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Nachfolgeverhandlungen: Stolperstein bei der Unternehmensnachfolge

Verkaufsverhandlungen beginnen implizit schon mit dem ersten Informationsaustausch. Wer sich dem nicht bewusst ist, wird Verhandlungsterrain unwiederbringlich aufgeben. Erfahrene Berater bewahren Sie davor. Zudem – da nicht emotional involviert – können sie im Transaktionsprozess objektiv bleiben und Prioritäten richtig setzen.

18.08.2021 Von: Christian Hafner
Nachfolgeverhandlungen

Nachfolgeverhandlungen beginnen mit dem 1. Gespräch

Der Verkaufs- resp. Transaktionsprozess kann in verschiedene Phasen unterteilt dargestellt werden. Oft – wie im Beispiel aus dem St. Galler Nachfolge-Modell – wird die vorletzte Phase als sog. Vertragsverhandlungsphase bezeichnet. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass in den vorgehenden Phasen nicht oder kaum verhandelt wird, sondern «nur» Informationen ausgetauscht werden. In Tat und Wahrheit beginnen die Verhandlungen aber bereits mit der Einladung der möglichen Käufer («Bieter») zur Abgabe eines sog. unverbindlichen Angebots (auch «Letter of Intent – LoI» genannt). Ganz generell werden in der Prüfungs- und Due-Diligence-Phase Vorverhandlungsergebnisse erzielt, die einen weit grösseren Einfluss auf das Vertragsverhandlungsergebnis haben können als die eigentlichen  Vertragsverhandlungen.

Informationsbedarf und Unternehmensbewertung

Die Verkäuferinformationen sind massgeblich für die Preisfindung. Von Beginn weg geht es im Transaktionsprozess darum, wie viele Informationen der Verkäufer wann, wem und in welcher Qualität zur Verfügung stellt resp. stellen muss. So ist es bereits sehr erheblich, wie das Informations-Memorandum ausgestaltet ist und wie das sog. unverbindliche Angebot abgegeben wird resp. werden muss.

Abbildung: Der Transaktionsprozess

Im Zentrum steht die Frage, ob die Verkäuferin ihre nachvollziehbare Firmenbewertung den Bietern bekannt geben soll oder «nur» die Informationen, damit die Bieter selbst eine Bewertung vornehmen können. Aus der Kognitionspsychologie wissen wir, dass bei Entscheidungen im Zusammenhang mit numerischen Informationswerten ein entscheidungsverzerrender sog. Ankereffekt in Erscheinung treten kann, welcher in Verhandlungssituationen eine massgebliche Rolle spielen kann. Der Ankereffekt führt dazu, dass die subjektive Verlust- oder Gewinnsituation stark vom ersten Angebot abhängt, welches den weiteren Verhandlungsprozess bedeutend beeinflussen kann. Deshalb hat die Person oft einen verhandlungstechnischen Vorteil, welche das erste Angebot aussprechen kann.

Je nach Einschätzung, wie stark sich die Parteien von der Ankerzahl in der Bewertung resp. vom Preis im unverbindlichen Angebot beeinflussen lassen, sollte die Taktik für die Kommunikation der Bewertung gewählt werden. In der Praxis macht es oft Sinn, bei Exklusivverhandlungen als Verkäufer die implizite Angebotserwartung zu nennen. Wogegen bei mehreren Bietern wegen des «Fluch des Gewinners»-Effekts (siehe unten) Zurückhaltung beim Verkäufer bezüglich Preiserwartung oft sinnvoll ist.

Bei mehreren Bietern hat die Verkäuferin nämlich einen Vorteil, wenn sie zuerst die Bewertung der Käufer einsehen kann. Durch die Analyse der Bewertungsdifferenzen lernt die Verkäuferin die „Anker“ der Käufer kennen und kann ihre Verhandlungsstrategie danach ausrichten resp. sich bei als unüberbrückbare Bewertungsdifferenzen abzeichnenden Situationen gar nicht erst verhandeln oder den Prozess vollständig neu ausrichten.

Bieter – Anzahl und Verhalten

Je grösser die Anzahl der möglichen Käufer und je unvollständiger die Informationen, desto höher die Chance für den Verkäufer, einen höheren Preis zu erzielen. Dieser Effekt – unter dem Begriff «Der Fluch des Gewinners (engl. winner’s curse)» bekannt – führt dazu, dass der Meistbietende in Versteigerungen systematisch einen zu hohen Preis bezahlt. Der Effekt tritt zudem bei unerfahrenen Käufern übermässig stark auf.

Abbildung: «Der Fluch des Gewinners» - Effekts

Die Bieter können sich diesem Effekt nur entziehen, wenn sie umso tiefer bieten, je stärker die Bewertungsunsicherheit ist und je höher die Anzahl der Bieter ist. Dadurch steigt zwar die Wahrscheinlichkeit, aus dem Rennen geworfen zu werden und – um das geht es ja –, aber dafür nicht überteuert einzukaufen.

Exkurs – Bewertungsdifferenzen

Zur Überwindung von Bewertungsdifferenzen müssen gegenseitig die Annahmen für die Bewertung überprüft und auf mögliche Missverständnisse untersucht werden. In den allermeisten Fällen laufen die Differenzen auf eine unterschiedliche Risikobeurteilung hinaus. Da beide Parteien nicht wissen, ob sich das Risiko künftig materialisieren wird, bieten sich als Ausweg alternative Transaktionsstrukturen an, die eine echte Risikoteilung ermöglichen oder die Transaktion teilweise in die Zukunft schieben.

Gründe für Bewertungsdifferenzen

  • Schätzung der Planzahlen
  • Schätzung der Faktoren
  • Käufer hat weniger Informationen
  • Interpretation von öffentlichen Informationen
  • Geschäftsrisiko
  • Synergiepotenzial
  • Fähigkeiten zur Integration des Kaufobjekts

Alternative Transaktionsstrukturen

  • strategische Allianzen und Joint Ventures
  • Minderheitsbeteiligung des Käufers
  • Beteiligungen des Verkäufers
  • Asset Deals und Spin-offs
  • stufenweise Übertragung/Finanzierung
  • Earn-out-Vereinbarung

Ein Ausweg aus diesem Dilemma wären natürlich Absprachen unter den Bietern. Oft sind solche Absprachen aber nicht möglich, da die Bieternamen nicht bekannt sind. So bleibt als Ausweg nur noch, Nachverhandlungssituationen zu schaffen. Erfahrene Käufer resp. Verhandler setzen dieses Mittel denn auch extensiv ein, indem sie ihr Gebot mit dem aktuellen Informationsstand verknüpfen. So gewährt ihnen die Verkäuferin implizit das Recht, nachzuverhandeln, sobald dem Käufer neue Informationen bekannt werden.

In Anbetracht dieser Ausführungen liegt es auf der Hand, dass die Gewährung von Verhandlungsexklusivität einen Wert per se hat. Die Verkäuferin sollte deshalb die Exklusivität nie gewähren, wenn sie dafür nicht bezahlt wird – pekuniär oder durch Zusicherungen des Käufers.

Verhandeln und der Wert des Beraters

Je besser Sie sich auf Verhandlungen vorbereiten, desto höher werden die Chancen, dass Sie erfolgreich sein werden. Dazu gehört, dass Sie so genau wie möglich wissen, was für die Gegenseite auf dem Spiel steht. Je weniger die Gegenseite weiss, was für Sie auf dem Spiel steht, desto weniger Vorteile hat sie. Denn ohne Referenzpunkt ist es unmöglich zu wissen, ob Ihre Forderungen unangemessen sind. Schliesslich ist es absolut entscheidend, den Charakter, die Haltung, die Motive und das  gewohnheitsmässige Verhalten der Gegenseite zu kennen, wenn Sie einen Verhandlungsvorteil erreichen wollen. In den Verhandlungen selbst erreichen Sie eine relativ bessere Verhandlungsposition, wenn Ihre Forderungen arbiträr scheinen – je willkürlicher, unbegründeter, desto besser. Allerdings sollten Sie nicht so weit gehen, dass Sie damit emotionale Reaktionen provozieren. Bereiten Sie sich deshalb auch auf irrationales Verhalten der Gegenseite vor. Ob die Gegenseite tatsächlich irrational ist oder es nur vorgibt, Ihr eigenes Verhalten sollte unverändert bleiben. Siehe dazu auch im Kasten «Verhandeln unter Irrationalität».

Verhandeln unter Irrationalität

  1. Reagieren Sie auf Irrationalität nicht mit Irrationalität. Sie machen damit die Dinge nur schlimmer.
  2. Machen Sie keine einseitigen Zugeständnisse, nur um einen Schritt weiterzukommen. Sie bestärken die Gegenseite damit nur in ihrem Verhalten.
  3. Verlieren Sie Ihre Besonnenheit nicht aus Frustration. Verlassen Sie die Verhandlungen, bevor Sie Ihre Beherrschung verlieren.
  4. Konzentrieren Sie sich darauf, Ihre eigenen Interessen zu erreichen, auch dann, wenn Sie es nicht schätzen, wie sich die andere Seite verhält.
  5. Bereiten Sie sich für jede Verhandlungsrunde sorgfältig vor. Sprechen Sie mit Vertrauenspersonen und proben Sie mit Rollenspielen.
  6. Fassen Sie jede Verhandlungsrunde schriftlich zusammen. Versuchen Sie alle auf beiden Seiten auf dem Laufenden zu halten.
  7. Definieren Sie den Punkt für einen Verhandlungsabbruch – schriftlich. Und wenn dieser Punkt erreicht ist, brechen Sie auch wirklich ab!

Beratern – da nicht emotional involviert – kann es besser gelingen, im Transaktionsprozess objektiv zu bleiben und die Prioritäten richtig zu setzen. Allerdings gibt es keine Faustregel, wie weitgehend die Parteien die Verhandlungen den Beratern überlassen sollten. In dieser Beziehung ist jede Transaktion einzigartig und kann sich während der Verhandlungen auch verändern, je nachdem, ob Gefahr besteht, die sachliche Schiene zu verlassen. Diese Gefahr nimmt zu, wenn sich beim Versuch zur Überwindung von Bewertungsdifferenzen die eine Partei von der anderen persönlich beleidigt oder vor den Kopf gestossen fühlt.

In mindestens einer Situation haben Berater gegenüber den direkten Gegenparteien aber einen klaren Vorteil in Verhandlungen: wenn Drohungen unumgänglich sind. Nur einer Drittpartei kann es gelingen, gleichzeitig glaubwürdig zu drohen und die Gegenpartei von einer Kurzschlusshandlung abzuhalten.

Berater können demnach auch als Mediatoren dienlich sein und können helfen, aus einer vermeintlich ausweglosen Situation herauszufinden. Eine neutrale Drittpartei kann (wieder) eine sachliche Kommunikation ermöglichen und erreichen, dass die gegenseitigen Positionen wirklich verstanden werden. Bei strittigen Punkten ist es offensichtlich nützlich, wenn der Mediator gleichzeitig über Expertenwissen verfügt.

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