Das duale System
Arbeitnehmende aus dem EU-/EFTA Raum haben – unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation – gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU («FZA») einen (Rechts-)Anspruch auf die Zulassung zum Schweizer Arbeitsmarkt.
Arbeitnehmende aus allen anderen Staaten, sog. Drittstaaten, müssen die hohen Anforderungen des Bundes erfüllen. Gesetzlich festgehalten sind diese im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) sowie der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE).
Zulassungsvoraussetzungen
Arbeitnehmende aus dem EU-/EFTA Raum benötigen lediglich einen gültigen Reisepass/ID, einen gültigen Arbeitsvertrag mit einem Schweizer Arbeitgeber sowie einen Mietvertrag, um in der Schweiz arbeiten zu können.
Aus Drittstaaten hingegen können nur ausgewiesene Führungskräfte, Spezialisten und andere ausgezeichnet qualifizierte Arbeitskräfte zugelassen werden. In der Regel wird ein Masterabschluss sowie mehrjährige Berufserfahrung vorausgesetzt. Neben der beruflichen Qualifikation müssen auch die folgenden Bedingungen erfüllt sein:
- Höchstzahlen: Der Bundesrat legt jährliche Höchstzahlen für Bund und Kantone fest. Für das Jahr 2020 hat er 4500 Kontingente für B-Bewilligungen (Aufenthaltsbewilligungen) und 4000 Kontingente für L-Bewilligungen (Kurzaufenthaltsbewilligungen) festgelegt.
- Gesamtwirtschaftliches Interesse: Die Tätigkeit muss im gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz liegen. Berücksichtigt werden z.B. die jeweilige Arbeitsmarktsituation und die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.
- Inländervorrang: Der Arbeitnehmer muss nachweislich belegen können, dass trotz ausgiebiger Bemühungen weder auf dem inländischen noch auf dem Arbeitsmarkt der EU/EFTA eine geeignete Person für die betreffende Stelle gefunden werden konnte.
- Lohn- und Arbeitsbedingungen: Der Lohn, die Sozialversicherungsbeiträge sowie die Arbeitsbedingungen müssen den orts-, berufs- und branchenüblichen Verhältnissen entsprechen.
- Persönliche Voraussetzungen: Neben den erwähnten beruflichen Qualifikationen werden auch hohe Anforderungen an die Integrationsfähigkeit und den Integrationswillen gestellt. Die berufliche und soziale Anpassungsfähigkeit, die Sprachkenntnisse sowie das Alter des Arbeitnehmenden müssen grundsätzlich eine Integration in den Schweizer Arbeitsmarkt und das gesellschaftliche Umfeld erwarten lassen können.
Verfahren
Arbeitnehmende aus dem EU/EFTA-Raum müssen sich innert 14 Tagen nach Einreise in die Schweiz und vor Antritt der Stelle bei der Einwohnerkontrolle des Wohnsitzes anmelden. Je nach Dauer des Arbeitsvertrages wird ihnen anschliessend eine Aufenthaltsbewilligung B oder eine Kurzaufenthaltsbewilligung L ausgestellt.
Für einen Arbeitnehmenden aus einem Drittstaat reicht der Arbeitgeber bei der zuständigen kantonalen Behörde (in der Regel Arbeitsamt) ein Gesuch um Erteilung einer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung ein. Diese nimmt eine arbeitsmarktliche Prüfung des Gesuchs vor und trifft einen Vorentscheid. Gibt sie dem Gesuch statt, so leitet sie es zur Genehmigung an das Staatssekretariat für Migration (SEM) weiter, welches den Antrag nach gesamtschweizerischen, arbeitsrechtlichen Zulassungskriterien ebenfalls prüft. Im Falle einer Zustimmung übermittelt das SEM das Gesuch an die kantonale Migrationsbehörde, welche schlussendlich noch eine polizeiliche Überprüfung vornimmt und nach ebenfalls positivem Entscheid die Visumsermächtigung elektronisch an die Schweizer Vertretung im Herkunftsland erteilt, wo anschliessend das Einreisevisum abgeholt werden kann. Als Faustregel für die Dauer des gesamten Verfahrens durch die drei Instanzen kann von ca. sechs bis acht Wochen ausgegangen werden.
Aufenthaltskategorien
L-Bewilligung
Die L-Bewilligung (Kurzaufenthaltsbewilligung) wird an Ausländer vergeben, die sich für einen bestimmten Zweck, befristet auf maximal zwei Jahre, in der Schweiz aufhalten. Bürger aus dem EU/EFTA-Raum haben ein Anrecht auf den Erhalt einer L-Bewilligung, sofern sie ein Arbeitsverhältnis von einer Dauer zwischen drei Monaten und einem Jahr nachweisen können, oder - falls der Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit erfolgt – sie über genügend finanzielle Mittel verfügen. Bürger aus Drittstaaten können eine L-Bewilligung erhalten, wenn sie die zuvor genannten Zulassungskriterien gemäss AIG erfüllen.
B-Bewilligung
Die B-Bewilligung (Aufenthaltsbewilligung) wird an Ausländer vergeben, die sich für einen bestimmten Zweck länger als zwei Jahre in der Schweiz aufhalten. Der Aufenthalt kann ebenfalls mit oder ohne Erwerbstätigkeit erfolgen. Stammt der Gesuchsteller aus dem EU/EFTA-Raum, hat die B-Bewilligung eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren und wird erteilt, sofern ein unbefristeter oder ein auf mehr als 365 Tage befristeter Arbeitsvertrag mit einem Arbeitgeber in der Schweiz vorgelegt werden kann. Stammt der Gesuchsteller aus einem Drittstaat, ist die B-Bewilligung auf ein Jahr befristet, einfach verlängerbar und kann wiederum bei Erfüllung der Zulassungskriterien gemäss AIG erteilt werden.
C-Bewilligung
Die C-Bewilligung (Niederlassungsbewilligung) kann Angehörigen der EU-17 Staaten (ausser Zypern und Malta) sowie der EFTA-Staaten, oder Angehörigen aus Drittstaaten mit entsprechenden Staatsverträgen, nach fünf Jahren ordnungsgemässem und ununterbrochenem Aufenthalt in der Schweiz erteilt werden. Angehörige der EU-8 Staaten sowie Bürger von Zypern, Malta, Rumänien, Bulgarien und Kroatien und von Drittstaaten ohne Staatverträge müssen eine ordnungsgemässe und ununterbrochene Aufenthaltsdauer von zehn Jahren vorweisen können. Die Niederlassungsbewilligung ist zeitlich unlimitiert und nicht an eine bestimmte Arbeitsstelle geknüpft.
G-Bewilligung EU/EFTA
- Die G-Bewilligung EU/EFTA wird grundsätzlich an Arbeitnehmende erteilt, die im EU/EFTA-Raum wohnen und in der Schweiz erwerbstätig sind. EU/EFTA-Bürger sind dabei geografisch flexibel. Für EU/EFTA-Bürger gelten keine Grenzzonen, das heisst sie können überall in der EU/EFTA wohnen und überall in der Schweiz arbeiten.
- Die Bewilligung ist fünf Jahre gültig, sofern ein Arbeitsvertrag vorliegt, der unbeschränkt oder länger als ein Jahr gültig ist. Liegt ein Arbeitsvertrag vor, der auf weniger als ein Jahr befristet ist, so richtet sich die Gültigkeitsdauer der Bewilligung nach der Gültigkeitsdauer des Arbeitsvertrages.
G-Bewilligung für Drittstaatsangehörige
- Grenzgänger aus Drittstaaten müssen ein dauerhaftes Anwesenheitsrecht in einem Nachbarstaat der Schweiz besitzen, ihren Wohnsitz seit mindestens sechs Monaten in einer entsprechenden ausländischen Grenzzone innerhalb des Nachbarstaats haben und innerhalb der benachbarten Grenzzone in der Schweiz arbeiten. Zudem müssen die arbeitsmarktlichen Voraussetzungen erfüllt sein.
- Die Grenzgängerbewilligung für Bürger aus Drittstaaten wird unabhängig von der Gültigkeitsdauer des Arbeitsvertrags in der Regel auf ein Jahr ausgestellt und ist verlängerbar. Sie gilt nur für die Grenzzone des Kantons, welcher die Bewilligung erteilt hat.
- Grenzzonen sind Regionen, die in den zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten abgeschlossenen Grenzgängerabkommen definiert sind (Kanton Basel Land und Basel Stadt, Kanton Solothurn, Bezirke Moutier und Wangen im Kanton Bern, Bezirk Delément im Kanton Jura, Kanton Aargau ohne Bezirk Muri, Kanton Zürich ohne Bezirke Affoltern und Horgen, Kantone Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Appenzell AR und IR).
- Alle Grenzgänger müssen unabhängig von ihrer Nationalität mindestens einmal pro Woche an ihren ausländischen Wohnsitz zurückkehren.
Familiennachzug
Das FZA sieht vor, dass EU/EFTA - Staatsangehörige, die in der Schweiz das Aufenthaltsrecht erworben haben, ihre Familienmitglieder nachziehen können. Dies gilt für Ehepartner bzw. Partner, mit denen sie in eingetragener Partnerschaft leben, ihre Kinder unter 21 Jahren sowie ihre Eltern, falls diesen Unterhalt gewährt wird, und zwar unabhängig von deren Nationalität.
Ausländische Arbeitnehmende aus Drittstaaten, die über eine B- oder C-Bewilligung verfügen, dürfen ebenfalls ihre Ehepartner oder auch Partner, mit denen sie in eingetragener Partnerschaft leben, sowie ihre Kinder unter 18 Jahren in die Schweiz nachkommen lassen, vorausgesetzt, dass die Familie zusammen in einem Haushalt wohnt. Nachziehende Ehegatten müssen sich jedoch in der am Wohnort gesprochenen Sprache verständigen können (mündlich mindestens Niveau A1). Der Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen mit L-Bewilligung kann unter gewissen Voraussetzungen ebenfalls bewilligt werden, es besteht jedoch kein gesetzlicher Anspruch. Der Familiennachzug ist nur innerhalb von fünf Jahren möglich.