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Grunddienstbarkeit: Auslegung von Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten

Streitigkeiten rund um die Auslegung von Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten sind sehr häufig und führen nicht selten zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Nachfolgend werden die wichtigsten Probleme dargestellt, welche bei der Auslegung von Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten als Grunddienstbarkeit zu beachten sind.

25.04.2025 Von: Benedikt Fässler
Grunddienstbarkeit

Erfolgt die Zufahrt oder der Zugang zu einem Grundstück oder zu einem Haus über ein fremdes Grundstück, ist für die dauerhafte Sicherstellung der Zufahrt und/oder des Zugangs eine Grunddienstbarkeit erforderlich. 

Wichtiger Hinweis
Eine Grunddienstbarkeit bedeutet, dass ein Grundstück (das belastete Grundstück) zum Vorteil eines anderen Grundstücks (das berechtigte Grundstück) in der Weise belastet wird, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers des berechtigten Grundstücks gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf (Art. 730 Abs. 1 ZGB). 

Inhalt einer Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeit ist es, dass der jeweilige Eigentümer des belasteten Grundstücks duldet, dass der jeweilige Eigentümer des berechtigten Grundstücks über das belastete Grundstück fährt (Fahrwegrecht) bzw. geht (Fusswegrecht). Nebst kombinierten Fuss- und Fahrwegrechten ist es auch möglich, nur ein Fusswegrecht oder nur ein Fahrwegrecht zu begründen. Relativ häufig ist es auch, dass sich die beteiligten Eigentümer ein gegenseitiges Fuss- und Fahrwegrecht einräumen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn zwei benachbarte Liegenschaften über eine gemeinsame Zufahrt zur nächsten öffentlichen Strasse verfügen, welche im Bereich der Grenze über beide Liegenschaften verläuft und als Zufahrt bzw. Zugang zu beiden Liegenschaften dient.

Wie wird eine Grunddienstbarkeit errichtet? ((ü1))

Für die Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es eines öffentlich beurkundeten Dienstbarkeitsvertrags (Art. 732 Abs. 1 ZGB) sowie der Eintragung in das Grundbuch (Art. 731 Abs. 1 ZGB). Als im Grundbuch eingetragenes sogenanntes beschränktes dingliches Recht gelten Grunddienstbarkeiten für die jeweiligen Grundeigentümer des berechtigten sowie des belasteten Grundstücks. Anders als rein vertraglich vereinbarte Fuss- und Fahrwegrechte, welche nicht im Grundbuch eingetragen werden und nur zwischen den Vertragsparteien gelten, sind Grunddienstbarkeiten auch nach einem Eigentümerwechsel sowohl für die Eigentümerschaft des berechtigten als auch für die Eigentümerschaft des belasteten Grundstücks verbindlich.

Anwendungsbereich von Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten ((Ü1))

Der Anwendungsbereich von Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten ist sehr breit. Häufig sind Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten in dicht bebauten Ortskernen mit vielen Altbauten aber auch ausserhalb der Bauzone. 

In Neubauquartieren wird die Erschliessung der Liegenschaften heute zwar weitestgehend durch das öffentliche Recht geregelt, jedoch sind auch bei Neubauten Fuss- und Fahrwegrechte immer noch von grosser Bedeutung. Häufig werden beispielsweise Tiefgaragen mehrerer Liegenschaften über eine gemeinsame Zufahrts- bzw. Ausfahrtsrampe erschlossen. Für die Regelung der Fahr- und Zugangsrechte bei solchen Sammelgaragen sind Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten unabdingbar.

Allgemeines zur Auslegung von Dienstbarkeiten ((Ü1))

Für den Inhalt einer Grunddienstbarkeit ist in erster Linie der Grundbucheintrag massgeblich. Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgeblich (Art. 738 Abs. 1 ZGB). Im Rahmen des Eintrags kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten oder in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB).

Kantonale Regelungen ((Ü2))

Mit Bezug auf den in erster Linie massgeblichen Grundbucheintrag ist festzuhalten, dass in einigen Kantonen im Grundbuch nur ein Stichwort (z.B. «Fuss- und Fahrwegrecht»), ergänzt durch das berechtigte und das belastete Grundstück, angegeben wird. Enthält das Grundbuch nur ein Stichwort, kommt dem Erwerbsgrund (Dienstbarkeitsvertrag) massgebliche Bedeutung für die Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeit zu. 

In einigen Kantonen werden im Grundbuch demgegenüber sämtliche dinglichen (d.h. nicht nur für die ursprünglichen Vertragspartner, sondern auch für deren Rechtsnachfolger verbindlichen) Teile des Dienstbarkeitsvertrags ins Grundbuch aufgenommen, womit sich der Inhalt der Dienstbarkeit direkt aus dem Grundbuch ergibt. In der Praxis werden für die Auslegung von Dienstbarkeiten jedoch so oder so immer sowohl der eigentliche, auf dem Grundbuchauszug ersichtliche Grundbucheintrag als auch der beim Grundbuchamt hinterlegte Beleg (Erwerbsgrund bzw. Grunddienstbarkeitsvertrag) konsultiert.

Sofern sich noch die ursprünglichen Vertragsparteien gegenüberstehen, erfolgt die Auslegung des Dienstbarkeitsvertrags nach den allgemeinen, für die Auslegung von Verträgen massgeblichen Regeln. Auf diese wird nachstehend jedoch nicht eingegangen, da sich bei Streitigkeiten rund um die Auslegung von Fuss- und Fahrwegrechtsdienstbarkeiten in aller Regel nicht mehr die ursprünglichen Vertragsparteien gegenüberstehen. 

Bei Fuss- und Fahrwegrechten besteht zudem häufig das Problem, dass die Dienstbarkeitsverträge vor Jahrzehnten abgeschlossen wurden und sich die örtlichen Verhältnisse seit dem Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit stark verändert haben. Nach dem heutigen Recht ist bei Dienstbarkeiten, deren Ausübung sich auf einen Teil des belasteten Grundstücks beschränkt (was bei Fuss- und Fahrwegrechten in aller Regel der Fall ist), die örtliche Lage entweder im Rechtsgrundausweis (Grunddienstbarkeitsvertrag) genau zu umschreiben oder aber in einem Auszug des Plans für das Grundbuch zeichnerisch darzustellen (Art. 732 Abs. 2 ZGB). 

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