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Arztzeugnis Schweiz: Arbeitsunfähig oder nicht?

Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeitenden ist das genaue Vorgehen häufig unklar. In diesem Beitrag finden Sie rechtssichere Antworten auf Fragen aus der Praxis.

01.01.2022 Von: Ralph Büchel, Thomas Wachter
Arztzeugnis Schweiz

Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung

Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht gemäss Obligationenrecht (OR) nur, wenn es sich
bei Arbeitnehmenden um eine Arbeitsverhinderung handelt, die:

  • in seiner Person liegt und er;
  • ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist;
  • Arbeitsverhältnis, welches mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde.

Die erste Voraussetzung für die Lohnfortzahlung ist: Der Grund der Absenz muss zwingend in der Person des Arbeitnehmers liegen. Lohnfortzahlung erfolgt also bei Arbeitsverhinderung infolge: 

  • Krankheit inkl. ärztlich attestierten Schwangerschaftsabsenzen
  • Unfall
  • Erfüllung gesetzlicher Pflichten (wie Militärdienst, Zivildienst, Feuerwehrdienst usw.) sowie Betreuungspflichten
  • personenbezogener Gründe (wie Arztbesuch, Umzug, Heirat, temporäre Pflege eines erkrankten Angehörigen usw.)
  • Keine Lohnfortzahlungspflicht besteht bei andern Verhinderungsgründen wie Naturkatastrophen, Flugverbot, Verkehrszusammenbrüchen, Stau, Strassensperrungen, Lawinenniedergängen, Schneefall oder Seuchensperren/Pandemie usw. Hier liegt der Grund der Arbeitsverhinderung nicht in der Person des Arbeitnehmers.
  • Anders ist die Lohnfortzahlung bei Mutterschaft und Vaterschaft geregelt. Hier besteht eine Mutter- bzw. Vaterschaftsversicherung, welche die betriebliche Lohnfortzahlung ersetzt.

Eine zweite Voraussetzung ist, dass die Absenz unverschuldet ist:

  • Dabei gelten Verkehrsunfälle, Sportunfälle zum Beispiel beim Skifahren, Bergsteigen, Tauchen, Reiten oder Deltasegeln, verordnete Kuraufenthalte, Schwangerschaftsabbrüche usw. als unverschuldet.
  • Als verschuldete Absenzen gelten solche bei waghalsigen Handlungen wie Fahren in angetrunkenem Zustand, Risikosportarten wie Motocross-Rennen, Skitouren trotz grosser Lawinengefahr, Klettertouren trotz drohendem Wettereinbruch usw.
  • Unklar ist die Situation bei Suchtkrankheiten wie Alkoholismus, Drogensucht, Nikotinabhängigkeit. In der Regel besteht während Behandlungszeiten bei Suchtkrankheit eine Lohnfortzahlungspflicht. Als verschuldete Absenzen dagegen gelten sicherlich Ausfälle, welche beispielsweise auf eine durchzechte Fasnachtsnacht zurückzuführen sind. Hier besteht keine Lohnfortzahlungspflicht.

Die Gerichtspraxis stellt an die Schuldlosigkeit der Arbeitnehmenden bei einer Krankheit keine besonders hohen Anforderungen. Bei einer Krankheit ist zunächst von der Schuldlosigkeit auszugehen, unabhängig von der Ursache. Ein ärztlich verordneter Erholungsurlaub gilt in der Regel als krankheitsbedingte Absenz. Die dritte Voraussetzung ist ein Arbeitsverhältnis, welches mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde.

Arztzeugnis

Die Arbeitnehmenden müssen Arbeitsunfähigkeiten umgehend dem Arbeitgeber melden. Der Arbeitnehmer ist beweispflichtig für die Arbeitsverhinderung und muss auf Verlangen ein Arztzeugnis beibringen. Es besteht keine allgemein verbindliche Regel, ab dem wievielten Krankheitstag ein Arztzeugnis verlangt werden soll. Sinnvoll erscheint es aber ein solches ab dem dritten Krankheitstag zu verlangen.

Praxistipp: Regeln Sie in Ihrem Betrieb die Frage, ab wann ein Arztzeugnis beizubringen ist. In der Regel wird ein Arztzeugnis «spätestens ab dem dritten Arbeitstag» verlangt. Sie sind jedoch berechtigt, auch bei kürzeren Arbeitsunfähigkeiten ein Arztzeugnis zu verlangen

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber einem Arztzeugnis misstrauen. Vorsicht ist besonders bei nachträglich ausgestellten Zeugnissen angebracht. Arztzeugnisse, die nur auf Patientenschilderungen abstellen und keine eigenen objektiven Feststellungen des Arztes enthalten oder erst Monate später ausgestellt worden sind, haben kaum Beweiskraft. Dies hat das Kantonsgericht des Kantons St. Gallen in einem Urteil (10.9.2004) festgehalten. Die Interessengemeinschaft Versicherungsmedizin Schweiz (Swiss Insurance Medicine [SIM]) hat für die Ärzte die «Leitlinie zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit bei Unfall und Krankheit» herausgegeben.

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