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Revision Aktienrecht: Diese Entwicklungen gilt es zu beachten

Hauptziele der am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Aktienrechtsreform wardie Verbesserung der Corporate Governance inklusive Stärkung der Aktionärsrechte, die Modernisierung der Generalversammlung und die Flexibilisierung der Kapitalvorschriften. Im Folgenden wird eine Auswahl praxisrelevanter Neuerungen dargestellt.

29.03.2023 Von: Severin Boog, Alessandro Giangreco
Revision Aktienrecht

Aktienkapital und Währungswechsel

Das Aktienkapital beträgt immer noch mindestens CHF  100000.– (Art.  621 nOR). Aktiengesellschaften und GmbH können aber neu ihr Grundkapital auch in einer zulässigen FIAT-Fremdwährung wie Euro, US-Dollar, britisches Pfund oder japanischer Yen angeben, wenn dies ihre funktionale Währung ist. Ein Währungswechsel ist jeweils zu Beginn eines Geschäftsjahrs möglich. Bei einem Aktienkapital in Fremdwährung sind sämtliche kapitalbezogenen Aspekte (z.B. Dividenden, Reserven, Überschuldung) nach der entsprechenden Fremdwährung zu beurteilen. Der Nennwert von Aktien kann kleiner sein als das heutige Minimum von CHF  0.01, muss jedoch grösser sein als null (Art. 622 Abs. 4 nOR). Die nennwertlose Aktie gibt es somit auch im neuen Aktienrecht nicht. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass Inhaberaktien nur noch dann zulässig sind, wenn die Gesellschaft börsenkotiert ist oder ihre Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet hat (Art. 622 Abs. 1bis OR).

Kapitalband

Eine bedeutende Flexibilisierung bringt das neu eingeführte Kapitalband mit einer Bandbreite von plus 50% bzw. minus 50% des bestehenden Aktienkapitals (Art.  653s  ff. nOR). Mit diesem Institut kann der Verwaltungsrat ermächtigt werden, das Aktienkapital während bis zu fünf Jahren im Rahmen dieser Bandbreite zu erhöhen und/oder herabzusetzen.

Zulässigkeit einer Zwischendividende

Das neue Aktienrecht lässt eine Zwischendividende zu (Art.  675a nOR), wenn die Voraussetzungen für eine Dividendenausschüttung gegeben sind. Weiter muss ein geprüfter Zwischenabschluss vorliegen (Ausnahme Opting-out), oder sämtliche Aktionäre müssen zustimmen, und die Forderungen der Gläubiger dürfen durch die Ausschüttung der Zwischendividende nicht gefährdet sein.

Nutzung digitaler Technologien bei der Generalversammlung

Seit dem 1. Januar 2023 sind sogenannte COVID-19-Generalversammlungen nicht mehr zulässig. Das neue Recht ermöglicht es, die Generalversammlung (GV) auf elektronischem Weg ohne Tagungsort (z.B. Videokonferenz) oder hybrid durchzuführen, sofern die Statuten dies vorsehen (Art.  701d nOR). Zudem setzt die virtuelle Generalversammlung die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters voraus, oder die Statuten von nicht kotierten Gesellschaften beinhalten einen Verzicht hierauf. Weiter muss der Verwaltungsrat die Verwendung der elektronischen Mittel anlässlich der GV regeln und dabei insbesondere die korrekte Ausübung der Aktionärsrechte und die unverfälschte Stimmabgabe gewährleisten.

Stärkung der Aktionärs- und Minderheitenrechte

Bei nicht kotierten Gesellschaften können Aktionäre, die zusammen mindestens 10% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, neu dem Verwaltungsrat (VR) jederzeit und nicht nur an der GV Fragen unterbreiten, welche der VR innert vier Monaten beantworten muss (Art. 679 Abs. 2 und 3 nOR). Weiter steht den Aktionären, die mindestens über 5% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte von nicht kotierten Gesellschaften verfügen, das Recht zu, die Geschäftsbücher und Akten einzusehen. Der VR hat wiederum innert vier Monaten Einsicht zu gewähren, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 697a nOR). Ausserdem wurde der Schwellenwert für Minderheitsaktionäre bei nicht kotierten Gesellschaften für die Einberufung von einer ausserordentlichen GV (Art.  699 Abs.  3 Ziff.  1 nOR) und die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen an der GV (Art. 699b Abs. 1 Ziff. 1 nOR) von 10% auf 5% herabgesetzt.

Änderungen im Zusammenhang mit dem Verwaltungsrat

Mit der Aktienrechtsrevision wurden die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des VR um zwei Pflichten erweitert: um die Einreichung eines Nachlassstundungsgesuchs (Art.  716a Abs.  1 Ziff.  7 nOR) und bei kotierten Gesellschaften um die Erstellung des Vergütungsberichts (Art.  716a Abs.  1 Ziff. 8 nOR).

Was die Finanzkontrolle des VR anbelangt, war dieser bisher erst bei einem Kapitalverlust zu expliziten Handlungen verpflichtet. Neu hat der VR explizit auch die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zu überwachen und bei drohender Zahlungsunfähigkeit mit gebotener Eile zu handeln (Art.  725 nOR). Bei einem Kapitalverlust sind die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen und nur noch wenn nötig eine GV einzuberufen (z.B. für Kapitalherabsetzung). Neu kann zudem die Benachrichtigung des Richters im Überschuldungsfall unterlassen werden, wenn begründeteAussicht besteht, die Überschuldung innert höchstens 90 Tagen zu beheben (Art. 725b OR).

Handlungsbedarf

Bestimmungen in Statuten, die dem neuen Aktienrecht widersprechen, bleiben bis zum 1.  Januar 2025 in Kraft, müssen aber bis dahin geändert werden. Für Gesellschaften empfiehlt es sich deshalb, die bestehenden Statuten und Reglemente zu überprüfen und zu entscheiden, ob und wann sie anzupassen sind

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