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Immobilienbewertung: Begriffsdefinitionen der verschiedenen Werte

In der Immobilienbewertung gibt es viele Bewertungsmethoden und Begriffe. Alle sind in den Swiss Valuation Standards definiert. Daneben gibt es weitere veraltete oder inoffizielle Begriffe. Dieser Beitrag verschafft einen Überblick über die Terminologie und erklärt sie einfach und verständlich.

03.03.2022 Von: Beat Ochsner
Immobilienbewertung

Swiss Valuation Standards

Die Swiss Valuation Standards (SVS) stellen für Schweizer Verhältnisse eine Besonderheit dar. Sie wurden gemeinsam von fast allen Bewerterverbänden und den grossen Bewerterfirmen erarbeitet. Anders verhält es sich mit den zahlreichen «Bewerterhandbüchern», die jeder dieser Verbände herausgegeben hat. Die Verbände vertreten darin ihre eigenen Lehren und Meinungen, die teils von den Swiss Valuation Standards abweichen.

Die Swiss Valuation Standards sind im Bewertungswesen dann wichtig, wenn es um die Definitionen rund um die Immobilienbewertungen geht. Sie haben jedoch einen Nachteil: Sie beschreiben nur die Wertbegriffe und die Bewertungsmethoden, nicht jedoch, wie die Methoden angewendet werden können. Die Swiss Valuation Standards sind also ein Regelwerk, nicht jedoch ein Handbuch.

Seit es die Swiss Valuation Standards gibt, haben sich die Begrifflichkeiten dahingehend geändert, dass nicht mehr von schätzen oder schatzen, sondern von bewerten die Rede ist. Es ist nicht mehr der Schätzungsexperte, sondern der Bewertungsexperte, der ein Bewertungsgutachten erstellt. Die Begriffe Schätzen und Schatzen gelten als veraltet.

Marktwert / Verkehrswert

Die beiden Wertdefinitionen Marktwert und Verkehrswert sind bei einer Immobilienbewertung die wichtigsten Begriffe und bezeichnen den Wert einer Liegenschaft. Die beiden Begriffe sind Synonyme. Der Verkehrswert ist eine ältere Definition, während in der modernen Bewertungslehre ausschliesslich der Terminus Marktwert verwendet wird. Beide Begriffe gelten seit jeher als gleichbedeutend. Trotzdem ist die Meinung noch weit verbreitet, dass der Verkehrswert einen eher konservativen, marktabweichenden Wert repräsentiert, während der Marktwert den Wert am Markt darstellt.

Gemäss Swiss Valuation Standards wird der Markt- beziehungsweise Verkehrswert wie folgt definiert: «Der Marktwert ist der geschätzte Betrag, für welchen ein Immobilienvermögen am Tag der Bewertung zwischen einem verkaufsbereiten Veräusserer und einem kaufbereiten Erwerber, nach angemessenem Vermarktungszeitraum, in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ausgetauscht werden sollte, wobei jede Partei mit Sachkenntnis, Umsicht und ohne Zwang handelt.»

Diese Definition ist so zu verstehen, dass der Markt- beziehungsweise Verkehrswert den «Höchstwert» repräsentiert, nämlich den am Markt erzielbaren Preis. Landläufig gilt jedoch immer noch die Ansicht, dass der Verkehrswert einen «mittleren Wert» darstellt.

Die ergänzenden Erläuterungen der Swiss Valuation Standards zum Marktwert zeigen, dass nicht jedes Ergebnis einer Bewertung ein Markt- oder Verkehrswert sein kann. Immer dann, wenn die auftraggebende Person spezifische Betrachtungen in der Bewertung abgebildet haben möchte – beispielsweise die Betrachtung, wie sich der Wert der Liegenschaft bei einer Verlängerung des Baurechts verändert –, bildet das Ergebnis dieser kundenspezifischen Betrachtungsvariante nicht den Markt- oder Verkehrswert ab. Die SVS halten fest, dass das Ergebnis in einem solchen Fall «Wert aus Investorensicht» genannt werden muss.

Bewertungsmethoden

Unabhängig davon, wie kompliziert eine Liegenschaft oder ein Bewertungsauftrag sein mag, es gibt nur vier mögliche Hauptbewertungsmethoden, um den Auftrag zu lösen:

 

Hauptmethode

Untermethode/andere Namen

Anwendung

  1. Vergleichswertmethode
  • Direkte Methode
  • Indirekte Methode
  • Kennwertmethode
  • BGF-Methode
  • Hedonische Methode
  • Baulandgrundstücke
  • Eigentumswohnungen (STWE)
  • Einfamilienhäuser
  1. Ertragswertmethode
  • Statische Methode
  • Bruttokapitalisierung
  • Renditeliegenschaften

 

  • Dynamische Methode
  • Barwertmethode
  • DCF-Methode
  • Renditeliegenschaften
  1. Sachwertmethode
  • Substanzwert
  • Realwert
  • Sachwert
  • Liegenschaften ohne Ertrag
  • EFH
  1. Residualwertmethode
  • Methode der Rückwärtsrechnung
  • Differenzmethode
  • Baulandgrundstücke
  1. Weitere Methoden
  • Mischwertmethode
  • Mittelwertmethode
  • Lageklassenmethode
  • Strukturzahlmethode und Ambienteschlüssel
  • Punktierungsmethode
  • Ein- und Mehrfamilienhäuser
  • Einfamilienhäuser
  • Realwertmethode (EFH)
  • Realwertmethode (EFH, STWE)
  • Industrieliegenschaften

 

Zu den vier erstgenannten Hauptbewertungsmethoden kommen noch weitere Methoden hinzu. Diese stellen jedoch keine eigentlichen Hauptbewertungsmethoden dar. Sie benötigen – wie beispielsweise im Falle der Mischwert- oder Mittelwertmethode – in der Regel die Ergebnisse einer Hauptbewertungsmethode oder sind Bestandteil der Hauptbewertungsmethode, was unter anderem auf die Lageklassenmethode zutrifft. Lediglich die Punktierungsmethode stellt eine eigenständige Methode dar, wenn auch eine sehr spezifische und wenig gebräuchliche.

    Vergleichswertmethode

    Die Vergleichswertmethode gilt weltweit als wichtigste Bewertungsmethode, obwohl sie in der Schweiz als Folge der fehlenden Marktdaten nicht oder nur beschränkt angewendet werden kann. Die Vergleichswertmethode geht davon aus, dass der Wert der zu bewertenden Liegenschaft von bekannten Vergleichsobjekten abgleitet wird. Dies kann entweder über einen «direkten» Vergleich, das heisst von effektiv bekannten Objekten und Daten geschehen, oder «indirekt» mithilfe von Marktdaten. «Indirekt» bedeutet in diesem Fall, dass mit den Marktdaten zwar ein Vergleich vorgenommen werden kann, der Vergleich aber nur «indirekt» möglich ist, weil die Marktdaten nicht offenlegen, um welche Objekte es sich beim Vergleich handelt. Die wohl bekannteste indirekte Vergleichswertmethode ist eine Bewertung mit den hedonischen Bewertungsmodellen von WüestPartner (WüestDimension), Fahrländer Partner (IMBAS) oder anderen Anbietern.

    In der Schweiz werden die Kaufs- oder Verkaufspreise, mit Ausnahme des Kantons Genf, nicht offengelegt. Daher ist die «direkte» Vergleichswertmethode nicht anwendbar beziehungsweise nur dann anwendbar, wenn der Experte konkrete Vergleichsobjekte aufgrund seiner Tätigkeit kennt. Allerdings ist ein Vergleich selbst dann meist schwierig, weil die Daten der Vergleichsobjekte aktuell und in Bezug auf Lage, Grösse, Baujahr, Bauweise und Ausbaustandard vergleichbar sein müssen. Meist wird die «indirekte» Vergleichswertmethode daher nur im Nachgang zu einer anderen Bewertungsmethode verwendet, um das Ergebnis zu plausibilisieren.

    Ganz anders verhält es sich im Ausland. Hier werden die Transaktionsdaten meistens publiziert und die direkte Vergleichswertmethode wird sogar für Renditeliegenschaften verwendet.

    Ertragswertmethode

    Die Ertragswertmethode basiert auf dem Mietertrag einer Liegenschaft und kommt bei Renditeliegenschaften, sprich Mehrfamilienhäusern, Geschäftshäusern oder Gewerbeliegenschaften zur Anwendung. Basis bildet der aktuelle Mietertrag. Davon werden die aus Sicht des Eigentümers anfallenden Kosten abgezogen. Dazu gehören Mietertragsausfall sowie Betriebs-, Unterhalts- und Instandsetzungskosten. Der verbleibende Ertrag wird kapitalisiert. Erfolgt die Ertragswertberechnung über einen gleich bleibenden Ertrag, handelt es sich um eine «statische» Betrachtung. Im Gegensatz dazu werden bei einer «dynamischen» Betrachtung die Einnahmen und Ausgaben modelliert. Die bekannteste «dynamische» Bewertungsmethode ist die Discounted-Cashflow-Methode (DCF). Hier werden die Einnahmen und Ausgaben der ersten zehn Jahre detailliert eingeschätzt. Diese Methode ist zwar aufwändig, ermöglicht es jedoch, ausserordentliche Ereignisse wie beispielsweise eine Gesamtsanierung und die damit verbundenen Folgen wie steigende Mieten oder tiefere Unterhaltskosten zu berücksichtigen. Die DCF-Methode wird in der Schweiz für die Bewertung von Immobilienfonds und -gesellschaften ausschliesslich verwendet oder von gewissen Rechnungslegungsnormen oder Gesetzen gar vorgeschrieben.

    Nebst der statischen und dynamischen Ertragswertmethode gibt es auch noch die Barwertmethode. Sie gehört ebenfalls zur Ertragswertmethode, ist aber keine statische und auch keine richtige dynamische Betrachtung. Dennoch wird sie zu den dynamischen Methoden gezählt, weil zumindest künftige Sanierungen und der Betrachtungshorizont den jeweiligen Verhältnissen angepasst werden können.

    Bei den dynamischen Bewertungsmethoden findet ausschliesslich eine Nettobetrachtung statt. Das heisst, dass vom Bruttoertrag alle anfallenden Kosten abgezogen werden und dann der Nettoertrag kapitalisiert wird. Anders bei der statischen Betrachtung: Hier ist eine so genannte Bruttokapitalisierung noch weit verbreitet. Statt die anfallenden Kosten vom Ertrag abzuziehen, werden die Kosten im massgebenden Zinssatz mit Zuschlägen berücksichtigt. Diese Bruttokapitalisierung hat jedoch den grossen Nachteil, dass die Kosten intransparent dargestellt werden und für den Betrachter schwer nachvollziehbar sind. Mit der Nettobetrachtung kann dieser Nachteil behoben werden.

      Sachwert-, Substanzwert-, Realwertmethode

      Die drei Begriffe Sachwert-, Substanzwert- und Realwertmethode werden synonym verwendet. Diese Bewertungsmethode basiert nicht auf dem Ertrag, sondern auf den Kosten einer Liegenschaft. Sie ist vor allem für Objekte geeignet, für die es keinen Mietertrag gibt oder die keine Renditeobjekte darstellen. Dazu zählen zum Beispiel Einfamilienhäuser. Aber auch Zwei- und Dreifamilienhäuser können unter diese Kategorie fallen.

      Der Wert setzt sich aus dem Zeitwert für das Gebäude und dem Landwert zusammen. Meist werden die Kosten in Anlehnung an die Hauptgruppen des Baukostenplans (BKP) aufgeteilt:

      BKP 0 – Grundstück

      BKP 1 – Vorbereitungsarbeiten (z.B. Abbruchkosten, Baugrundsicherungen, Entsorgung Altlasten)

      BKP 2 – Gebäudekosten

      BKP 3 – Betriebseinrichtungen (meist nur bei Industriebauten für Krananlagen)

      BKP 4 – Umgebungsarbeiten

      BKP 5 – Baunebenkosten (Gebühren, Honorare etc.)

      In einem ersten Schritt werden die Neubaukosten ermittelt, um anschliessend die Entwertung abzuziehen und so den Zeitwert zu berechnen. Die Entwertung ergibt sich aus dem Alter der Liegenschaft, ihrem aktuellen Zustand sowie den erfolgten Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten. In der modernen Bewertungslehre hat sich der Begriff «Entwertung» etabliert, während früher noch von Altersentwertung, wirtschaftlicher oder technischer Entwertung gesprochen wurde.

      Die grosse Herausforderung dieser Bewertungsmethode stellt die Ermittlung des Grundstückswerts dar (BKP 0), weil die Baulandpreise für bebaute Grundstücke nicht bekannt sind. Der Zürcher Architekt Wolfgang Nägeli erkannte diesen Nachteil bereits 1958 und entwickelte in der Folge die sogenannte Lageklassenmethode. Mit ihrer Hilfe kann die Lage eines Grundstücks anhand von fünf Faktoren ermittelt werden. Je besser die Lage, desto höher die Lageklasse und damit der prozentuale Anteil des Grundstückswerts am Gesamtwert. Obwohl die Lageklassenmethode weit verbreitet ist, hat sie einen Nachteil: Sie vermag die heutigen Baulandpreise nicht immer abzubilden. Der Schweizer Immobilienschätzer-Verband (SIV) hat daher eine neue Lageklassenmethode entwickelt, die diesen Nachteil beheben soll. Zurzeit gibt es jedoch noch wenige Erfahrungswerte damit.

      Die Strukturzahlmethode ist eng verwandt mit der Lageklassenmethode. Sie dient ebenfalls dazu, den Landwert als Teil des Substanzwerts zu ermitteln. Die Methode wurde von Kaspar Fierz, Autor des dreiteiligen Lehrbuchs «Immobilienökonomie und Bewertung von Liegenschaften», entwickelt. Mithilfe von Lage- und Objektkriterien wird der «Strukturschlüssel» ermittelt und davon die Höhe des Landwerts abgeleitet. In Ergänzung zum Strukturschlüssel können mit dem Ambienteschlüssel die individuellen Bedürfnisse eines Kaufinteressenten zusätzlich eingeschätzt werden.

      Residualwertmethode

      Die Residualwertmethode wird auch Methode der Rückwärtsrechnung genannt. Sie wird in der Schweiz ausschliesslich zur Bewertung von unbebauten Grundstücken angewendet.

      In einem ersten Schritt erfolgt eine Projektbewertung. Dabei wird von einem möglichen Neubauprojekt bei voller Ausnützung ausgegangen. Daraus wird der mögliche Mietertrag und davon wiederum der Ertragswert ermittelt, oder aber es werden die Verkaufspreise bei Eigentumswohnungen ermittelt. Von diesem zukünftigen Wert nach Fertigstellung werden die für den Neubau notwendigen Kosten abgezogen. Der Landwert ergibt sich aus der Differenz der «Rückwärtsrechnung», also Projektwert minus Neubaukosten. Die Methode wird daher auch Differenzmethode genannt.

      Weitere Methoden

      Es gibt weitere Methoden, die nicht zu den vier Hauptbewertungsmethoden gezählt werden, diese aber als Basis nehmen.

      In den Steuergesetzen wird oft die Mischwertmethode vorgeschrieben. Der Mischwert ergibt sich aus der Gewichtung des Ertrags- und des Realwerts. Je nach Objektart wird dem einen oder anderen Wert eine höhere Gewichtung beigemessen. Bei Renditeliegenschaften stellt der Ertragswert, also die Rendite, den wichtigeren Wert dar, beim Einfamilienhaus der Substanzwert. Eng verwandt mit der Mischwertmethode ist die Mittelwertmethode, mit dem Unterschied, dass sich der Verkehrswert nicht aus einer individuellen Gewichtung, sondern aus einer gleichen Gewichtung ergibt.

                           Mischwertmethode

       

      Mittelwertmethode

      MFH

       

      EFH

       

       

       

       

       

       

       

      3 x EW + 1 SW

       

      0.25 x EW + 1 x SW

       

      EW + SW

      4

       

      1.25

       

      2

       

       

       

       

       

      Legende: EW = Ertragswert; SW = Substanzwert

      In der modernen Lehre werden die Misch- und die Mittelwertmethode nicht mehr verwendet. Gemäss Swiss Valuation Standards sind sie für die Ermittlung des Marktwerts ungeeignet.

      Die Punktierungsmethode wurde von der Schweizerischen Vereinigung kantonaler Grundstücksbewertungsexperten (SVKG) zur Bewertung von Industrie- und Grossgewerbe entwickelt. Verwendet wird sie ausschliesslich für Steuerzwecke bei der Bewertung von Liegenschaften, die zum Beispiel von einem Betrieb selber genutzt werden und keinen Mietertrag abwerfen. Die Punktierungsmethode bewertet die Wirtschaftlichkeit, den Standort, die Umsatzerwartungen, die anderweitige Verwendbarkeit, die Verkäuflichkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten. Die einzelnen Kriterien werden benotet und die Gesamtnote bestimmt den Landwert in Prozenten der Gebäudekosten. Die Methode hat somit Ähnlichkeit mit der Lageklassenmethode.

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