HR-Kennzahlencockpit: HR-Arbeit sicht- und messbar machen

Die fakten- und zahlenbasierte Visibilität des Human Resources steckt in vielen HR-Organisationen noch in den Kinderschuhen. Um wertvolle Impulse für die strategische Weiterentwicklung und operative Excellence im Unternehmen liefern zu können, ist ein sorgfältig aufgebautes HR-Kennzahlencockpit unabdingbar.

20.01.2023 Von: Alexander Beck
HR-Kennzahlencockpit

Ausgangslage People Analytics

Zwar findet das Buzzword "People Analytics" immer mehr Verbreitung, doch die Definition und das Verständnis bleibt in vielen Organisationen schwammig und unkonkret. Die sich in den jährlichen Geschäftsberichten wiederfindenden Kennzahlen sind zwar "nice", sind aber meistens rückblickend verfasst und werden nur selten für weitergehende Analysen genutzt. Die aktuellen HR-Herausforderungen verdeutlichen es klar: Ohne faktenbasiertes Wissen werden die HR-Herausforderungen meist "bauchig", situativ und emotional angegangen. Sie erlangen dann Bedeutung, wenn es schon lichterloh in einem spezifischen HR-Thema brennt (siehe z.B. Fachkräfte- resp. Skillmangel). Plötzlich wollen alle Arbeitgeber ihr Employer Branding auf Vordermann resp. -frau bringen, um auf dem Arbeitsmarkt (attraktiv) wahrgenommen zu werden. Doch vielleicht lohnt es sich, zuerst auf die aktiven Mitarbeitenden zu achten und das Thema Mitarbeiterbindung strategisch in den Vordergrund zu stellen.

Die aktuelle Studie «Digital HR 2022» von Avenir Suisse zeigt faktenbasiert auf, dass erst 8% der befragten HR-Verantwortlichen Strategiekennzahlen als Entscheidungsbasis nutzen, obwohl sich rund 95% der befragten Unternehmen im weitesten Sinn mit Kennzahlen und People Analytics auseinandersetzen. Also im Klartext heisst das: Sie haben keine klare Idee oder einen Plan, wie sie sich mit diesem Thema im Unternehmen positionieren und umgehen sollen. Zwar existieren vielerorts klassische, operative Standardkennzahlen (KPI) wie Personalbestand, Funktionenmix, Geschlecht und Alter etc., doch dies genügt nicht.

Es fehlt oft an aussagekräftigen Kennzahlen, welche in ein HR-Kennzahlencockpit eingebunden sind, die es auf operativer und strategischer Ebene ermöglichen, Entwicklungen und Tendenzen mittels geeigneter Massnahmen zu initialisieren oder korrektiv einzuwirken. Damit könnte sich das HR-Management auf Augenhöhe mit den Entscheidungsträgern positionieren und somit einen aktiven Teil zur erfolgreichen Unternehmensentwicklung beisteuern. Doch welche Ziele verfolgen Kennzahlensysteme, und welchen Nutzen stiften sie?

  • Weiterentwicklung der aktuellen Human-Resources-Strategie und Personalpolitik
  • Messbarkeit der HR-Arbeit in qualitativer und quantitativer Hinsicht
  • Steuerung und Lenkung von eingeleiteten Initiativen und Massnahmen (Monitoring)
  • Qualitätsüberprüfung und Effizienzsteigerung von HR-Prozessen und Abläufen
  • Frühwarnsystem für unternehmensrelevante Entwicklungen und Tendenzen
  • Grundlagen für strategische und operative Entscheidungen
  • Basis für Investitionen rund um das Thema «Digitale Entwicklung des HRM»
  • Grundlage für Vergleiche und Benchmarks und vereinbarte Zielsetzungen
  • Aufzeigen der Wertschöpfung des HR-Managements

Vorgehen für die Erstellung eines massgeschneiderten HR-Kennzahlencockpits

Doch wie packt man eine solche Aufgabe an, und nach welchem Vorgehen erstellt man ein massgeschneidertes HR-Kennzahlencockpit? Vorneweg: Weniger ist mehr und es bedarf zuerst eines Abgleichs mit den aktuellen Unternehmensherausforderungen sowie den HR-Handlungsfeldern. Zudem ist es von Vorteil, wenn man sich nebst den operativen Kennzahlen (Run the Business) über die aktuelle HR-Projektlandschaft (Change the Business) in einem Mapping eine Übersicht verschafft. Oft werden bereits vorhandene operative Kennzahlen, wie z.B. die Absenzzahlen, zu wenig im HR-Alltag genutzt und zusammen mit den Linienvertretern thematisiert. Die Folge: Zahlenfriedhöfe, welche in elektronischen Ablagen der HR-Abteilungen verschwinden. Im Umkehrschluss heisst dies, dass nur qualitativ gut aufbereitete Kennzahlen, die visibel gemacht werden, einen Mehrwert für das Unternehmen stiften. Sie sind als Führungshilfsmittel der Unternehmensführung, Linienvorgesetzten und des Human Resources Managements zu verstehen.

Acht-Punkte-Checkliste für den Aufbau und die Implementierung eines HR-Kennzahlencockpits:

  • Identifikation und Priorisierung der strategischen und operativen HR-Herausforderungen, abgeleitet aus der Unternehmens- und HR-Strategie (siehe Musterkennzahlencockpit)
  • Erstellung eines HR-Kennzahlen-Basiskonzepts; Definition quantitativer und qualitativer KPI pro Handlungsfeld sowie Vorgehen zur Erfassung, Auswertung und Form eines Reportings
  • systematische Erfassung von Daten (KPI) sowie Zuordnung nach HR-Themenfeld
  • periodische Auswertung und Aufbereitung der erhobenen KPI – mit grafischen Elementen
  • Erstellung eines Quartals- oder Monats- Reportings (analog einem Finanzreporting)
  • Präsentation, Distribution/Kommunikation mittels Kennzahlencockpit und Interpretationen durch die HR-Verantwortlichen
  • Diskussionen, die quartalsweise oder monatlich mit dem Management und Linienverantwortlichen im Rahmen von Geschäftsleitungs-, Abteilungs- oder HR-Meetings geführt werden
  • Einbau in die jährlichen Unternehmensund HR-Retraiten sowie in den Budget-Prozess

Empfehlungen aus der Praxis

Benennen Sie Ihre aktuellen HR-Herausforderungen/HR-Themenfelder und ordnen Sie Ihre bereits vorhandenen KPI diesen Handlungsfeldern zu. Definieren Sie anschliessend die Kennzahlen, die Sie und Ihr Unternehmen auf strategischer und operativer Ebene benötigen und die noch nicht erfasst und aufgenommen sind. Überprüfen Sie die vorhandene IT-Infrastruktur hinsichtlich Eignung, um diese neuen Kennzahlen zu erfassen und aufbereiten zu können. Erstellen Sie ein erstes Kennzahlencockpit und kommunizieren Sie dieses aktiv auf allen Unternehmensebenen. Stellen Sie zudem sicher, dass in regelmässigen Abständen darüber gesprochen wird und daraus faktenbasierte Entscheidungen abgeleitet werden. Und zu guter Letzt, entwickeln Sie Ihr HR-Kennzahlencockpit in Etappen und im Einklang mit den unternehmerischen Herausforderungen. Versuchen Sie nicht, im ersten Wurf gleich einen Rolls-Royce mit allen erdenklichen Schikanen auf die Strasse zu bringen. Stellen Sie sich vielmehr auf einen mehrstufigen Entwicklungsprozess ein, dessen Ergebnis am Ende hält, was es verspricht.

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