und darüber eine vertragliche Vereinbarung getroffen haben (vgl. SVIT-Kommentar zum Mietrecht, 3. Auflage, N 18 zu Art. 257 bis 257b OR mit weiteren Hinweisen).
Vertragsklausel "Alle Nebenkosten"?
Gemäss ständiger Praxis der Gerichte erfüllt eine Abrede der Parteien, wonach der Mieter "alle Nebenkosten" zu bezahlen hat, die gesetzlichen Anforderungen nicht. Mit einer solch offenen Formulierung sind die zu bezahlenden Nebenkostenpositionen nicht konkret genug bestimmt und auch nicht bestimmbar (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4C.346/1999 vom 7. April 1999).
Mietnebenkosten in "Allgemeinen Bedingungen zum Mietvertrag"?
Die Mietnebenkosten müssen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich im Mietvertrag selber aufgelistet und bezeichnet sein (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4C.24/2002 vom 29. April 2002). Der Hinweis auf einen standardisierten Vertragszusatz wie die "Allgemeinen Bedingungen zum Mietvertrag für Wohnräume", so das Bundesgericht, genügt nicht. Dieser Entscheid hat zwar in der Lehre eine kontroverse Diskussion ausgelöst.
In einem Urteil aus dem Jahr 2007 (4P_323/2006 vom 21. März 2007) hat das Bundesgericht jedoch erneut erwogen, dass es dem Erfordernis der "besonderen Vereinbarung" nicht genüge, wenn die Nebenkostenliste nur in den "Allgemeinen Bedingungen" zum Mietvertrag enthalten sei. Es wäre denkbar und wünschenswert, wenn dieser Entscheid, der entgegen jeglicher bisheriger Lehre und Rechtsprechung davon ausgeht, dass es einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, die "Allgemeinen Bedingungen" eines Vertrages zur Kenntnis zu nehmen, bei Gelegenheit korrigiert wird.
Nebenkosten im Vertrag aufführen
Dem Gesagten zufolge muss der Vermieter also die Nebenkostenliste entweder im Mietvertrag selbst aufführen, d.h. im Hauptdokument, oder dann zumindest in einem Anhang zum Mietvertrag. Diesfalls wäre im Hauptmietvertrag zwingend auf diesen Anhang zu verweisen. Zu empfehlen ist, selbst bei umfangreichen Geschäftsmietverträgen die Mietnebenkosten im Hauptdokument selber aufzulisten.
An dieser Stelle noch eine Warnung: Gewisse Vermieter haben falsche Lehren aus den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen gezogen, indem sie alle theoretisch möglichen Mietnebenkosten in ihren Verträgen aufgeführt haben (beispielsweise auch "Liftservice" in Liegenschaften, die über gar keinen Lift verfügen). Dies kann nach der Praxis ebenfalls dazu führen, dass die Mietnebenkosten nicht als "besonders vereinbart" gelten bzw. die entsprechende Abrede nichtig ist. Das Obergericht des Kantons Aargau erwog in einem solchen Fall, dass es dem Mieter nicht zuzumuten sei, aus einer Auswahlsendung heraus zu filtern, welche Mietnebenkosten nun in seinem Mietverhältnis tatsächlich separat abgerechnet werden sollen (vgl. Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 22. November 2005 = mp/2006, S. 29 ff.).
Vereinbarung von Mietnebenkosten durch konkludentes Verhalten?
Fraglich ist, ob Mietnebenkosten nicht auch durch konkludentes Verhalten "besonders vereinbart" werden können. Folgender Sachverhalt ist in der Praxis nämlich nicht selten anzutreffen:
- Der Mietvertrag enthält zwar keine Aufzählung von Nebenkosten, regelt aber eine Akontozahlung.
- Der Vermieter rechnet die Nebenkosten jährlich ab und der Mieter bezahlt während Jahren anstandslos den verlangten Saldo.
- Nach beispielsweise acht Jahren fordert der Mieter dann alle je für Mietnebenkosten geleisteten Zahlungen zurück, da diese eben nicht wie vom Gesetz gefordert "besonders vereinbart" worden seien.
Die Praxis des Bundesgerichts war lange Zeit eindeutig: Nach erfolgter Abrechnung und damit verbundener Saldoziehung kann der Mieter Rückforderungsansprüche für nicht geschuldete Nebenkostenpositionen nach Massgabe der Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung geltend machen. Die jahrelange Bezahlung der Mietnebenkosten lässt nach Auffassung des Bundesgerichts auch nicht (quasi "rückwirkend") auf einen Konsens der Parteien schliessen. Hier liegt für die Vermieterseite natürlich ein enormes Schadenpotential, können doch Mietnebenkosten aufgrund der Verjährungsregeln der ungerechtfertigten Bereicherung für 10 Jahre zurück verlangt werden (nota bene: relative Verjährungsfrist 1 Jahr). Immerhin kann man nach einem Urteil des Bundesgerichts vom 16. Februar 2009 auf eine "Trennwende" hoffen, wenn man der Vermieterseite nahe steht (Urteil 4A_525/2008).
Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Mieter war durch die erste Nebenkostenabrechnung aufgezeigt worden, was nach Auffassung des Vermieters unter die Nebenkosten fiel. Indem der Mieter den Saldo der ersten Abrechnung, wie auch die Saldi der Folgejahre, bezahlte, brachte der Mieter den übereinstimmenden Willen der Parteien bezüglich der geschuldeten Mietnebenkosten zum Ausdruck. Im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde verwarf das Bundesgericht den Einwand der Mieterschaft, die Vorinstanz habe gegen das Willkürverbot verstossen. Aufgrund des zu tiefen Streitwerts war das Bundesgericht auf die Beschwerde in Zivilsachen der Mieterschaft nicht eingetreten. Es ist im Ergebnis aber zumindest zweifelhaft, ob in diesem Entscheid eine anhaltende "Trennwende" zugunsten der Vermieter erfolgt ist. Es muss nach wie vor empfohlen werden, die Nebenkostenpositionen ausdrücklich im Mietvertrag selbst, aufzuführen.