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Job Enlargement: Warum Personalentwicklung und Recruiting zusammengehören

Personalentwicklung und Recruiting werden in Unternehmen oft separat behandelt. Ich schlage vor, die beiden Themen stärker miteinander zu verzahnen: Dank einer solch ganzheitlicheren Herangehensweise können Synergien gewonnen werden, welche zu einer effizienteren Personalstrategie führen. Das tönt für Sie nach HR-Hokuspokus? Keineswegs! Lassen Sie uns gemeinsam etwas HR-Alchemie betreiben.

12.04.2023 Von: Natalie Gyöngyösi
Job Enlargement

Personalentwicklung ist eine wichtige Form der Mitarbeiterbindung. Wenn Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, sich weiterzuentwickeln, so neue berufliche Perspektiven entdecken und das neue Wissen und die Freiheit nutzen, sich intern zu verändern, bleiben sie ihrem Arbeitgeber tendenziell erhalten. So viel wissen wir aus eigener Erfahrung aus unserem professionellen HR-Arbeitsalltag. Auch ist uns bestens bekannt, dass Mitarbeitergespräche – regelmässig und in verbindlichem Rahmen durchgeführt – dazu dienen, um im Dialog die Potenzialeinschätzung, den Entwicklungsbedarf und die Entwicklungswünsche der Mitarbeitenden zu identifizieren und zu planen. Ein eher neuerer Gedanke hingegen, mit dem ich mich in letzter Zeit intensiver beschäftige, ist die Koppelung von Recruiting und Development im HR. Nachfolgend gewähre ich Ihnen gerne Einblick in einige meiner Erkenntnisse aus der Praxis, welche ganz gut funktionieren.

Wertebasiertes Recruiting als Katalysator für Retention

Das offensichtlichste Element vorneweg: Es beginnt mit der Auswahl der richtigen Mitarbeitenden. Die besten Leute für ein Unternehmen sind die, welche zum Unternehmen und dessen Werten, Kultur und Vision passen. Die Organisationskultur umfasst alle Leitvorstellungen, Werte, Normen und Praktiken, die in einem Unternehmen gelebt werden. Aktuelle grösste Bedeutung kommt der Definition der Unternehmenskultur bei der Frage der Kulturveränderung oder eines Kulturwandels in Anbetracht von Digitalisierung, Globalisierung und New Work zu. Werte sind die Leitprinzipien, die für das Unternehmen prägend sein sollen und auch direkt auf den einzelnen Mitarbeitenden umgemünzt werden können. Beispiele: Überzeugungen wie Mitgefühl, Kreativität, Ehrlichkeit oder Zuverlässigkeit.

Zentrales Stichwort an dieser Stelle ist die wertebasierte Rekrutierung. Genauer: Bei der wertebasierten Rekrutierung werden bestimmte Werte, Überzeugungen und Bestrebungen bei der Anwerbung, Einstellung und Beförderung von Mitarbeitenden vorrangig berücksichtigt. Durch die Fokussierung auf diese Kernideen kann man ein Team aus passenden Personen für einen Job zusammenstellen. Der Vorteil: Durch die Priorisierung der Werte bei der Auswahl erhöht sich die Wahrscheinlichkeit markant, einen Kandidaten oder eine Kandidatin einzustellen, der oder die wirklich zur Kultur Ihrer Marke passt. Der Mitarbeitende wird sich im Büroalltag weiterhin auf besagte Werte konzentrieren, während seine Kolleginnen und Kollegen im Team ebenfalls mit den gleichen Prinzipien und Bestrebungen im Hinterkopf denken und handeln. Das verbindet: Die Beziehungen unter den Teammitgliedern erstarken. Was passiert: Es entsteht ein zunehmend positives Arbeitsumfeld, in welchem sich Mitarbeitende wohlfühlen und somit produktiver sind. In der Konsequenz reduziert sich die Mitarbeitendenfluktuation: Zufriedenere Mitarbeitende bedeuten weniger Abgänge. Sie können Kosten senken und gleichzeitig die Produktivität erhöhen, während die Mitarbeitenden aufblühen und ihre Karriere bei Ihnen im Unternehmen planen und ausbauen. Eine Win-win-Situation.

Der Teufel steckt im Detail – über versteckte Gold Nuggets

So weit, so logisch. Aber wo sonst gibt es noch konkrete, auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz so offensichtliche Gelegenheiten, Rekrutierung und Personalentwicklung miteinander zu verflechten? Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Lassen Sie uns bei den Hebeln der Personalentwicklung ansetzen. Am besten gehen wir dazu einige klassische Instrumente und Massnahmen durch und schauen, inwiefern sich der Rekrutierungsaspekt dabei kreativ einbringen lässt. Los geht’s:

Job Enlargement

Beim Job Enlargement, im Sinne einer Aufgabenerweiterung, werden die Arbeitsinhalte durch neue Aufgaben erweitert. Job Enlargement bedeutet in erster Linie eine quantitative Ausdehnung des Tätigkeitsfeldes. Hinzu kann auch noch eine qualitative Komponente kommen. Beim Job Enlargement sollte beachtet werden, dass die Aufgaben gut erlernbar sind und auch in Kombination mit den bisherigen noch machbar bleiben. Job Enlargement kann dann zur Beseitigung von Monotonie und zur Stärkung des Selbstwertgefühls führen.

Job Enrichment

Job Enrichment ist eine weitere Tätigkeitsbereicherung. Das bedeutet, die Arbeitsinhalte werden durch sachlich zusammengehörige, höherwertige Tätigkeiten angereichert.

Recruiting-Aspekte: Mitarbeitende als Markenbotschafter einsetzen: Involvieren Sie Ihre Mitarbeitenden in Personalmarketing- und Employer Branding-Aktivitäten!

Man kann sowohl zum Job Enlargement wie zu einem Job Enrichment zählen, wenn man einen motivierten Mitarbeitenden dazu einlädt, als Repräsentant seinen Arbeitgeber an Messen, Veranstaltungen oder Hochschulevents zu vertreten. Wer sonst, wenn nicht die eigenen Mitarbeitenden sollen die authentischsten und glaubwürdigsten Markenbotschafter des Unternehmens sein?

Job Rotation

Job Rotation, d.h. ein Arbeitsplatzwechsel. Eine Job Rotation kann zur Vermittlung zusätzlicher Qualifikationen dienen (Training on the Job). Ziel dabei ist es, die Belastungen monotoner Tätigkeiten zu verringern.

Recruiting-Aspekte: Tapetenwechsel gefällig? Lassen Sie Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz-Tausch ausprobieren!

Über die interne Stellenbörse oder über die Vorgesetzten können Mitarbeitende gefragt werden, ob sie an einem zeitlich befristeten Arbeitsplatz-Tausch interessiert wären. Dies kann sich zwischen Abteilungen, Niederlassungen oder gar Ländern abspielen. Resultiert die Aktion im Wunsch zu einem bleibenden internen Wechsel, muss zwar die verlassene Position gegebenenfalls neubesetzt werden – aber was bei diesem Vorgang passiert, ist faktisch doch positiv: Die Zahl der Mitarbeitenden wächst. Um einen zufriedeneren Mitarbeitenden und – um einen neuen. Die spannende Abwechslung, die dem Mitarbeitenden durch so ein einen Wechsel widerfährt, löst im Idealfall Dankbarkeit und eine höhere Loyalität aus.

Projektarbeit

Projektarbeit dient dazu, komplexe, in der Regel bereichsübergreifende Aufgaben oder Probleme zu lösen. Projektgruppen setzen sich meist aus Mitgliedern verschiedener Bereiche und unterschiedlicher hierarchischer Ebenen zusammen. Sie bringen daher einander ergänzende Kenntnisse, Erfahrungen und Kompetenzen mit.

Recruiting-Aspekte: Hire Character. Train Skills. Stellen Sie aufgrund überzeugender Persönlichkeit ein und fassen Sie ein kreativeres Fähigkeitsmanagement ins Auge!

Häufig zeigen Quereinsteiger oder branchenfremde Kandidatinnen und Kandidaten besondere mentale Flexibilität und Offenheit für Neues – rekrutieren Sie solche Leute! Diese werden mit grosser Wahrscheinlichkeit in interdisziplinären Projekten reüssieren, weil sie in derartigen Konstellationen erst richtig aufblühen.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit über Hierarchien hinweg kann zudem Mitarbeitende zum einen gedanklich und fachlich beflügeln und zum anderen die Empathie durch die Verständnisbildung fürs Gegenüber auf anderer Stufe und in anderer Funktion fördern.

Eine besonders spannende Idee scheint mir auch, derartige Szenarien experimentell auszuprobieren, indem man eine Art Fähigkeiten-Pool kreiert, wo sich interne Expertinnen und Experten ihres Gebiets registrieren können, um später für Projekte eingesetzt zu werden.

Coaching

Coaching ist eine besonders intensive Form der Förderung. Der Coach berät bei alltäglichen Arbeitsaufgaben, insbesondere aber bei Problemen im Arbeitsbereich. Er unterstützt den Mitarbeitenden dabei, Schwierigkeiten zu überwinden, indem er gemeinsam mit ihm Lösungsmodelle erarbeitet. Coaching ist ein zeitlich begrenzter Personalentwicklungsprozess.

Mentoring

Mentoren agieren häufig ähnlich wie Coaches. Mentoring-Programme eignen sich insbesondere für angehende Führungskräfte, die von erfahrenen Managern aus dem Unternehmen gecoacht werden. Mentoren profitieren aber ebenso von den Erfahrungen und dem Wissen ihrer «Mentees».

Recruiting-Aspekte: Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben – Rekrutieren Sie Personen mit echten Führungsqualitäten!

Leadership ist die kreativste aller Künste: Es ist die Fähigkeit, Talente richtig einzusetzen. Oder wie es der deutsche Journalist Robert Lembke ausdrückte: «Die Fähigkeit eines Chefs erkennt man an seiner Fähigkeit, die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter zu erkennen.»

Nach meiner Erfahrung und Beobachtung sind diejenigen die besten Chefs, welche ihre Mitarbeitenden bewusst wachsen lassen wollen – sogar mit dem Ziel, dass sie gar über sie selbst als Vorgesetzte hinauswachsen. Wenn Sie solche Leute an Bord holen, werden diese potenziell hervorragende Coaches und Mentoren abgeben und können dem Unternehmen somit von hohem Nutzen sein. Sprechen Sie bei der Rekrutierung mit den Kandidaten über deren Führungsstil: Finden Sie heraus, was deren wahre Leadership-Mantras sind!

Erlauben Sie mir noch einen kleinen Nachtrag zum Thema Retain. Mir ist folgende Präzisierung bezüglich Mitarbeiterbindung noch wichtig: Wir sprechen nicht über Mitarbeiterbindung um jeden Preis. Retention auf Biegen und Brechen darf nicht das Ziel sein. Frisches Blut tut zwar grundsätzlich jedem Unternehmensorganismus gut. Aber ob es Sinn macht, einen Mitarbeitenden zu halten, der seit 20 Jahren bei Ihnen beschäftigt ist, sich pudelwohl in seiner Komfortzone fühlt und hauptberuflich damit beschäftigt ist, neuartige Ideen abzuschmettern und Neulinge zu vergraulen, weil er befürchtet, dass ihm diese in seiner eigenen Position gefährlich werden könnten – ist mehr als fraglich. Daher – wie so oft im Leben – auf die richtige Balance kommt es an.

In meinen Augen ist es erst einmal zentral, Low-Performer und Sesselkleber zu identifizieren. Es gilt zu prüfen, inwiefern diese Mitarbeitenden wirklich einen wertvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg und zum Teamgeist der Crew beitragen. Ist dieser Input ungenügend, sollte man abwägen, inwiefern man seine soziale Verantwortung steuern und wahrnehmen muss: Wie stehen die Chancen eines solchen Mitarbeitenden auf dem Arbeitsmarkt? Wie einschneidend wäre eine Trennung für diesen persönlich? Je nachdem ist abzuschätzen, inwiefern man es sich als Unternehmen leisten kann und möchte, solche Mitarbeitenden weiterhin zu behalten. Man darf umgekehrt nämlich nicht unterschätzen, dass der Erhalt unproduktiver Mitarbeitenden immer auf Kosten derjenigen geht, welche Gas geben und sich erfolgreich bemühen, das Unternehmen mit ihrem Einsatz voranzubringen.

Weiss man erst einmal Bescheid, in wen man in seiner Mannschaft investieren möchte, ist es wichtig, eine gesunde Mischung zwischen Alteingesessenen und Grünschnäbeln hinzubekommen. Kreiert man eine ausgeglichene Kombination, trifft Wissen und Erfahrung alter Hasen auf Disruption und rebellisches Gedankengut von Newcomern. Im allerbesten Fall vermischen sich dann die Gedanken beider Seiten und es kommt zu einer wünschenswerten Synthese aus Alt und Neu – quasi Innovation mit Realitätscheck-Gütesiegel.

Quelle zu den Instrumenten und Massnahmen in der Personalentwicklung: www.umantis.com/blog/was-ist-personalentwicklung-eine-definition

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