Ausbau der Eisenbahninfrastruktur
Das Schweizervolk hat im Februar 2014 den Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) gutgeheissen. Damit wurde die gesetzliche Grundlage zur Schaffung eines Fonds für die Finanzierung der Bahninfrastruktur geschaffen. Gespeist wird der Fonds teilweise aus bestehenden (z.B. LSVA) und teilweise aus neuen Quellen. Zu den neuen Finanzierungsquellen gehört u.a. die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten Unselbstständigerwerbender für den Weg zwischen Wohn- und Arbeitsort, welche am 1. Januar 2016 eingeführt wurde.
Anpassung der Steuergesetze
Im Rahmen der FABI-Vorlage wurde per 1. Januar 2016 das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) geändert. Neu sieht Art. 26 DBG vor, dass der Berufskostenabzug für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort auf maximal CHF 3000.– begrenzt ist. Gegenüber der bisherigen Regelung erleiden somit Pendler zukünftig einen finanziellen Nachteil.
Gleichzeitig wird Art. 9 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) geändert und ermöglicht es den Kantonen, für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort ebenfalls einen Maximalabzug vorzusehen (fakultative Möglichkeit). Während einige Kantone wohl ebenfalls die Regelung der direkten Bundessteuer übernehmen, werden andere Kantone höhere Abzüge zulassen oder gänzlich auf die Begrenzung verzichten.
Auswirkungen auf die Nutzung des öffentlichen Verkehrs
Durch den pauschalierten Maximalbetrag können Pendler bzw. Arbeitnehmer mit längeren Arbeitswegen nicht mehr sämtliche effektiven Kosten des Arbeitswegs zur Ermittlung des steuerbaren Einkommens geltend machen, und entsprechend soll damit der andauernde Trend zu längeren Arbeitswegen eingedämmt werden. Steuerpflichtige, die ihren Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen, müssen bei einem Generalabonnement sowohl der 1. Klasse (aktueller Preis von CHF 5970.–) wie auch der 2. Klasse (aktueller Preis von CHF 3655.–) Kürzungen in Kauf nehmen. Selbst regionale Abonnemente können u.U. nicht mehr vollständig abgezogen werden (z.B. ZVV-NetzPass 1. Klasse für alle Zonen). Die Beschränkung des Fahrkostenabzugs hat teilweise auch auf jene Arbeitnehmer Auswirkungen, denen der Arbeitgeber ein Generalabonnement zur Verfügung stellt.
Auswirkungen auf die Nutzung von Privat- und Geschäftsfahrzeugen
Neben dem öffentlichen Verkehr wirkt sich FABI auch auf den Individualverkehr aus. Nutzt ein Arbeitnehmer sein Privatfahrzeug für den Arbeitsweg, so ist der Fahrkostenabzug neu auf rund 18 km Arbeitsweg bzw. rund 9 km einfache Wegstrecke begrenzt (240 Arbeitstage à 18 km à 70 Rappen). Übersteigt die einfache Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort 9 km, so kann daher ein Teil der Fahrkosten zukünftig steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden.
Neben den Privatfahrzeugen soll auch die Nutzung von Geschäftsfahrzeugen zu Aufrechnungen führen. Aktuell können Steuerpflichtige, denen ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestellt wird, die Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort nicht geltend machen. Für die private Nutzung des Geschäftsfahrzeugs wird ihnen vom Fahrzeugkaufpreis (exkl. MWST) ein Privatanteil von 0,8% pro Monat (bzw. 9,6% pro Jahr) aufgerechnet, der als Lohnbestandteil der Einkommenssteuer (sowie den Sozialversicherungsabgaben und der Mehrwertsteuer) unterliegt. Alternativ kann der Privatanteil auch aufgrund der effektiv gefahrenen Kilometer, welche mittels Bordbuch nachzuweisen sind, abgerechnet werden. Ab Januar 2016 soll neben dem Privatanteil zusätzlich auch jener Teil der Fahrkosten für den Arbeitsweg aufgerechnet werden, der den Betrag von CHF 3000.– übersteigt.
Praxisbeispiel
Beträgt der Arbeitsweg beispielsweise 30 km pro Wegstrecke, so fallen bei 240 Arbeitstagen und einem Kilometeransatz von 70 Rappen Fahrkosten in Höhe von CHF 10 080.– an. Unter Berücksichtigung der Fahrkostenpauschale von CHF 3000.– resultiert für den Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2016 ein zusätzlich steuerbares Einkommen von CHF 7080.–.
Begründet wird diese zusätzliche Aufrechnung damit, dass der Privatanteil nur private Fahrten abdeckt, nicht jedoch den Arbeitsweg (im Gegenzug kann aber kein Fahrkostenabzug geltend gemacht werden; aus verfahrensökonomischen Gründen wurde nämlich darauf verzichtet, den Privatanteil um die Fahrkosten für den Arbeitsweg zu erhöhen, da der Arbeitnehmer gleichzeitig wieder den Fahrkostenabzug hätte geltend machen können). Deshalb müsse aufgrund der FABI-Vorlage eine weitere Aufrechnung für den Arbeitsweg erfolgen.
Unklar ist, ob bei quellenbesteuerten Arbeitnehmern Auswirkungen für den Arbeitgeber resultieren. Ebenfalls offen ist beispielsweise, wie bei Arbeitnehmern vorzugehen ist, die teilweise von zu Hause aus (Home Office) arbeiten, die mittels Sammeltransporten zum Arbeitsort befördert werden oder die im Aussendienst tätig sind und morgens statt zum Arbeitsort direkt zum Kunden fahren.
Hinweis
Die zusätzliche Aufrechnung bei Geschäftsfahrzeugen soll durch den Arbeitnehmer in seiner privaten Steuererklärung vorgenommen werden (als übriges Einkommen) und er kann dann zugleich den maximalen Fahrkostenabzug von CHF 3000.– geltend machen (alternativ wäre auch denkbar gewesen, dass die Aufrechnung auf dem Lohnausweis deklariert werden muss). Aus Praktiabilitätsgründen soll dieses Vorgehen gemäss Verlautbarungen aus dem Bundesamt für Sozialversicherungen auch für die Sozialversicherungsbeiträge gelten.
Ungleichbehandlung selbstständig Erwerbender
Die Kosten für die Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort gelten auch für selbstständig Erwerbstätige als abziehbare Aufwendungen und reduzieren entsprechend deren steuerbares Einkommen. Für Geschäftsfahrzeuge ermittelt sich der Privatanteil nach den gleichen Regeln wie für unselbstständig Erwerbstätige.
Hinweis
Die Umsetzung der FABI-Vorlage betrifft jedoch nur die Berufskosten unselbstständig Erwerbstätiger; selbstständig erwerbstätige Personen sind davon nicht betroffen. Mit anderen Worten wird für selbstständig Erwerbstätige zukünftig keine Begrenzung des Fahrkostenabzugs eingeführt. Im Ergebnis führt dies entsprechend zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung.
Schlussfolgerung zur FABI
Durch die Umsetzung der FABI-Vorlage wird das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durchbrochen. Es ist davon auszugehen, dass die Beschränkung des Fahrkostenabzugs für zahlreiche Arbeitnehmer steuerliche Auswirkungen haben wird. Insbesondere dann, wenn auch auf kantonaler Ebene die Fahrkosten nur noch beschränkt geltend gemacht werden können, wird gerade in ländlichen Gebieten für viele Steuerpflichtige eine nicht unwesentliche Zusatzbelastung resultieren.
Die Umsetzung der FABI-Vorlage schafft zudem neue Ungleichbehandlungen und dürfte wohl noch einige Schwierigkeiten bereiten sowie zu administrativem Mehraufwand führen. Den potenziell betroffenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird empfohlen, die für sie resultierenden Auswirkungen frühzeitig zu klären und allfällig erforderliche Massnahmen zu ergreifen.
Quelle: Dieser Beitrag stammt aus unserem Print-Newsletter Finanz- und Rechnungswesen, Ausgabe 3/November 2015.