Rückzahlung Mietkaution: Verweigerung bis zum Vorliegen der Nebenkostenabrechnung

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Zweck mietvertraglicher Sicherheitsleistungen
Sinn und Zweck der Sicherheitsleistung, auch Depot oder Kaution genannt, ist die Sicherstellung sämtlicher mietvertraglicher Ansprüche des Vermieters, vor allem des Mietzinses. Dessen Bestandteil bilden insbesondere auch die Nebenkosten, und zwar unabhängig davon, ob sie im Mietzins inbegriffen sind oder, wie es heute die Regel ist, auf entsprechende Abrechnung hin separat geschuldet sind.
Art. 257e OR regelt die Sicherheitsleistung (Mietkaution) im Mietrecht:
- Die Kaution ist auf einem Sperrkonto auf den Namen des Mieters zu hinterlegen.
- Die maximale Höhe beträgt drei Monatsmieten (inkl. Nebenkosten) bei Wohnräumen.
- Die Bank darf die Kaution nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf einen rechtskräftigen Entscheid herausgeben.
- Hat der Vermieter innert eines Jahres nach Beendigung des Mietverhältnisses keine Ansprüche rechtlich geltend gemacht, kann der Mieter die «Rückzahlung Mietkaution» verlangen
Erlöschen der Pflicht zur Sicherstellung
Im Gegensatz zu den meisten mietvertraglichen Rechten und Pflichten endet die Pflicht zur Sicherstellung nicht mit dem Kündigungstermin, sondern erst dann, wenn die sicherzustellenden Leistungen restlos erbracht sind, oder wenn die Frist abgelaufen ist, während welcher die Sicherstellung über den Kündigungstermin hinaus gemäss Vertrag oder Gesetz zu leisten ist. Bei der bei der Wohnungsmiete weitverbreiteten klassischen Mietzinskaution ist diese Frist gesetzlich auf ein Jahr nach Beendigung des Mietverhältnisses festgesetzt (Art. 257e Abs. 3 OR). Macht der Vermieter seine Ansprüche innert dieser Frist rechtlich geltend, haftet die geleistete Sicherheit sogar über diese Frist hinaus, bis zur rechtskräftigen Erledigung des entsprechenden Verfahrens.
Betragsmässige Begrenzung der Sicherstellung nach Beendigung des Mietverhältnisses?
Der Vermieter darf einen angemessenen Teil der Kaution bis zur Erstellung der Nebenkostenabrechnung zurückbehalten, wenn eine Nachforderung zu erwarten ist.
Die Praxis und Rechtsprechung verlangen, dass der Rückbehalt verhältnismässig ist. Ein vollständiger Rückbehalt der Kaution bei nur geringfügigen offenen Nebenkosten ist nicht zulässig und kann als rechtsmissbräuchlich beurteilt werden (Art. 2 ZGB – Grundsatz von Treu und Glauben).
Rückzahlung Mietkaution ist grundsätzlich nach der Wohnungsrückgabe und Klärung aller Ansprüche innert angemessener Frist (meist 30 Tage) fällig, sofern keine offenen Forderungen bestehen.
Bei offenen Forderungen (z.B. ausstehende Nebenkosten) kann der Rückbehalt bis zu 12 Monate dauern. Nach Ablauf eines Jahres ohne rechtliche Schritte des Vermieters muss die Bank die Kaution freigeben.
Die Rechtsprechung (u.a. Bundesgericht BGE 132 III 24) und die Lehre bestätigen, dass der Rückbehalt der Kaution für zu erwartende Nachforderungen aus der Nebenkostenabrechnung zulässig ist, jedoch nur in angemessenem Umfang.
Die genaue Höhe des zulässigen Rückbehalts liegt im Ermessen des Gerichts und hängt vom Verhältnis zwischen mutmasslicher Nachforderung und Kautionssumme ab. Ein Rückbehalt des gesamten Depots bei einer sehr kleinen Nachforderung ist missbräuchlich.
Die Praxis empfiehlt, den voraussichtlichen Nachforderungsbetrag zurückzubehalten und den Rest der Kaution freizugeben.
Grundsätzlich hat der Mieter keinen Anspruch darauf, den voraussichtlich nicht beanspruchten Teil der Sicherheit frühzeitig wieder ausbezahlt zu erhalten. Insbesondere dann, wenn Rückgabemängel vorkommen oder sogar der letzte (oder mehrere) Mietzins(en) nicht bezahlt wurde(n), würde eine solche Teilfreigabe einen unverhältnismässigen und dem Vermieter nicht zumutbaren Aufwand darstellen.
Beispiel: Der Vermieter darf eine Sicherheit von CHF 10'000.00 vollumfänglich zurückbehalten, wenn in einer solchen Konstellation mutmassliche Forderungen (Rückgabemängel) von "nur" CHF 4'000.00 vorliegen.
Der Rückbehalt der ganzen Sicherheit entspricht jedoch nicht dem im Vertragsrecht generell geltenden Gebot des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 2 ZGB) und erst recht nicht mit dem im Mietrecht speziell verankerten Gebot der schonenden Rechtsausübung, wenn nur eine sehr geringfügige Nebenkostennachzahlung offen ist, welche in einem krassen Missverhältnis zum Betrag der Sicherheit steht, wie beispielsweise eine mutmassliche Nebenkostennachzahlung von CHF 300.— bis CHF 500.— im Vergleich zu einer bestehenden Sicherheit von CHF 10'000.—.
Ab welchem Verhältnis zwischen mutmasslicher Nebenkostennachforderung und Sicherheit der Rückbehalt der ganzen Sicherheit als missbräuchlich und damit rechtswidrig zu beurteilen ist, obliegt im Streitfall dem richterlichen Ermessen.
Praxistipps bei Rückzahlung Mietkaution: Es empfiehlt sich in den vorerwähnten Konstellationen als pragmatische Lösung, um den Interessen von Vermieter und Mieter gerecht zu werden, einen genügend grosszügig berechneten Betrag der Sicherheitsleistung, welcher die offenen Nebenkosten grosszügig deckt, zurückzubehalten und den Rest dem Mieter freizugeben. Noch einfacher und pragmatischer ist, wenn sich der Vermieter und der Mieter auf einen mutmasslichen Nebenkostennachzahlungsbetrag per Saldo aller Ansprüche einigen, vor allem bei privaten Vermietern.