Erfolgsfaktor Mensch: «Unser Erfolgsfaktor? Ganz einfach: Wir haben die besten Mitarbeitenden!»
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Ohne gute Mitarbeiter geht gar nichts
Umso mehr ist es verblüffend zu sehen, wie wenig im Allgemeinen Zeit und Mühe in die Selektion, Positionierung und Ausbildung oder gar wirkliche Führung von Mitarbeitern investiert wird. Gerade die Selektion wird in weiten Teilen wirklich stümperhaft behandelt. Einfache Vorbereitungsfragen werden nicht gestellt oder zumindest nicht ausreichend beantwortet, wohl aber wird mit dem Recruiting-Prozess gnadenlos gestartet. Sie wundern sich? Zu oft gibt es auf diese Themen oder zu grossen Teilen daraus keine durchgehend bewusste Antwort, obwohl bereits Kandidaten gesucht werden:
- Welche Aufgaben muss der Mitarbeiter erledigen?
- Welche Erfahrungen soll er mitbringen?
- Welche Ausbildungen, schulischer und post-schulischer Natur, werden gebraucht?
- Welche Werte und Verhaltensweisen werden vom Kandidaten erwartet?
- Welche Persönlichkeit passt zum und verstärkt das Team, in welchem der Kandidat arbeiten wird?
- Was sind K.-o.-Kriterien für die Anstellung?
- Wie sieht der Auswahlprozess aus?
- Wer spricht mit den Kandidaten wie oft in welchem Rahmen mit welchen Zielen?
- Wer trifft die Entscheidung?
Die Mitarbeiterauswahl
Jede noch so kleine Investition und Anschaffung im Unternehmen unterliegen in der Praxis und Alltäglichkeit der Unternehmen rigoroseren Bewertungs-und Entscheidungskriterien, als die Auswahl von neuen Mitarbeitern. Das ist natürlich ein schlimmer Missstand, der sich sogar noch verstärkt, wenn man bedenkt, dass die neuen Mitarbeiter eigentlich erst nach der Probezeit effektiv angestellt werden. Selbst die Probezeit wird leider allzu oft verplempert und ist gekennzeichnet von schlechten Einschulungsprogrammen, fehlenden Zieldefinitionen, unzureichenden periodischen Standortbestimmungen, einer professionellen und verantwortungsvollen Einführung ins Unternehmen.
Plötzlich ist die Probezeit vorbei und selbstverständlich wird der Mitarbeiter nahezu unkritisch in die Festanstellung übernommen. Dann, im Laufe der Wochen und Monate, erkennt man zusehends die Schwächen, die Andersartigkeit, die Differenz zwischen dem «was» man haben wollte und dem «was» man bekommen hat. Wie oft ist diese Differenz dann negativ!? Der nächste Schritt befasst sich anschliessend mit etwas, was sicherlich nicht Aufgabe des Unternehmens ist, sein kann und sein soll, die sich sogenannte Führungskräfte aber ei-genverantwortlich auferlegen, nämlich: Erziehung. «Wir müssen unsere Mitarbeiter erziehen oder wie es in Manager-Deutsch heisst, Ihnen helfen, Ihre Persönlichkeit zu verändern, damit sie zu uns und ins Unternehmen passen!» Hallo??!! Nicht von ungefähr ist der Kündigungsgrund Nummer 1 der direkte Vorgesetzte, und zwar bei weitem!
Der Erfolgsfaktor Mensch
Ein überspitztes Szenario? Vielleicht, aber realistischer als wir es gerne glauben möchten. So sieht das aber nicht bei allen Unternehmen aus. Es gibt viele erfolgreiche, wirtschaftlich, kulturell und ethisch intakte Unternehmen, die mit ihrem wichtigsten Kapital vorbildhaft interagieren und eine hervorragende, gesunde Beziehung zu ihren Mitarbeitern auf Augenhöhe pflegen. Es sind die besten Unternehmen, die sich von den guten und vor allem von den schlecht geführten auch dadurch unterscheiden, dass sie Mitarbeiter wirklich als wert(e)volle Ressource erleben. So meinte eine Unternehmerin: «Wir sind seit Generationen erfolgreich, weil wir einfach immer die besten Mitarbeiter hatten und haben. Sie sind fachlich Spitze, jeder einzelne ist ein wirklicher Experte seines Gebietes. Sie bringen ihre Leistung immer und vor allem dann, wenn es zwingend notwendig ist, machen Überstunden so oft und so viele wie es eben braucht, setzen sich stets und immer voll für das Unternehmen ein. Und, sie sind loyal zu uns als Unternehmen und Familie. Sie fallen uns niemals in den Rücken, sie halten zu uns wie eine starke Familie, die zueinanderhält und in schwierigen Situationen noch stärker wird. Das sind unsere Mitarbeiter! Unkopierbar! Ich bin stolz auf jeden einzelnen.»
Aus einer breit angelegten Umfrage wurde klar ermittelt, dass allen Unternehmenslenkern die zentrale Wichtigkeit des «Menschen» als Erfolgsfaktor bewusst ist. Worin genau aber liegt dieser Faktor, ist er besser identifizierbar, beschreibbar oder eingrenzbar, oder ist er so undifferenziert und allgemein anzunehmen? Vielleicht liegt gerade im Allgemeinen die immense Kraft des Faktors Mensch im Unternehmen! Bei genauerer Analyse stellte sich heraus, dass die Unternehmer dem Erfolgsfaktor Mensch ganz spezifische Attribute anheften, und zwar letztlich drei. Es geht um Kompetenz, Einsatz und Loyalität. Richtig, die Mitarbeiter dieser aussergewöhnlich erfolgreichen Unternehmen sind in ihrem Fachgebiet extrem kompetent. Sie besitzen ein immenses Know-how und vielfältige Erfahrung in dem was sie tun und bringen stets grössten Einsatz. Sie sind immer verfügbar, wenn das Unternehmen Bedarf hat, sind über alle Massen engagiert und zeichnen sich durch grösste Leistungsbereitschaft aus. Zudem ist ihnen Loyalität wichtig, und zwar erwarten sie Loyalität vom Unternehmen und im Gegenzug können das Unternehmen und die Unternehmerfamilie auf ihre Loyalität zählen. Sie halten zum Unternehmen auch bzw. gerade dann wenn es mal schwierig ist. Im Konfliktfall erkennt man bekanntlich die wahre Haltung und Einstellung.
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Loyalität im Auswahlprozess
Aber wie erkennt man Loyalität im Auswahlprozess? Ein Beispiel: Ein befreundeter Unternehmer bat mich, ihn in der Auswahl einer Führungskraft zu unterstützen. Nach Durchsicht der Bewerbungsunterlagen eines Kandidaten fiel auf, dass er in den letzten Jahren einige Male seine Anstellung gewechselt hatte, was durchaus auch auf die damals sehr «bewegte» Branche zurückzuführen hätte sein können. Was uns stutzig machte, war der Hinweis im Bewerbungsschreiben, dass dem Kandidaten anscheinend Loyalität sehr wichtig war. Im Laufe des Gesprächs habe ich mir dann die Frage erlaubt, wie er denn seine vier Jobwechsel in den letzten zwei Jahren mit dem Wert der Loyalität verbinden könne? Nach reiflicher Überlegung stellte er wie selbstverständlich klar: «Nun, wenn ich mit dem Vorgesetzten nicht auskomme, dann verlasse ich natürlich das Unternehmen.» Immer wieder überraschend wie dehnbar und interpretierbar «Werte» sind. Loyalität, so wie alle Werte erkennt man im konkreten Verhalten im Konfliktfall, dann wenn es schwierig wird, sich wert(e) voll zu verhalten und es anstrengend wird, wenn dafür Opfer zu erbringen sind. Loyalität wird übrigens auch bei den Les Henokiens, der Vereinigung der über zweihundertjährigen Unternehmen, als zentraler Wert beschrieben. Laut einer Umfrage dieser renommierten, exklusiven Vereinigung ist «Loyalität» sogar der Wert, der den Erfolg der über Zweihundertjährigen am meisten begründet; Loyalität im weitesten Sinne, in der Beziehung zu Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und Partnern, der Region, der Nachwelt.
Kompetent, engagiert und loyal
Die besten Unternehmen haben die besten Mitarbeiter und sie sind nicht entweder «kompetent» oder «einsatzfreudig» oder «loyal». Sie entsprechen auch nicht nur zwei von den drei Kriterien, sondern allen dreien. Das ist das Erfolgs-DNA-Charakteristikum im Bereich Mitarbeiter der herausragenden Unternehmen. Darum darf ich empfehlen, Mitarbeiter nach diesen Kriterien zu beleuchten und zu bewerten. Ist der Mitarbeiter kompetent in seinem Fach, aber nicht engagiert dann haben Sie eine ewige Diskussion zum Thema Leistungsbereitschaft. Ist er kompetent und engagiert, aber nicht loyal, dann wird er das Unternehmen früher oder später verlassen. Ist er loyal aber nicht kompetent, haben Sie ein Fachwissen-Problem. Bei inkompetenten, aber engagierten Mitarbeitern haben Sie das Risiko, dass die falschen Dinge oder die Dinge aus mangelndem Wissen falsch gemacht werden. Sie sehen, die Kombination aus allen drei Elementen ist das wirklich Aussergewöhnliche: Kompetenz, Einsatz und Loyalität. Fehlt eine Eigenschaft sind Probleme, wenn auch verschiedenster Art, mit dem Mitarbeiter vorprogrammiert.
Employer Branding
Die herausragenden Unternehmen wissen, dass sie im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter stehen und, dass sie sich entsprechend positionieren und sich attraktiv gestalten müssen, um diesen Kampf zu gewinnen. Employer branding ist für gute Unternehmen selbstverständlich, auch für anscheinend reservierte und zurückhaltende, traditionelle Familienunternehmen. So nehmen zusehends mehr Unternehmen an Umfragen zur Attraktivität des Arbeitsplatzes teil, nicht nur, aber auch, um ein gewisses Medienecho zu erlangen; sie gründen interne Ausbildungs-Akademien, um Mitarbeiter professionell zu schulen und in ihrer Entwicklung zu fördern, sie bieten spannende Themenstellungen in Projekten, die den Kernjob anreichern, Kitas und Kindergärten im Unternehmen werden angedacht und umgesetzt, Teilzeitmodelle gibt es mittlerweile in vielen Unternehmen, für alle, egal welchem Geschlecht, Alter oder Hierarchiestufe sie angehören.
Zum Beispiel die Firma Kathrein Werke aus Rosenheim: So sagte mir der Unternehmer Prof. Dr. Anton Kathrein, dass es sechzig verschiedene Arbeitsmodelle im Unternehmen gäbe um allen Anforderungen und Erwartungen, sowohl der Mitarbeiter als natürlich auch der Kunden gerecht zu werden. Die Firma Thöni aus Telfs in Tirol lebt ihre Thöni Akademie auf vier Ebenen. Arthur Thöni, Gründer des Ausnahmeunternehmens Thöni Industriebetriebe AG unterstreicht bei jeder Gelegenheit, dass seine Akademie eine Fabrik in vierfachem Sinne sei, nämlich eine Ideenfabrik, eine Lernfabrik, eine Wissensfabrik und eine Körperfabrik, also auch eine exzellent ausgestattete Fitnesshalle, in welcher sich Mitarbeite und Leistungssportler auf ihre sportlichen Herausforderungen vorbereiten können oder einfach nur ihre physische Grundfitness beibehalten können. Ohne diese Akademie, diese vierfache Fabrik, wäre das Unternehmen nicht da wo es heute steht und wäre bei weitem nicht so attraktiv wie es heute ist.
Ein weiteres Beispiel ist Variosystems AG in Steinach, nahe St. Gallen. In vier Standorten der Welt wird produziert, neben Schweiz in China, USA und Sri Lanka. «Entsprechend spannend sind die Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiter innerhalb der Gruppe» unterstreicht Mitgründer und CEO Peter Germann. Dass die Mitarbeiter aller Standorte das wichtigste Kapital sind zeigt sich unter anderem auch dadurch, dass sich auch in Sri Lanka Variosystems nicht scheut attraktivste Arbeitsbedingungen zu schaffen, inklusive green building zertifizierte Betriebsgebäude.
Bei den langfristig erfolgreichsten Unternehmen ist man in den Top Gremien sicher, dass der Erfolg des Unternehmens die Folge von exzellenter Arbeit der besten Arbeitskräfte ist. Gerade deshalb investieren sie in die Ausbildung, den Wissensaufbau, den Erfahrungsschatz und in die Entwicklung der Menschen. Belohnt werden diese Unternehmen mit loyalen, extrem engagierten und höchst kompetenten Mitarbeitern, ja sogar Generationen von Mitarbeitern.