Ergonomie am Arbeitsplatz
Die Schweiz belegte 2010 mit durchschnittlichen Kosten von über 56 Franken pro Stunde im internationalen Vergleich den Spitzenplatz hinsichtlich der Arbeitskosten, wobei bis zu 80 Prozent dieser Kosten in Form von Personalkosten anfallen. Angesichts dieser Kosten ist eine hohe Produktivität wichtig. Diese wird einerseits von der Leistungsfähigkeit, der Gesundheit und der Arbeitsmotivation der Mitarbeitenden bestimmt, andererseits aber auch vom Arbeitsumfeld. Aus diesem Grund sollen die Faktoren für den in der Schweiz zentralen Bereich der Büroarbeit, wo insbesondere das lange Sitzen ein grosses Problem darstellt, näher beleuchtet werden.
Sitzen - ein Gesundheitsrisiko?
Dass Gesundheit eine unabdingbare Voraussetzung für eine hohe Leistungsfähigkeit darstellt, leuchtet spätestens ein, wenn man sich grippig fühlt oder wenn einen Rückenschmerzen plagen. Es liegt auf der Hand, dass Arbeit und Gesundheit sich gegenseitig beeinflussen. Beispielsweise bestreitet niemand den Zusammenhang zwischen Asbest und den aus dem Kontakt entstehenden Karzinomen. Doch wenn, wie neulich in «Die Zeit», der reisserische Titel «Wer lange sitzt, ist früher tot» auftaucht, lohnt es sich sicherlich, genauer hinzuschauen. Tatsächlich belegen amerikanische Studien, dass Menschen, die sehr viel sitzen, eine kürzere Lebenserwartung haben. So zeigte eine breit angelegte Untersuchung von 120'000 US-Amerikanern, dass Männer, die täglich sechs oder mehr Stunden im Sitzen verbringen, eine um 20 Prozent höhere Sterberate hatten als solche, die nur bis zu drei Stunden täglich im Sitzen arbeiteten. Bei den Frauen betrug der Unterschied sogar 40 Prozent.
Belastung für Herz und Rücken
Die Ergonomie, die Lehre der Arbeits- und Arbeitsplatzgestaltung, beschäftigt sich schon lange mit dem Zusammenhang zwischen Arbeit und Gesundheit, realisiert entsprechende Untersuchungen und führt die Ergebnisse in die Praxis über. Bereits vor langer Zeit erkannt, dass langes Sitzen gesundheitsschädigend sein kann. Neben dem Risiko von Herzkreislauferkrankungen ist auch bekannt, dass langes Sitzen ein Risikofaktor für Rückenbeschwerden darstellt. So gaben 2010 in einer im Auftrag des SECO durchgeführten Studie über 50 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden an, in den letzten zwölf Monaten unter Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich gelitten zu haben. 49 Prozent von ihnen klagten über Rückenbeschwerden. Doch nicht nur physische Fehlbelastungen und daraus resultierende Beschwerden sind für unsere Leistungsfähigkeit und Gesundheit relevant. Die Studie zeigt auch, dass die psychischen Belastungen hoch sind und weiter zunehmen werden. So zeigen Indikatoren für psychische Belastungen wie z.B. starker Zeitdruck, hohes Arbeitstempo oder auch gehäufte Arbeitsunterbrechungen sehr hohe Werte. Entsprechend wächst der Anteil der Erwerbstätigen, die unter den Folgen von psychischen Fehlbelastungen wie Herzkreislauferkrankungen oder Burn-out leiden.
Arbeitgeber in der Verantwortung für die Ergonomie am Arbeitsplatz
Arbeitgeber haben ein vitales Interesse an gesunden, leistungsfähigen Mitarbeitenden und profitieren daher von ergonomischen Arbeitsplätzen und -abläufen, welche die Mitarbeitenden gesund erhalten. Darüber hinaus tragen sie aber auch eine juristische Verantwortung, die Gesundheit der Mitarbeitenden zu erhalten. So fordert das Arbeitsgesetz, dass der Arbeitgeber zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmenden alle Massnahmen zu treffen hat, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind (ArG Art. 6).
Der Vollzug über das Arbeitsgesetz und die entsprechenden Verordnungen liegt bei den kantonalen Arbeitsinspektionen. Im Rahmen ihrer Betriebskontrollen überprüfen die Inspektoren die Umsetzung der Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen und könnend dabei auch Aspekte wie das Erfüllen der Minimalanforderungen bei den Bildschirmarbeitsplätzen aufnehmen.
Autor
Andreas Martens, AEH Zentrum.