Aufgrund der vielen unterschiedlichen Einflüsse, welche die Entwicklung der Persönlichkeit prägen, gibt es keinen Konsens darüber, welche Faktoren wie stark in die Entwicklung der Persönlichkeit hineinspielen. So sind einige Wissenschaftler der Ansicht, dass ein psychodynamischer Ansatz (Sigmund Freud, Alfred Adler, C. G. Jung) der Persönlichkeitsentwicklung zugrunde liegt. Andere gehen von konstruierten Stufenmodellen der psychosozialen Entwicklung und Identitätsfindung aus (Erik H. Erikson, James E. Marcia), und wieder andere halten eine lebenslange Entwicklung für wahrscheinlich (Paul Baltes).
In Zeiten von Agilität, Führung und Arbeit 4.0, Selbstorganisation oder wie man die neuen Strömungen auch immer nennen will, ist die Unterstützung der Mitarbeitenden zu Persönlichkeiten je länger, desto je wichtiger. Denn Agilität und sich selbst organisierende Teams funktionieren nur mit Persönlichkeiten – und genau daran scheitern Agilitäts-projekte oft. Organisationen müssen sich die Frage stellen, ob sie ihre Mitarbeitenden zu «Personal» oder zu «Persönlichkeiten» entwickeln. Es kann nur empfohlen werden, die Persönlichkeitsentwicklung in der Personalentwicklung entsprechend zu berücksichtigen.
Persönlichkeitsentwicklung ist ein stetiger Prozess: Persönlichkeitsentwicklung fördern
Für Persönlichkeitsentwicklung gibt es keine schnelle Wunderlösung – sie ist ein lebenslanger, kontinuierlicher, aber hochinteressanter Prozess. Das Überangebot an Persönlichkeits- und Erfolgstrainings sowie Coachings (fast jeder nennt sich heute Coach) hat zu vielen Missverständnissen geführt. Ein Coaching, ein Seminar oder zwei entsprechende Bücher machen noch nicht glücklich und erfolgreich.
Jeder Mensch hat eine Persönlichkeit. Nur: Warum sollen wir diese entwickeln und vor allem, wie? Die Frage nach der erfolgreichen Persönlichkeit ist so alt wie die Menschheit. Erfolgreiche Menschen schaffen es, ihr inneres Potenzial und ihr äusseres Verhalten in Einklang zu bringen. Erfolgreiche Menschen kennen ihre Stärken, aber auch ihre Grenzen und Schwächen. Alles verändert sich immer schneller, die einzige Konstante ist der Mensch und seine Persönlichkeit.
Grundsätzlich können folgende Themen und Ziele im Begriff «Persönlichkeitsentwicklung» zusammengefasst werden:
- seine Stärken und Schwächen kennen
- auf den Stärken aufbauen, mit den Schwächen umgehen und sie managen
- als Mensch mental stärker und robuster werden
- flexibler darin werden, mit den Schwierigkeiten des Lebens umzugehen
- offener werden und mit der dadurch erhöhten Verletzlichkeit umgehen
- ständiges Dazulernen, bestehende Fähigkeiten stärken und/oder neue Fertigkeiten aneignen
- lernen, Krisen und Probleme zu bewältigen
- sich selbst immer besser kennenlernen und verstehen
- effektiver werden und die eigenen Kräfte sinnvoller einsetzen
- auf eine gesunde Art unabhängiger von anderen Menschen (oder Dingen) werden
- seine Resilienz stärken
Das sieht nach einer langen Liste aus. Man kann sich fragen, wo man beginnen soll und wie man das bewältigen kann. Insbesondere dann, wenn es in Organisationen darum geht, Mitarbeitende darin zu unterstützen, sich zu entwickeln.
Aber man muss ja nicht alles auf einmal und sofort bewältigen. Es ist wie mit allen anderen Fertigkeiten – je mehr Werkzeuge wir im Rucksack haben, desto mehr Möglichkeiten haben wir, diese einzusetzen und auf Herausforderungen zu reagieren. Mit nur einem Werkzeug sieht die Welt so aus wie im Ausspruch von Paul Watzlawick (österreichisch-amerikanischer Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Soziologe, Philosoph und Autor):
«Wer nur einen Hammer hat, für den sieht alles wie ein Nagel aus.»
Persönlichkeitsentwicklung fördern? Oft hört man Menschen gegen Persönlichkeitsentwicklung argumentieren: «Ich will mich nicht verstellen, ich will mir treu bleiben, so bin ich nun mal.» Das ist aber nur eine Ausrede, die entweder aus eigener Faulheit oder aus Unbehagen gegenüber Veränderungen erfolgt. Denn Veränderungen erzeugen oft Angst und bedeuten Arbeit. Aber wer sagt schon, dass Arbeit immer Spass macht? Durch Persönlichkeitsentwicklung wird man nicht ein anderer Mensch, sondern man lernt das Leben besser und souveräner zu meistern. Denn noch immer prägen archaische Triebe grosse Teile des menschlichen Handelns – und das ist in der heutigen Zeit selten von Vorteil.