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Arbeitsvertrag befristet: Tücken und Lösungen für Arbeit auf Abruf und befristete Arbeitsverträge

Flexibilisierung von Arbeit ist ein zunehmendes Bedürfnis. Die Arbeit auf Abruf und der Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen stellen zwei weit verbreitete Formen für die Befriedigung dieses Bedürfnisses dar. Welche Stolpersteine Sie bei diesen beiden Formen unbedingt beachten müssen, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.

11.01.2022 Von: Andrin Hofstetter
Arbeitsvertrag befristet

Tücken und Lösungen

Arbeit auf Abruf geniesst einen zwiespältigen Ruf, da sie sich in einem Spannungsverhältnis befindet zwischen dem wirtschaftlichen Bedürfnis des Arbeitgebers, bei Bedarf rasch eine Arbeitskraft abrufen zu können, und dem Bedürfnis des Arbeitnehmers, Gewissheit darüber zu haben, genügend abgerufen zu werden, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Auch der «Arbeitsvertrag befristet» kann die gewünschte Flexibilisierung bringen, solange durch die Wahl dieser Vertragsform nicht beabsichtigt wird, zwingende Gesetzesbestimmungen zu umgehen. Nachfolgender Beitrag soll aufzeigen, welche Tücken die Wahl der einen oder anderen Form mit sich bringt und welche Lösungen dafür bereitstehen könnten.

Arbeit auf Abruf

Arbeit auf Abruf kennt verschiedene Ausgestaltungsformen. Den Formen gemeinsam ist, im Unterschied zur Gelegenheits- oder Aushilfsarbeit, dass sie auf Dauer angelegt sind und nicht nur Arbeit zu leisten ist, sondern, je nach Form, man sich für einen Einsatz bereitzuhalten hat. Hat sich ein Arbeitnehmer für einen Einsatz bereitzuhalten und einem Abruf Folge zu leisten, so spricht man von echter Arbeit auf Abruf. Bei der unechten Arbeit auf Abruf hingegen besteht eine Pflicht zur Arbeitsleistung nur dann, wenn der Arbeitnehmer einen Abruf annimmt. Bei der unechten Arbeit auf Abruf hat der Arbeitnehmer demnach ein Ablehnungsrecht.

Für den Arbeitnehmer ist dieser «Abruf bei Bedarf» mit Unsicherheit verbunden, da er ohne die Vereinbarung eines garantierten Mindestpensums regelmässig nicht weiss, wie viel er abgerufen wird, und deshalb auch keine Gewissheit darüber besteht, ob er genügend Einkommen erzielen kann. Damit wird bei der echten Arbeit auf Abruf das Betriebsrisiko des Arbeitgebers (fehlende Arbeit) auf den Arbeitnehmer überwälzt, was nach der Regel von Art. 324 OR grundsätzlich unzulässig ist. Trotzdem: Echte Arbeit auf Abruf ist zulässig (BGE 124 III 249 E.2a). Damit steht aber der nachvollziehbare Bedarf, einen Arbeitnehmer flexibel abrufen zu können, in einem Spannungsverhältnis mit der ebenso nachvollziehbaren Regel, das Betriebsrisiko des Arbeitgebers nicht auf den Arbeitnehmer zu überwälzen.

Das gilt es bei der Vertragsgestaltung zu beachten:

1. Entschädigung für die Rufbereitschaft

Der Arbeitnehmer ist, solange er sich für den Arbeitgeber für einen allfälligen Einsatz bereitzuhalten hat (Rufbereitschaft), zu einem reduzierten Ansatz zu entschädigen. Wird der für die Dauer der Rufbereitschaft zu bezahlende Lohn nicht vereinbart, so wird im Streitfall das Gericht die Höhe nach Üblichkeit oder Billigkeit festsetzen. Weder das Gesetz noch die Rechtsprechung gibt vor, wie hoch dieser Ansatz im Einzelfall sein soll, weshalb, um unschöne Überraschungen zu vermeiden, der Ansatz vereinbart werden sollte. Der Ansatz sollte dann höher sein, wenn der Arbeitnehmer einem Abruf umgehend Folge zu leisten hat. Je stärker der Arbeitnehmer in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist, desto höher müsste die Rufbereitschaft entschädigt werden.

2. Ferienlohn

Der Ferienlohn ist auch bei Arbeit auf Abruf während der Ferien zu bezahlen. Es ist damit (von wenigen Ausnahmefällen abgesehen) nicht zulässig, den Ferienlohn als Zuschlag mit dem normalen Lohn auszubezahlen.

Wichtiger Hinweis: Wird der Ferienlohn dennoch mit dem normalen Lohn ausbezahlt (was weitverbreitete Praxis ist), riskiert der Arbeitgeber, am Ende des Arbeitsverhältnisses den Ferienlohn nochmals bezahlen zu müssen. Als Berechnungsbasis für den Ferienlohn wird auf den monatlich erzielten Durchschnittslohn abgestellt.

3. Recht auf Arbeitszuweisung?

Ein Arbeitnehmer hat – so weit ersichtlich ist – im ungekündigten Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Arbeitszuweisung. Damit trägt – wie bereits gesehen – der Arbeitnehmer das Risiko des Arbeitgebers, dass er aufgrund fehlender Arbeit nicht abgerufen wird. Diese Situation kann für einen Arbeitnehmer, welcher sich dauernd für einen einzigen Arbeitgeber in Rufbereitschaft zu halten hat, aber nicht abgerufen wird und damit seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann, unerträglich sein.

Dagegen ist höchstrichterlich klargestellt, dass ein Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis einen Anspruch darauf hat, im üblichen Rahmen vom Arbeitgeber abgerufen zu werden. Wird der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht mehr abgerufen, hat er also dennoch Anspruch auf den durchschnittlichen Lohn, den er vor der Kündigung verdient hat. Die weit verbreitete Meinung, während der Kündigungsfrist weder abrufen noch Lohn bezahlen zu müssen, ist demnach falsch. Immerhin kann das finanzielle Risiko durch Vereinbarung einer kurzen Kündigungsfrist eingeschränkt werden.

Grundsätzlich könnte die Rechtsprechung, welche dem Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Arbeitszuweisung gewährt, auch während des ungekündigten Arbeitsverhältnisses Anwendung finden. Damit würde aber dann konkret die gewünschte Flexibilisierung verloren gehen und ganz grundsätzlich auch die Zulässigkeit der echten Arbeit auf Abruf infrage stehen. Bei unregelmässigem Abrufbedarf ist es deshalb im Interesse beider Parteien, auf die unechte Arbeit auf Abruf auszuweichen, bei der dem Arbeitnehmer ein Ablehnungsrecht eingeräumt wird. Letzterem steht es damit insbesondere frei, weitere Stellen anzunehmen, womit er sein Risiko vermindern kann.

Befristete Arbeitsverträge

Die Gründe für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags sind mannigfaltig. Befristete Arbeitsverträge werden etwa bei Mutterschaftsvertretungen, bei der Anstellung für die Erfüllung eines bestimmten Projekts oder in gewissen saisonal abhängigen Branchen, wie etwa der Hotellerie, abgeschlossen. Wirtschaftliche Überlegungen, etwa um die Lohnstruktur schlank zu halten, sind ebenso häufig Grund für die Wahl dieser zeitlich befristeten Arbeitsform. Der grosse Vorteil des «Arbeitsvertrag befristet» ist, dass sie ohne Kündigung enden. Damit entfallen namentlich auch die zunehmend für Schwierigkeiten sorgenden Kündigungsanfechtungen. Auch Sperrfristen wegen Krankheiten etc. sind beim befristeten Arbeitsvertrag kein Thema, da eine Sperrfrist mangels Kündigungsmöglichkeit erst gar nicht ausgelöst werden kann. Keine gute Idee ist es jedoch, einen befristeten Arbeitsvertrag genau deshalb abzuschliessen. Würde im Streitfall ein solches Motiv gerichtlich erkannt, läge ein Umgehungsgeschäft vor und die umgangenen Normen (z.B. die Kündigungsfristen und die Bestimmungen über den zeitlichen sowie den sachlichen Kündigungsschutz) würden trotzdem zur Anwendung gelangen. Dieses Risiko besteht namentlich dann, wenn mehrere befristete Verträge mit demselben Arbeitnehmer ohne ersichtlichen sachlichen Grund nahtlos aneinandergereiht werden. Solche Konstellationen interpretiert die Rechtsprechung als einheitliches und unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der ganzen Palette an gesetzlichen Rechtsfolgen. Damit bleibt die Einsatzmöglichkeit befristeter Arbeitsverträge beschränkt.

Beim Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags empfiehlt es sich, die nachfolgend erwähnten Punkte zu beachten:

1. Sachlicher Grund für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags

Bei «Arbeitsvertrag befristet» und insbesondere auch bei weiteren Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge sollte der Grund für die Wahl der zeitlichen Befristung im Vertrag genannt werden. Die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen (sogenannte Kettenarbeitsverträge) ist, solange ein sachlicher Grund für die Befristung besteht und damit nicht die Umgehung von zwingenden Gesetzesbestimmungen bezweckt wird, nämlich nicht verboten. Machen sich die Parteien über den Grund der Befristung vor Vertragsschluss Gedanken und wird dieser dann vertraglich spezifiziert und im Alltag auch tatsächlich gelebt, kann die Gefahr, dass ein Gericht auf ein unzulässiges Umgehungsgeschäft schliesst, zwar nicht ausgeschlossen, aber stark reduziert werden.

2. Klare Vereinbarung der befristeten Dauer

Damit ein befristetes Arbeitsverhältnis auch tatsächlich nach Ablauf der vereinbarten Dauer ohne Kündigung endet, ist eine klare Regelung erforderlich. Ist die vereinbarte Regelung unklar oder fehlt sie gänzlich, gilt der Arbeitsvertrag als unbefristet und müsste mit den gesetzlich vorgeschriebenen Fristen gekündigt werden. Genügend klar wäre etwa folgende Regelung: «Das Arbeitsverhältnis dauert vom 1. September 20xx bis zum 30. Juni 20xx und endet dann automatisch und ohne Kündigung.»

Wichtiger Hinweis: Zu beachten ist zudem, dass auch bei einer befristeten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses eine klare Regelung getroffen wird. Würde das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der vereinbarten Dauer nämlich ohne klare Vereinbarung einer weiteren befristeten Verlängerung fortgesetzt, so würde das Arbeitsverhältnis fortan als unbefristet gelten und könnte wiederum nur durch Kündigung beendet werden.

3. Probezeit

Wird in einem befristeten Arbeitsverhältnis keine Probezeit vereinbart, so gilt auch keine. Es bestünde damit keine Möglichkeit, eine Probezeitkündigung zu erklären. Es empfiehlt sich daher, insbesondere bei auf längere Zeit angelegten befristeten Vertragsverhältnissen, eine Probezeit von ein bis zu drei Monaten im Arbeitsvertrag zu vereinbaren. In der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis, sofern nichts anderes vereinbart wurde, bis zum Ablauf der Probezeit mit einer Frist von sieben Tagen auf jeden Kalendertag, und zwar auch zur Unzeit, d.h. bei Militärdienst, Krankheit, Unfall, Schwangerschaft etc., gekündigt werden.

4. Vorzeitige Beendigung/fristlose Kündigung

Zu beachten ist ferner, dass eine vorzeitige Vertragsauflösung (abgesehen von einer vereinbarten Kündigung während der Probezeit) nur in gegenseitigem Einvernehmen oder als fristlose Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grunds, welcher die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für eine Vertragspartei unzumutbar macht, möglich ist.

5. Vereinbarung von Kündigungsmöglichkeiten im befristeten Arbeitsvertrag

Es ist aber zulässig, Kündigungsmöglichkeiten auch im befristeten Arbeitsverhältnis zu vereinbaren. Der Arbeitsvertrag endet dann spätestens mit Ablauf der vereinbarten Dauer ohne Kündigung, kann aber beidseitig schon vorher mit den vereinbarten Fristen gekündigt werden. Zu beachten ist diesfalls, dass bei der Beanspruchung der Kündigungsmöglichkeit selbstverständlich der sachliche wie der zeitliche Kündigungsschutz gilt. Mithin kann eine solche Kündigung angefochten werden, oder aber es kann eine Kündigung zur Unzeit wie etwa bei Krankheit, Unfall, Schwangerschaft etc. gar nicht erst rechtsgültig erklärt werden.

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