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Kommunikationskultur: Wie sie erfolgreich macht

Sprache prägt Denkweisen - und damit auch Verhalten und Kommunikationskultur. Wie beim Dominoeffekt kaskadiert alles Positive, aber auch alles Negative, von drinnen im Unternehmen nach draussen. Deshalb lohnt es sich, mit Sprache achtsam umzugehen, um Erfolge zu ernten.

16.03.2022 Von: Anne M. Schüller
Kommunikationskultur

Kommunikationskultur pflegen

Haben Sie auch solche Horrorkunden, die sich unmöglich benehmen und allen das Leben zur Hölle machen? Haben Sie nichts als Pfeifen im Innendienst und Zickenkrieg im Grossraumbüro?

Im Hotel ist der Gast eine Nummer. Im Restaurant sitzen Schweineschnitzel und Rinderbraten. ‚Urnenöffnung’ sagt das Servicepersonal in manchen Ausflugslokalen, wenn ein Bus mit älteren Herrschaften kommt.

Als Rosinenpicker bezeichnete ein Verkäufer seine Kunden und versprach ihnen deftige Sonderpreise. So lockte er allerdings genau diejenigen an, die nur für Schnäppchen offen waren. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung nennt man das dann.

Welche ‚lustigen’ Sprüche über ätzende Kunden und herrische Bosse hängen bei Ihnen an den Pinnwänden rum? Bei Behörden heissen die Kunden 'Antragsteller', in Banken nennt man sie 'Risiko'. Als Terroristen bezeichnet ein Marktforschungsinstitut in seiner Klassifizierung die etwas anspruchsvolleren Kunden, die sich nicht in vorgedachte Abläufe zwängen lassen und auch öfter mal Reklamationen, also im Nachhinein geäusserte Wünsche, haben. Für CRM und IT sind Menschen so etwas wie Datenpakete, die man in Bits und Bytes abspeichern kann. Und Vertriebsorganisationen bezeichnen ihre Interessenten gerne als Leads. All das sind übrigens nur einige Beispiele von vielen.

Ob es allerdings den Mitarbeitern möglich ist, das Positive in einer Kundenbeziehung zu sehen, hat massgeblich mit dem Sprachstil zu tun, der im Unternehmen gepflegt wird. Macht das Management immerzu den schwachen Markt, die Nachfrageverschiebungen, die Tücken der Konkurrenz oder die miese Performance anderer Abteilungen für Misserfolge verantwortlich, so werden die Mitarbeiter ganz schnell das Gleiche tun. Und hört der Mitarbeiter ständig Negativ-Geschichten über ‚schwierige’ Kunden, Nörgler und Querulanten, dann wird dies seine eigene Einstellung färben. So entwickelt sich schliesslich ein ‚Feindbild Kunde‘.

Kommunikationskultur entlarvt und steuert Verhalten

In vielen Unternehmen nennt man die Mitarbeiter immer noch Untergebene. Ein wahres Unwort ist dies, denn wer will wohl freiwillig 'unten' und 'ergeben' sein? Oder die Beschäftigten ‚heissen’ so: FX-RES-SHM-SAL-R3-BER und MC-CEB-CUC-RCC-CH-ODM-1. Bei einem Caterer nannten die Führungskräfte ihre Aushilfen ‚Söldner‘ – und wunderten sich über deren Mangel an Engagement. „So etwas Idiotisches habe ich schon lange nicht mehr gehört! Bin ich denn hier von lauter Schlafmützen umgeben“, tobt der Chef im Abteilungsmeeting. „Und mit solchen Nieten muss ich mich herumschlagen“, klagt er seinen Kollegen während der Vorstandssitzung.

So sehen die Reaktionen schwacher Chefs aus, die Angst um ihren Status haben und Andere erniedrigen und fertigmachen müssen, damit ihre eigene Kleinheit nicht so auffällig wird. Für Vorgesetzte mit wenig Selbstvertrauen stellen gute Mitarbeiter wohl eine ständige Bedrohung dar. Allerdings: Wer seine Mitarbeiter zu ‚kleinen Würstchen’ macht, wird von ihnen nichts Grosses erwarten können! Denn Kommunikationskultur prägt Denkweisen - und damit auch Verhalten.

Durchforsten Sie doch einmal die Sprachqualität Ihrer gesamten Unternehmensorganisation - und misten Sie gnadenlos aus. So kümmern sich Sachbearbeiter um Sachen, und nicht um Menschen. In Wartezimmern muss man warten. Patienten kommen aber zum Gesundwerden - und nicht zum Warten! An einer Anmeldung werden Besucher wie Bittsteller behandelt und von oben herab bedient. „Sie dürfen diesen Antrag schon mal ausfüllen“, heisst es dann. Nur: Ein Kunde, der darf oder muss, kommt sicher nicht wieder.

Kommunikationskultur: Gewinner- oder Verlierersprache?

Ich habe in einem Unternehmen gearbeitet, da wurden unliebsame Mitarbeiter ‚zum Abschuss freigegeben‘. Ein besser nicht genannter Abteilungsleiter berichtete mir, dass sein Chef die versammelten Führungskräfte im Meeting schon mal als ‚augenlose Würmer‘ bezeichnet. Und es gibt sicher noch Schlimmeres. Wie sonst liesse sich der unglaubliche Erfolg von Büchern wie ‚Und morgen bringe ich ihn um‘ von Katharina Münk oder ‚Der Arschloch-Faktor‘ von Robert I. Sutton erklären?

Bei Ihnen geht es intern auch so hemdsärmelig zu? Da sind die Sitten rau, die Spässe derbe? Dann betreiben Sie doch einmal Sprach-Hygiene! Denn wie die Menschen drinnen im Unternehmen miteinander umgehen, genauso werden sie es auch draussen tun. Ein mitarbeiter- und kundenfreundliches Klima zu schaffen heisst zunächst, mit Sprache achtsam umzugehen.

Nomen est omen. Controller drohen mit Kontrolle. Heisst hingegen die gleiche Funktion ‚Business Support‘, so spürt man gleich die helfende Hand. Verfrachtet man seine Leute ins ‚Backoffice‘, so bleiben diese hintendran. Wer seine Mitarbeiter Leistungsträger nennt, entmenschlicht sie. Über ‚Humankapital‘ will ich schon gar nicht mehr reden. Insgesamt betrachtet: Ist der Sprachstil bei Ihnen verletzend („Sind Sie so borniert oder tun sie nur so?“) oder vielmehr konstruktiv („Ich möchte mit Ihnen gemeinsam etwas klären, was mir sehr am Herzen liegt.“)?

Benutzen Sie Verlierer- oder Gewinner-Vokabular, die Sprache des Hai - oder die des Delphins? Erstere nenne ich zerstörerisch, die zweite intelligent und konstruktiv. Klar, auch wenn nicht alles stimmt, was man dem Hai so nachsagt, es ist die Wirkung, die zählt. Ich bin schon mit Haien und mit Delphinen getaucht und ich kann dem Leser versichern: Bei den Delphinen war es deutlich angenehmer. Der Delphin ist übrigens das einzige Tier, das einen Hai töten kann.

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