Umsatzabstimmung: Lust oder Frust?
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Gesetzliche Pflicht der Umsatzabstimmung
Zunächst ist festzuhalten, dass Art. 72 Abs. 1 Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) der steuerpflichtigen Person vorschreibt, Abweichungen zwischen dem Jahresabschluss und den MWST-Abrechnungen zu korrigieren. Die einzige Möglichkeit, solche Abweichungen festzustellen, ist die Ausarbeitung einer umfassenden Umsatzabstimmung gemäss Art. 128 Abs. 2 Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV). In diesem Sinne ist das Erstellen einer Umsatzabstimmung also gesetzlich vorgeschrieben. Die Umsatzabstimmung ist aber nicht systematisch bei der ESTV einzureichen. Sie kann hingegen von der ESTV eingefordert werden und wird grundsätzlich bei MWST-Kontrollen verlangt.
Erhält die ESTV nach Ablauf von 240 Tagen seit Ende des betreffenden Geschäftsjahrs von der steuerpflichtigen Person keine Meldung, geht sie davon aus, dass keine Mängel bestehen und die eingereichten MWST-Abrechnungen korrekt sind. Nach Ablauf dieser «Schonfrist» kann zu wenig deklarierte und bezahlte MWST als Steuerhinterziehung geahndet werden, worauf Bussen bis zu CHF 800 000.– verhängt werden können.
Vorgehensweise
Nun ist das Erstellen einer Umsatzabstimmung grundsätzlich keine Hexerei. Es genügt, die relevanten MWST-Abrechnungen mit dem MWST-relevanten Kontenkreis zu vergleichen und zusätzlich nicht oder nicht MWST-konform verbuchte Leistungen zu evaluieren und zu berücksichtigen (bspw. geldwerte Leistungen, verrechnete Leistungen etc.). Damit gelingt es, mögliche Differenzen zwischen buchhalterisch und mehrwertsteuerlich vollständiger Erfassung und korrekter Qualifikation der MWST-relevanten Leistungen zu erkennen. Beispiele, die zu solchen Differenzen führen können, sind die fehlende bzw. eine falsche Hinterlegung des dem Geschäftsvorgang entsprechenden MWST-Codes im ERP-System oder die aufgrund der Verbuchung fehlende Berücksichtigung von MWST-relevanten Umsätzen.
Eine Umsatzabstimmung kann aber nur von einer Person erstellt werden, die mit den organisatorischen, operativen und logistischen Vorgängen sowie der im Unternehmen angewandten Rechnungslegung vertraut ist. Zusätzlich braucht es vertiefte MWST-Kenntnisse, um die steuerliche Qualifikation der unternehmerischen Tätigkeiten korrekt vorzunehmen.
Die Praxis zeigt, dass automatisierte Auszüge aus dem ERP-System oder die in manchen Buchhaltungsprogrammen vorhandenen Menü punkte wie «MWST-Abrechnung» oder «MWST-Verprobung» vielfach für eine korrekte Umsatzabstimmung nicht ausreichend Gewähr bieten. Erfahrungsgemäss ist eine Excel-Tabelle, die auf der unternehmerischen Struktur der Erfolgsrechnung und der Bilanz sowie der verwendeten MWST-Codes basiert, eine gute Plattform für die Umsatzabstimmung.
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Für die Festlegung des relevanten Kontenkreises sollten folgende Leitpunkte standardmässig berücksichtigt werden:
- Erfassung sämtlicher Ertragskonten mit anschliessender Aussortierung nicht MWST-relevanter Konten;
- Berücksichtigung von Aufwandkonten, welche MWST-relevante Umsätze enthalten (bspw. Aufwandminderungen, Rabatte, für den Lohnausweis relevante Vorteile zugunsten des Personals etc.);
- Erfassung von Bilanzkonten mit MWST-relevanten Buchungen (bspw. aufgrund der Veräusserung von Sachanlagen und übrige Desinvestitionen, Anzahlungen von Kunden ohne Rechnungsstellung etc.);
- Erfassung sämtlicher grundsätzlich nicht MWST-relevanter Bilanz- und Erfolgskonten, sofern diese fälschlicherweise MWST-codierte Buchungen enthalten;
- Berücksichtigung nicht oder nicht zu Drittpreisen verbuchter geldwerter Leistungen;
- Überprüfung der materiell korrekten MWST-Codierung hinsichtlich der zugeordneten Geschäftsvorgänge im ERP-System.
Korrektur auch nach dem 31. August
Was kann jener tun, der die Finalisierungsfrist vom 31. August verpasst hat? Die Finalisierungsfrist ist eine gesetzliche Frist und kann von der ESTV nicht verlängert werden. Abrechnungsmängel sind gemäss Art. 72 Abs. 2 MWSTG aber auch nach Ablauf dieser Frist mit einer Korrekturabrechnung zu melden. Dies hat zwar unter Umständen einen Verzugszins zur Folge, die Korrekturabrechnungen gelten aber als Selbstanzeige und ein allfälliges Strafverfahren kann vermieden werden. Die Korrekturabrechnung muss der ESTV aber eingereicht werden, bevor die ESTV eine Kontrolle angekündigt hat. Sonst ist es mit der strafbefreienden Wirkung vorbei. Es empfiehlt sich also, auch nach dem 31. August noch, die Umsatzabstimmung zeitnah vorzunehmen und nicht etwa ein (weiteres) Jahr zuzuwarten.
Fazit
Spätestens seit dem 1. Januar 2010 gehört die Umsatzabstimmung zu den Arbeiten, die anlässlich des Jahresabschlusses zu erledigen sind. Wenn alle notwendigen Prüfschritte in der Umsatzabstimmung sowie in zusätzlichen Unterlagen klar und eindeutig dokumentiert sind, kann das Risiko von Steueraufrechnungen oder gar strafrechtlichen Verfahren wegen Steuerhinterziehung minimiert werden. Letztlich stellt die Umsatzabstimmung damit also nicht nur die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht oder die Zweckerfüllung mit Blick auf das Einverlangen der Unterlagen durch die ESTV anlässlich von Revisionen dar. Vielmehr dient die Umsatzabstimmung auch unternehmerischen Interessen, wie beispielsweise der Berichtigung von Fehlern zugunsten des Unternehmens, der Verifikation von falschen Vorgängen im ERP-System oder der Effizienzüberprüfung interner Kontrollmechanismen.