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Wirkungsvolle Mitarbeitergespräche: Darum lohnt sich der Einsatz von Fragetechniken

Das Erfolgsrezept guter Mitarbeitergespräche ist die aktive Einbindung des Gegenübers, denn nur so können Mitarbeitende in ihren Potenzialen gezielt gefördert werden. Konkrete und richtig platzierte Fragen stellen daher in diesem Kontext ein gutes Instrument dar, um zum Nachdenken anzuregen und vorhandene Ressourcen zu aktivieren.

07.01.2019 Von: Sonja Kupferschmid Boxler
Wirkungsvolle Mitarbeitergespräche

Wirkungsvolle Mitarbeitergespräche

Als Führungskraft sind Sie dafür verantwortlich, einen strukturierten Rahmen zu schaffen, in welchem sich Ihre Mitarbeitenden entfalten und (weiter-) entwickeln können. Doch auch wenn dies in der Theorie noch so einfach klingt, ist die Umsetzung in der Praxis anspruchsvoll. Gerade das Führen von Mitarbeitergesprächen stellt für Führungskräfte eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Denkblockaden, einseitige Beteiligungen oder festgefahrene Diskussionen sind Szenarien, die Mitarbeitergespräche zu einer unangenehmen Sache machen.

Um Konflikte zu vermeiden und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden sicherzustellen, lohnt es sich daher, in Mitarbeitergesprächen den Fokus auf das Gegenüber zu legen und die Rolle eines verständnisvollen Gesprächspartners einzunehmen.

Fragen statt sagen

Ein wirksamer Weg, um in Gesprächen die Mitarbeitenden aktiv einzubinden, ist das Stellen systemischer Fragen. Im Gegensatz zu normalen Fragen geht es bei systemischen Fragen nicht primär darum, dass die fragende Person Antworten erhält. Systemische Fragen dienen vielmehr als Denkanstoss, indem man das Gegenüber dazu auffordert, die aktuelle Situation und sich selbst zu reflektieren. Mit systemischen Fragen können allfällige Probleme aus der Welt geschafft werden, da sie die eigene Perspektive erweitern und somit den Lösungsraum vergrössern.

Systemische Fragetechniken

Grundsätzlich gibt es unzählige Fragetechniken, welche im Rahmen des systemischen Fragens angewandt werden. In der Tabelle unten sind fünf häufige Fragetechniken aufgeführt, die sich für eine lösungsorientierte Gesprächsführung eignen. Die einzelnen Fragetechniken erfüllen dabei unterschiedliche Funktionen und sollten in Mitarbeitergesprächen je nach Situation und im besten Fall in Kombination eingesetzt werden. Beispielsweise eignen sich Skalierungsfragen, um die aktuelle Situation zu Beginn oder am Ende eines Gesprächs zu erfassen. Tiefer greifende Fragen wie Bewältigungsfragen dienen hingegen dazu, nach der Problemdefinition vorhandene Ressourcen aufzudecken und diese für zukünftige Handlungen zu aktivieren.

Fragetechnik: Skalierungsfragen

Funktion: Die Komplexität der aktuellen Situation wird reduziert, indem Einschätzungen messbar gemacht werden.

Beispiel: «Wenn Sie sich eine Skala von 1 bis 10 vorstellen und der Wert 10 bedeutet, dass das aktuelle Problem gelöst ist: Wo befinden Sie sich momentan?»
 

Fragetechnik: Zirkuläre Fragen

Funktion: Die aktuelle Situation wird aus einer anderen Perspektive betrachtet und ermöglicht das Entwickeln neuer Ideen.

Beispiel: «Was würde Ihr Arbeitskollege sagen, wenn ich ihn fragen würde, wie Sie mit Ihrer aktuellen Situation zurechtkommen?»

Fragetechnik: Ziel-/Zukunftsfragen

Funktion: Das Ziel und der Weg dorthin werden konkretisiert.

Beispiel: «Was möchten Sie verändern und woran werden Sie erkennen, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben?»

 

Fragetechnik: Ausnahmefragen

Funktion: Es werden Ausnahmen identifiziert, um sich positive Aspekte der aktuellen Situation bewusst zu machen.

Beispiel: «Wann tritt das Problem nicht auf und was ist in diesem Fall anders?»

 

Fragetechnik: Bewältigungsfragen

Funktion: Es werden vorhandene Ressourcen erschlossen, die zur Problembewältigung eingesetzt werden können.

Beispiel: «Wie haben Sie die aktuelle Situation bisher ausgehalten und wer oder was hat Sie dabei unterstützt?»

Es gehört also zur Kunst des Fragenden, zum richtigen Zeitpunkt die Art von Fragen zu stellen, die das Gegenüber dazu bringen, selbst auf mögliche Probleme und passende Lösungen zu kommen. Aus diesem Grund sollten systemische Fragetechniken im persönlichen «Methoden-Rucksack» jeder Führungskraft Platz finden.

Wie systemische Fragen in Gesprächen eingebaut werden können, wird in der Folge anhand eines gelungenen Mitarbeitergesprächs skizziert.

Phasen eines Mitarbeitergesprächs

Um den grösstmöglichen Nutzen aus Mitarbeitergesprächen herauszuholen, sollten diese sorgfältig vor- und nachbereitet werden. Meist hilft ein Leitfaden, um das Gespräch zu strukturieren und keine wesentlichen Punkte zu vergessen.

Phase 1: Beginn und Einleitung

Am Beginn eines Mitarbeitergesprächs steht die Kontaktaufnahme, in der die Führungskraft das Gegenüber begrüsst und sich für sein/ihr Kommen bedankt. Dadurch, dass sie die Wichtigkeit des Gesprächs betont und die Erwartungen des/ der Mitarbeitenden abholt, sorgt sie für ein positives und offenes Gesprächsklima.

Beispiel: «Guten Tag Herr XY. Vielen Dank für Ihr Kommen. Ich bin froh, dass Sie sich so kurzfristig Zeit nehmen konnten. Was denken Sie, sollten wir aus Ihrer Sicht mit unserem heutigen Gespräch erreichen?»

Anschliessend klärt die Führungskraft die Ziele, den Inhalt und den Ablauf des Gesprächs und hält diese in einer geeigneten Form fest.

Phase 2: Informationsaustausch

In der zweiten Phase hört sich die Führungskraft an, was ihr das Gegenüber zum Gesprächsthema mitteilen möchte. Während der Mitarbeitende die eigene Sichtweise schildert, stellt die Führungskraft punktuell Fragen, um die aktuelle Situation bzw. allfällige Probleme herauszuarbeiten.

Beispiel: «Sie haben mir letzte Woche davon berichtet, dass es Ihnen seit längerer Zeit schwerfällt, nach der Arbeit abzuschalten. Was würde mir ein guter Freund von Ihnen sagen, wenn ich ihn fragen würde, wie Ihr aktuelles Befinden ist? Und wie würden mir Ihre Teamkollegen Ihre momentane Arbeitsleistung beschreiben?»

Phase 3: Lösungsfindung

Nachdem die aktuelle Situation im Detail erforscht worden ist, versucht die Führungskraft zusammen mit dem Mitarbeitenden eine Lösung zu finden, die von beiden Seiten akzeptiert wird. Dabei versucht sie, das Gesprächsziel im Auge zu behalten und den Fokus weiterhin auf dem Gegenüber zu lassen.

Beispiel: «Ich bin mit Ihnen einverstanden, Herr XY. Wir müssen an Ihren Arbeitsbedingungen umgehend etwas ändern. Gibt es auch Tage, an denen Sie sich bei der Arbeit gedanklich fit fühlen und dadurch produktiver sind? Und falls ja, was ist an diesen Tagen anders als sonst?»

Phase 4: Ziel- und Massnahmendefinition

In der vierten Phase werden individuelle Ziele und Massnahmen festgelegt, die dem Mitarbeitenden helfen sollen, sich bei der Arbeit weiterzuentwickeln und allfällige Probleme zu lösen. Dabei legt die Führungskraft ein besonderes Auge auf die Ressourcenaktivierung.

Beispiel: «Wenn Sie nun auf die letzten paar Wochen zurückblicken: Wie haben Sie es geschafft, Ihre Arbeit trotz hohem Zeitdruck und Konzentrationsschwierigkeiten so gut zu meistern? Meinen Sie, haben gewisse Dinge Sie dabei unterstützt, die Ihnen auch in Zukunft helfen könnten?»

Phase 5: Abschluss

Zum Schluss wird das Gespräch zusammengefasst und im Hinblick auf die Gesprächsziele gemeinsam reflektiert. Auch wird analog zur Kontaktaufnahme eine positive Atmosphäre geschaffen, indem sich die Führungskraft für das gute Gespräch und die Offenheit des Mitarbeitenden bedankt.

Beispiel: «Vielen Dank Herr XY, für das wertvolle Gespräch und dafür, dass Sie mir Ihre aktuelle Situation anvertraut haben. Wenn Sie sich eine Skala von 1 bis 10 vorstellen und der Wert 10 bedeutet, dass das aktuelle Problem gelöst ist: Wo befinden Sie sich nach diesem Gespräch?»

Chancen und Grenzen

Systemische Fragen sind in Mitarbeitergesprächen lohnenswert, da durch die aktive Einbindung des Gegenübers die Motivation und damit auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden gesteigert werden kann. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Arbeitsleistung aus, was letztendlich der Organisation als ganzer zugutekommt. Zusätzlich werden durch vertrauensvolle Gespräche die Beziehungen und die Wertschätzung im Team gestärkt. Auch die Mitarbeitenden selbst erleben dadurch, dass sie durch Fragen zum Nachdenken angeregt werden, persönliche und berufliche Fortschritte.

Nichtsdestotrotz ist in der Mitarbeiterführung beim Einsatz von Fragetechniken Vorsicht geboten. Es ist wichtig, sich der eigenen Rolle stets bewusst zu sein und den gesetzten Rahmen sowie die vorhandenen Strukturen zu halten. Gerade bei persönlichen Themen sollte darauf geachtet werden, dass die individuelle Grenze zwischen Arbeits- und Privatsphäre nicht überschritten wird. Nur wenn Akzeptanz vorliegt, lassen sich die Mitarbeitenden auf die Fragen der Führungskraft und damit auf die gedankliche Reise zu ihrem Selbst ein.

Wer fragt, der führt!

Durch die Chancen und Grenzen beim Einsatz von Fragetechniken wird klar, dass die Umsetzung in der Mitarbeiterführung durchaus anspruchsvoll ist. Mit etwas Übung und einer Portion Mut kann das Stellen von systemischen Fragen in Mitarbeitergesprächen jedoch grosse Wirkung haben. Denn nicht umsonst gilt in der Arbeitswelt: «Wer fragt, der führt!»

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