Das Marketing wagt sich weit in die Domäne des Vertriebs vor. Die Gründe für diesen Trend sind offensichtlich: Marketing wurde lange als reines Cost Center angesehen, bei dem der Erfolgsbeitrag nicht klar quantifizierbar ist. Mit der Digitalisierung hat sich dies radikal verändert. Fast alles ist messbar und Kunden bzw. Interessenten-Verhalten kann gezielt angestossen und verfolgt werden. Mit dem Lead-Management geht das Thema Marketing Automation einher. Denn manuell lassen sich solche verhaltensorientierten Marketing-Aktionen kaum durchführen und schon gar nicht auswerten.
Ein System zum Lead Management und zur Automatisierung der Prozesse bedeutet zunächst eine nicht unerhebliche Investition: Auswahl, Implementierung und Betrieb des Systems, Lizenzkosten die Gestaltung der Prozesse sowie der Aufbau von Know-how zur Nutzung der Systeme dürfen nicht unterschätzt werden, zumal sich der Return on Investment meist erst mittel- bis langfristig einstellt.
Wann eignet sich daher Lead Management für den Mittelstand und wie sieht ein effizienter Einstieg aus?
Lead Management bietet sich immer dann an, wenn es sich um Produkte oder Dienstleistungen mit längeren Vertriebszyklen handelt. Erhebungen der Marktforscher von Sirius Decisions belegen (Quelle: Sirius Decisions 2012), dass 80 Prozent aller vom Vertrieb als „uninteressant“ aussortierten Leads innerhalb der nächsten zwei Jahre trotzdem einen Kauf tätigen – nur nicht bei dem Anbieter, mit dem sie im Erstkontakt waren. Wenn diese potenziellen Kunden also woanders kaufen, wurde das Marketing-Budget dafür ausgegeben, Kontakte für den Wettbewerb „aufzugleisen“. Gleichzeitig ist es wenig sinnvoll, Kontakte zu früh an den Vertrieb weiterzugeben. Denn dieser muss sich um aktive Kunden und unmittelbare Abschlüsse kümmern. Lead Management setzt also genau an der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb an, wo Kontakte zu Opportunitäten werden.
Hausaufgaben im Marketing
Voraussetzung für erfolgreiche Lead-Management-Kampagnen ist ein klares Verständnis der Zielgruppe und ihrer Bedürfnisse. Hierzu gehört neben den klassischen Informationen zu Branche, Unternehmensgrösse, Umsatz, etc. auch ein Verständnis des Buying Center: Wer sind die entscheidenden Personen in den Zielunternehmen, welche Rollen sind in welchen Phasen des Entscheidungsprozesses involviert und welche Informationsbedürfnisse haben diese Personen/Rollen. Hier bietet sich eine Persona Analyse an, bei der aus statistischen Daten reale Personen mit echten Interessen entwickelt werden. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können mehrstufige Kampagnen-Inhalte entwickelt werden, die auf den Entscheidungsprozess und die jeweils involvierten Rollen und Informationsbedürfnisse abgestimmt sind.
Um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten, sollte ein interdisziplinäres Team aus allen Bereichen mit Kundenkontakt hieran arbeiten. Dazu gehören auch der Kundenservice oder bestehende Kunden.
Gemeinsames Zielverständnis zwischen Vertrieb und Marketing
Im nächsten Schritt müssen Vertrieb und Marketing ihre Ziele abstimmen. Wie viele Kunden/Projekte sollen gewonnen werden? Wie sieht das Verhältnis von abgegebenen Angeboten zu Aufträgen aus? Ab wann ist ein Lead so weit gereift, dass es für den Vertrieb sinnvoll ist, den Kontakt aufzunehmen? Welche konkreten Kriterien werden angelegt und welche davon kann Marketing im Vorfeld mit entsprechenden Massnahmen qualifizieren? Dies sind einige der Grundfragen, die in diesem Schritt zu klären sind.
Sind diese Fragen nicht geklärt, kann das Marketing zwar Kampagnen aufsetzen und durchführen – und das sogar effizienter als vorher – aber, wenn die Leads nicht bearbeitet werden, verpufft dieser Effekt weitestgehend.
Prozesse und Systeme
Nun können Prozesse definiert und im nächsten Schritt eines oder mehrere Systeme ausgewählt sowie die Gestaltung der Schnittstellen mit existierenden Systemen definiert werden. Für die ersten Schritte oder den ersten Piloten kann gegebenenfalls auch mit den bestehenden Systemen gearbeitet werden. Auf Dauer sind manuelle Prozesse und Excel-Listen natürlich keine Antwort. Welches System mit welchem Funktionsumfang jedoch benötigt wird, hängt vom Unternehmen, der Zielsetzung und den bereits vorhandenen Systemen ab.
Fazit
Lead Management ist definitiv ein Thema für den Mittelstand. Nicht die eigene Unternehmensgrösse ist entscheidend, sondern Zielgruppe, Komplexität und Dauer des Vertriebsprozesses. Lead Management richtig verstanden, sorgt für ein besseres Verständnis der Zielgruppen, ein einheitliches Zielsystem für Vertrieb und Marketing und trägt schliesslich zu einer Steigerung des Unternehmenserfolgs bei.