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Geldflussrechnung: Als Bestandteil der Jahresrechnung grösserer Unternehmen gemäss OR

Im Schweizer Rechnungslegungsrecht gilt es gemäss Art. 958 Abs. 1 OR als Ziel der Rechnungslegung, die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens so darzustellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können. Dieses Ziel ist bei kleinen und mittleren Unternehmen durch die drei herkömmlichen Bestandteile einer Jahresrechnung – Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang – zu erreichen.

14.11.2023 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Geldflussrechnung

Einleitung

Gemäss Art. 961 OR müssen alle grösseren Unternehmen, d.h. solche Unternehmen, die zur ordentlichen Revision verpflichtet sind, zusätzlich eine Geldflussrechnung und einen Lagebericht erstellen sowie im Anhang zusätzliche Angaben machen. Damit nähert sich das Schweizer Rechnungslegung gemäss OR für die grösseren Unternehmen den Bedingungen der Swiss GAAP FER, IFRS und US GAAP an, welche die Geldflussrechnung bereits als Pflichtbestandteil der Rechnungslegung kennen.

Konzept einer Geldflussrechnung

Die Geldfluss- oder auch Geldflussrechnung ist eine Zeitraumrechnung, die sich wie auch die Erfolgsrechnung stets auf das Geschäftsjahr bezieht. Sie ist von grösseren Unternehmen zu erstellen, sofern gemäss Art. 961d Abs. 1 OR nicht das Unternehmen selbst oder eine juristische Person, die es kontrolliert, eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standarderstellt. Zudem kann bei kleinen und mittleren Unternehmen neu auch eine qualifizierte Minderheit gemäss Art. 961d Abs. 2 OR eine Geldflussrechnung verlangen.

Im Unterschied zur Erfolgsrechnung stellt eine Geldflussrechnung nicht die Ertragslage der Unternehmung für das Geschäftsjahr dar, sondern sie informiert über die Herkunft und die Verwendung der flüssigen Geld im Berichtszeitraum. Dabei stellt sie die Veränderungen des Fonds Flüssige Geld bzw. Liquide Geld (engl. «Cash») dar, wobei zwar auch andere Arten von Fonds existieren (z.B. Fonds Nettoumlaufvermögen, Fonds Umlaufvermögen), welche aber weder vom OR noch von anerkannten Standards der Rechnungslegung genannt werden. In der Praxis wird überwiegend anerkannt, dass Geld und geldnahe Geld, d.h. alle Kassen- und Bankguthaben, den Fonds Liquide Geld bilden, dessen Veränderung durch die "Geldflussrechnung" abgebildet wird.

Für die Präsentation der Geldflussrechnung existiert im Unterschied zur Bilanz und Erfolgsrechnung keine verbindliche Mindestgliederung. Lediglich der Art. 961b OR gibt vor, dass die Geldflussrechnung die Veränderung der flüssigen Geld gesondert und dreistufig anzugeben hat:

  1. Geldfluss aus der Geschäftstätigkeit (sog. operativer Cashflow),

  2. Geldfluss aus der Investitionstätigkeit und

  3. Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit.

Als Geldfluss aus Geschäftstätigkeit werden alle aus der eigentlichen Geschäftstätigkeit resultierenden Einzahlungen und Auszahlungen erfasst, wogegen der Geldfluss aus Investitionstätigkeit nur solche Auszahlungen und Einzahlungen betrifft, welche sich durch Investitionen oder Desinvestitionen ergeben. Schliesslich betrifft der Geldfluss aus Finanzierungstätigkeit alle Einzahlungen und Auszahlungen, welche sich aus der Finanzierung oder der Definanzierung ergeben, wobei als Finanzierung solche Vorgänge verstanden werden, die zu einer aktiven Beschaffung von Fremd- oder Eigenkapital führen.

Damit orientiert sich eine Geldflussrechnung allerdings indirekt an Erfolgs- und Bilanzrechnung, da der Geldfluss aus Geschäftstätigkeit die umsatzbedingte Liquiditätsveränderung angibt, während die Geldflüsse aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit in engem Zusammenhang mit der Änderung der Aktiven und Passiven in der Bilanz stehen.

Auf die Methoden zur Ermittlung des Geldflusses gibt das Schweizer Rechnungslegungsrecht keine Hinweise. Die anerkannten Standards zur Rechnungslegung sowie die betriebliche Finanzlehre sehen allerdings vor allem zwei Methoden als grundlegend für die Berechnung des Geldflusses aus der Geschäftstätigkeit an:

Die direkte Ermittlungsart erfordert, von den zahlungswirksamen Erlösen die zahlungswirksamen Aufwendungen abzuziehen. Dieses Vorgehen ist allerdings in der Praxis nur schwierig umsetzbar, da die Finanzbuchhaltung nach dem Prinzip der zeitlichen Abgrenzung erfolgt und nicht lediglich auf Zahlungsströme abstellt.

DIREKTE METHODE:
Zahlungswirksame Erträge – Zahlungswirksame Aufwendungen = Geldfluss aus Geschäftstätigkeit

Alternativ ist die indirekte Methode zur Ermittlung des Geldflusses aus der Geschäftstätigkeit heranzuziehen, wonach ausgehend vom Reingewinn alle nicht zahlungswirksamen Aufwendungen addiert bzw. nicht zahlungswirksamen Erträge subtrahiert werden müssen. Weiterhin sind bei dieser Methode auch die Veränderungen des Netto-Umlaufvermögens zu berücksichtigen.

INDIREKTE METHODE:
Reingewinn (bzw. -verlust)
+ Nichtzahlungswirksame Aufwendungen
– Nichtzahlungswirksame Aufwendungen
= Geldfluss aus Geschäftstätigkeit

Der Grund dafür ist, dass Veränderungen des Nettoumlaufvermögens im Geschäftsjahr dazu führen, dass die in der Erfolgsrechnung ausgewiesenen Erträge und Aufwendungen in der betrachteten Rechnungsperiode nicht in der gleichen Höhe als Einzahlungen und Auszahlungen geflossen sind und deshalb zur Ermittlung des Geldflusses aus Geschäftstätigkeit zu bereinigen sind.

Entgegen der Methodenwahl bei der Ermittlung des Geldflusses aus Geschäftstätigkeit werden die Geldflüsse aus der Investitions- und der Finanzierungstätigkeit immer direkt ermittelt, da hier von den Geldzuflüssen die Geldabflüsse direkt in Abzug gebracht werden.

Während beispielsweise die IAS/IFRS empfehlen, den Cashflow aus der betrieblichen Tätigkeit nach der direkten Methode darzustellen (siehe IAS 7/19), findet sich eine solche Empfehlung weder in den Swiss GAAP FER noch im neuen OR.

Nutzen einer Geldflussrechnung

Die Geldflussrechnung ist ein zusätzliches Informationsinstrument, welches im Unterschied zur Erfolgsrechnung aufzeigt, welche Liquidität dem Unternehmen aus der Geschäftstätigkeit zur Verfügung steht, um allfällige Investitionen, Tilgung von Krediten oder auch Dividendenausschüttung aus eigener Kraft zu finanzieren. Gerade weil die Geldflussrechnung auf die Geldflüsse im Berichtsjahr fokussiert wird, wirken sich dabei im Gegensatz zur Erfolgsrechnung keine Ermessens- und Bewertungsspielräume aus.

Fazit

Die Geldflussrechnung ist nach Schweizer Rechnungslegungsrecht ein neues, ergänzendes Pflichtelement für grössere Unternehmen geworden, sodass bei diesem Element keine Abweichung mehr zu den anerkannten Standards der Rechnungslegung existiert. Für die Leser der Jahresabschlüsse ist die Geldflussrechnung jedoch eine willkommene und überaus aufschlussreiche Zusatzinformation, die als positiv zu werten ist.

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