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Tatort Arbeitsplatz: Vom einfachen Diebstahl zum «Psychopath in Nadelstreifen»

Kriminelle Handlungen am Arbeitsplatz stellen für viele Betroffenen eine grosse Herausforderung dar. Anstelle diese zu klären, wird ein Delikt aus Gründen der Loyalität verschwiegen. Der erlittene Schaden stellt für das Unternehmen und in vielen Fällen für die Betroffenen, eine hohe Belastung dar. Je nach Ausmass kann dies zu belastenden posttraumatischen Belastungsstörungen führen.

24.05.2022 Von: Stephan Siegfried
Tatort Arbeitsplatz

So erkennen Sie «White Collar Psychopaths»

Ein Balanceakt des gesunden Menschenverstandes

Wenn unredliche Vorgesetzte ihrer Vorbildfunktion nicht nachkommen und Mitarbeitende sich auf Kosten des Arbeitgebers bereichern, verzichten in der Regel Angestellte oder Kollegen aktiv zu werden. Wer will wegen eines entwendeten Kugelschreibers die Wahrheit sagen und seinen Job aufs Spiel setzen? Wo ist die Grenze des ethisch-moralisch vertretbaren? Wann ist eine Personalmassnahme in Form eines Verweises angezeigt und wann liegt eine strafrechtlich relevante Tat vor? Welchen Herausforderungen stehen die HR-Verantwortlichen gegenüber? Wie lässt sich ein grösserer Schaden, der einzutreffen droht, frühzeitig vermieden werden ohne Misstrauen zu erzeugen?

Wenn jemand einen Kugelschreiber des Betriebes nach Hause nimmt und diesen für private Angelegenheiten verwendet, ist dies tolerierbar. Vor allem, wenn diese Person private Schreibutensilien für das Büro verwendet. Zwischen redlichen und unredlichen Handlungen ist die Grenze fliessend. Während in Firmen vieles intern (über-)reglementiert wird, steht für andere der «gesunde Menschenverstand» im Vordergrund. Dies sicherzustellen ist ein Balanceakt: wenn jemand kriminell agieren will, wird diese Person dies zum gegebenen Zeitpunkt tun. In diesen Fällen stellen die entsprechenden Gesetze und Reglemente keine Abschreckung dar. Menschen, die gewissenlos handeln, verüben in den meisten Fällen zum gegebenen Zeitpunkt eine oder mehrere kriminelle Handlungen. Demgegenüber wird es gewissenhaften Menschen schwer fallen, eine Straftat zu begehen.

Kriminelles Verhalten erkennen und rechtzeitig handeln

Einfache Betrugsfälle lassen sich mittels des Fraud- (Betrug) Managements erklären. Ende der 50er Jahre hat der Wirtschaftskriminologe Dr. Donald Cressey das «Fraud Triangle» (Betrugsdreieck) entwickelt. Menschen werden kriminell, wenn sich eine Gelegenheit ergibt, ein Druck besteht und der Täter sich einer inneren Rechtfertigung bedient. 

Herausfordernd für Vorgesetzte und HR-Mitarbeitende, ist das die so genannten Psychopathen in Nadelstreifen zu erkennen. Diese spielen in einer anderen Liga als die Gelegenheitskriminellen. Sie bevorzugen Tätigkeiten, bei denen sie ihrem Bedürfnis nach Geld und Macht folgen. Durch ihre unerschrockene Art andere zu belügen und zu manipulieren, halten sie sich vielfach schadlos. Früher oder später richten sie einen beträchtlichen, in anderen Fällen einen desaströsen Schaden an. Der meistgehasste 32-jährige Manager Martin Shkreli ist ein Beispiel von vielen.

Achtsam bei der Rekrutierung

Die kaum auf Anhieb erkennbaren psychopathischen Verhaltensmuster stellen bei der Personalselektion eine grosse Herausforderung dar. Der Psychoanalytiker Otto F. Kernberg warnt davor, sich bei der Wahl einer neuen Führungskraft auf den «oberflächlichen Eindruck scheinbarer Anpassungsfähigkeit und charmanter Umgangsweisen zu verlassen. Das Geschick, augenblickliche Situationen einzuschätzen, die Fähigkeit, Konflikte kurzfristig zu klären, die Neigung, sich niemanden zum Feind zu machen und ungestümer Ehrgeiz sind nicht unbedingt Merkmale einer guten Führungskraft». Viel mehr sind für das Personalmanagement bei der Rekrutierung Antworten zu folgenden Fragen relevant:

  1. Wie gross ist die Kreativität, die der/die Kandidat/-in in der Vergangenheit auf seinem Gebiet bewiesen hat?
  2. Inwieweit bezieht er/sie seine/ihre Erfüllung aus seiner beruflichen Tätigkeit? Inwieweit bleibt ihm/ihr diese Quelle erhalten, sobald er/sie seine/ihre Managementfunktion übernimmt?
  3. Inwieweit befriedigt ihn seine Kreativität als Manager, ohne dass er auf Beifall und Bewunderung anderer angewiesen ist?
  4. Ist sich die künftige Führungskraft «grundlegender professioneller Werte» bewusst und fühlt sich ihnen verpflichtet? Richtet er das Augenmerk auf Aspekte, die gerade «in» sind und kurzfristig (für ihn/sie) als gewinnträchtig erscheinen?
  5. Inwieweit beweist der/die Kandidat/in den Mut, offen über seine/ihre Überzeugungen einzutreten, statt Konflikte mit Rücksicht auf Macht und Prestige auszunutzen?
  6. Freut sich der/die Kandidat/in über das Wachstum und die Entwicklung anderer Menschen?
  7. Verfügt der/die Bewerber/in über dauerhafte Hobbys, an denen er/sie - trotz Mühen und Zeitmangel - festzuhalten vermag?
  8. Führt der/die Bewerber/in eine glückliche respektvolle (private) Beziehung?
  9. Ist er/sie in der Lage, Menschen mit weniger hoch qualifizierten Tätigkeiten, anständig zu behandeln?

Es geht darum, psychopathische Persönlichkeits-Merkmale nicht fälschlicherweise als Führungsqualitäten zu interpretieren. Psychopathischen Eigenschaften sind in gewissen Berufen gefragt und erwünscht. In Kombination mit anderen Kern-Eigenschaften der Psychopathie führt dies zu riskanten Folgen für das Unternehmen. Die richtigen Personalentscheide zu treffen ist herausfordernd.

Mögliche Auswirkungen psychopatischen Verhaltens am Arbeitsplatz

  • Mobbing der Mitarbeiter am Arbeitsplatz
  • Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz
  • rechtliche Verbindlichkeiten
  • Aktionäre verlieren ihre Investitionen
  • Kapitalismus verliert an Glaubwürdigkeit
  • Mitarbeiter verschwenden Zeit
  • mässige Leistung der Mitarbeiter
  • erhöhte Arbeitsbelastung
  • schwierige Arbeitsbedingungen
  • schlechte Zufriedenheit am Arbeitsplatz
  • geringe Wahrnehmung der sozialen Verantwortung des Unternehmens
  • erhöhte Fluktuationsraten und Krankheitsfälle
  • Arbeitsversäumnis
  • erhöhtes Mass an Konflikten – einseitige Argumente, schreien, Grobheit nach dem Motto «teile und herrsche»
  • kontraproduktives Arbeitsverhalten

Möchten Sie erfahren wie Sie Psychopathen am Arbeitsplatz identifizieren können? Hier erhalten Sie eine kostenlose Checkliste zum Download.

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