Mängel an der Mietsache: Die Rechte des Mieters

Die Rechte und Pflichten bei Mängel an der Mietsache sind im Obligationenrecht (OR) geregelt, insbesondere in den Artikeln 256, 258, 259 ff. OR. Grundsätzlich muss der Vermieter die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand übergeben und erhalten (Art. 256 Abs. 1 OR). Abweichende Vereinbarungen zuungunsten des Mieters sind bei Wohn- und Geschäftsräumen unzulässig (Art. 256 Abs. 2 OR).

17.07.2025 Von: Oliver Knakowski-Rüegg
Mängel an der Mietsache

Was ist ein Mangel?

Ein Mangel liegt vor, wenn die Mietsache nicht mehr oder nur noch eingeschränkt für den vertraglich vereinbarten Gebrauch geeignet ist oder zugesicherte Eigenschaften fehlen. Die Beurteilung erfolgt nach objektiven Kriterien und den konkreten Vereinbarungen im Mietvertrag

Das mögliche Vorgehen des Mieters bei Mängeln der Mietsache hängt einerseits vom Zeitpunkt des Eintritts der Mängel und andererseits von der Intensität der Mängel ab. Im Gegensatz zu den Mangelfolgeschäden sind die Mängelrechte des Mieters im Übrigen unabhängig von einem Verschulden des Vermieters. 

Allgemein gilt es zu beachten, dass im Gegensatz zum Kaufrecht, Art. 184 ff. OR, für den Mieter keine Prüfungs- und Mängelrügepflicht besteht.

Rechte des Mieters bei Mängeln

Je nach Schwere des Mangels stehen dem Mieter folgende Rechte zu (Art. 259a ff. OR):

  • Beseitigung des Mangels verlangen (Art. 259a Abs. 1 lit. a OR)
  • Mietzinsreduktion für die Dauer des Mangels (Art. 259d OR)
  • Schadenersatz bei nachweisbarem Schaden (Art. 259e OR)
  • Ersatzvornahme: Selbstbehebung auf Kosten des Vermieters, wenn dieser nicht innert Frist handelt (Art. 259b OR)
  • Mietzinshinterlegung als Druckmittel (Art. 259g OR)
  • Fristlose Kündigung bei schwerwiegenden Mängeln, die das Wohnen unzumutbar machen (Art. 259b lit. a OR)

Der Mieter muss Mängel, die er nicht selbst zu beheben hat, dem Vermieter unverzüglich melden (Art. 257g OR). Unterlässt er dies, haftet er für Folgeschäden.

Der Mieter trägt die Beweislast für das Vorliegen und die rechtzeitige Meldung des Mangels (z.B. durch eingeschriebenen Brief).

Praktische Hinweise und Rechtsprechung

Die Mängelrechte können grundsätzlich nebeneinander geltend gemacht werden.

Die Höhe der Mietzinsreduktion ist Ermessenssache und richtet sich nach der Intensität des Mangels. Die Reduktion kann auch rückwirkend für maximal 5 Jahre verlangt werden, sofern der Vermieter rechtzeitig informiert wurde.

Anfängliche, schwere Mängel an der Mietsache

Recht auf Beseitigung, Art. 98 OR

Der Mieter hat das Recht zur Annahmeverweigerung. Dadurch befreit er sich von seiner Pflicht zur Zahlung des Mietzinses. Der Vermieter hat die Pflicht zur Beseitigung des Mangels innert angemessener Frist. Nach erfolglosem Ablauf der Frist hat der Mieter bei Mängeln, welche die Gebrauchstauglichkeit der Sache ausschliessen oder erheblich mindern, nach einer entsprechenden Ermächtigung durch den Richter gemäss Art. 98 OR das Recht auf Ersatzvornahme auf Kosten des Vermieters. Gemäss Art. 259c OR hat der Mieter jedoch keinen Anspruch auf Beseitigung des Mangels, wenn der Vermieter für die mangelhafte Sache innert angemessener Frist vollwertigen Ersatz leistet.

Recht auf Vertragsauflösung, Art. 258 OR

Übergibt der Vermieter die Sache nicht zum vereinbarten Zeitpunkt oder mit Mängeln, welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen, so kann der Mieter nach den Artikeln 107-109 über die Nichterfüllung von Verträgen vorgehen. 

Aus dem Gesetzeswortlaut geht nicht deutlich hervor, ob der Mieter nicht nur bei anfänglichen, sondern auch bei erst nachträglich eingetretenen Mängeln, für welche er nicht selbst die Verantwortung zu tragen hat, dem Vermieter eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung ansetzen muss. Behebt der Vermieter die Mängel nicht innert der vom Mieter gesetzten Frist, kann der Mieter, solange er die Miete noch nicht angetreten hat, den Vertrag alsdann durch seinen Rücktritt sofort auflösen. Trifft den Vermieter ein Verschulden, so hat der Mieter auch einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses (der Mieter ist so zu stellen, wie wenn er den Vertrag nicht geschlossen hätte). 

Recht auf Mietzinsherabsetzung bei der Miete von beweglichen Sachen, Art. 259d OR

Eine weitere Möglichkeit für den Mieter bei Mängeln an der Mietsache ist, eine Herabsetzung des Mietzinses zu verlangen. Wird gemäss Art. 259d OR die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt oder vermindert, so kann der Mieter vom Vermieter verlangen, dass er den Mietzins vom Zeitpunkt, in dem er vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels entsprechend herabsetzen. Dabei ist die Höhe des Herabsetzungsbetrages mit Vorteil gerichtlich feststellen zu lassen. Bei der Miete von Fahrnis ist zudem gemäss Art. 82 OR das Zurückbehalten des Mietzinses zur Durchsetzung des Mängelbeseitigungsanspruchs als Druckmittel gegen den Vermieter unverändert statthaft.

Recht auf Mietzinshinterlegung bei der Miete von unbeweglichen Sachen, Art. 259g ff. OR

Vorausgesetzt für das Hinterlegungsrecht des Mieters wird gemäss Art. 259g Abs. 1 OR erstens, dass der Mieter dem Vermieter vorgängig schriftlich Frist zur Mängelbeseitigung ansetzt und zweitens die Androhung der Mietzinshinterlegung nach erfolglosem Fristablauf an den Vermieter durch den Mieter. Hinterlegt werden können lediglich künftig fällige Mietzinse. Mit der Hinterlegung gelten die Mietzinse sodann gemäss Art. 259g Abs. 2 OR als bezahlt. Gemäss Art. 259h OR fallen die hinterlegten Mietzinse dem Vermieter zu, wenn der Mieter seine Ansprüche gegen ihn nicht innert 30 Tagen seit der Fälligkeit des ersten hinterlegten Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde geltend macht. 

Anfängliche, nicht schwere Mängel an der Mietsache

Recht auf Vertragsauflösung, Art. 258 OR

Übergibt der Vermieter die Sache nicht zum vereinbarten Zeitpunkt oder mit Mängeln, welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen, so kann der Mieter nach den Artikeln 107-109 über die Nichterfüllung von Verträgen vorgehen. Übernimmt der Mieter die Sache trotz dieser Mängel und beharrt er auf die gehörige Erfüllung des Vertrages, so kann er nur die Ansprüche geltend machen, die ihm bei Entstehung von Mängeln während der Mietdauer zustünden (Art. 259a-259i OR).

Recht auf Mietzinsherabsetzung bei der Miete von beweglichen Sachen, Art. 259d OR

Wird die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt oder vermindert, so kann der Mieter von Vermieter verlangen, dass er den Mietzins vom Zeitpunkt, in dem er vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels, entsprechend herabsetzt. 

Recht auf Mietzinshinterlegung bei der Miete von unbeweglichen Sachen, Art. 259g ff. OR

Vgl. das für anfänglich, nicht schwere Mängel an der Mietsache zuvor Ausgeführte.

Recht auf Beseitigung, Art. 98 OR/Art. 259b OR

Kennt der Vermieter einen Mangel und beseitigt ihn nicht innert angemessener Frist, so kann der Mieter

  1. fristlos kündigen, wenn der Mangel die Tauglichkeit einer unbeweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliesst oder erheblich beeinträchtigt oder wenn der Mangel die Tauglichkeit einer beweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch vermindert.
  2. auf Kosten des Vermieters den Mangel beseitigen lassen, wenn dieser die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch zwar vermindert, aber nicht erheblich beeinträchtigt.

Recht auf Vertragsauflösung, Art. 259a OR

Auch bei während der Mietdauer eingetretenen Mängeln, welche die Tauglichkeit einer unbeweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen hat der Mieter – analog den unter B. für anfänglich, schwere Mängel abgehandelten Rechtsfolgen – gemäss Art. 259b lit. a OR dem Rücktritt vor Mietantritt entsprechend das Recht auf fristlose Kündigung bzw. zur Vertragsauflösung ex nunc und – das Verschulden des Vermieters vorausgesetzt – einen Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses.

Recht auf Mietzinsherabsetzung bei der Miete von beweglichen Sachen, Art. 259d OR

Vgl. das für anfänglich, bei schweren Mängeln an der Mietsache zuvor Ausgeführte.

Recht auf Mietzinshinterlegung bei der Miete von unbeweglichen Sachen, Art. 259g ff. OR

Vgl. das für anfänglich, bei schweren Mängeln an der Mietsache zuvor Ausgeführte.

Nachträgliche, nicht schwere Mängel an der Mietsache

Recht auf Beseitigung, Art. 98 OR/Art. 259b OR

Kennt der Vermieter einen Mangel und beseitigt ihn nicht innert angemessener Frist, so kann der Mieter

  1. Fristlos kündigen, wenn der Mangel die Tauglichkeit einer unbeweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliesst oder erheblich beeinträchtigt oder wenn der Mangel die Tauglichkeit einer beweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch vermindert.
  2. Auf Kosten des Vermieters den Mangel beseitigen lassen, wenn dieser die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch zwar vermindert, aber nicht erheblich beeinträchtigt.

Recht auf Vertragsauflösung, Art. 259a OR

Auch bei während der Mietdauer eingetretenen Mängeln, welche die Tauglichkeit einer unbeweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen hat der Mieter – analog den unter B. für anfänglich, schwere Mängel abgehandelten Rechtsfolgen – gemäss Art. 259b lit. a OR dem Rücktritt vor Mietantritt entsprechend das Recht auf fristlose Kündigung bzw. zur Vertragsauflösung ex nunc und – das Verschulden des Vermieters vorausgesetzt – einen Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses.

Recht auf Mietzinsherabsetzung bei der Miete von beweglichen Sachen, Art. 259d OR

Vgl. das für anfänglich, bei schweren Mängeln an der Mietsache zuvor Ausgeführte.

Recht auf Mietzinshinterlegung bei der Miete von unbeweglichen Sachen, Art. 259g ff. OR

Vgl. das für anfänglich, bei schweren Mängeln an der Mietsache zuvor Ausgeführte.

Nachträgliche schwere Mängel an der Mietsache

Was gilt als schwerer Mangel?

Ein schwerer Mangel liegt vor, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemässen Gebrauch erheblich beeinträchtigt oder gar ausgeschlossen ist. Beispiele sind: massiver Schimmelbefall, unbenutzbare sanitäre Anlagen, gravierende Heizungsausfälle im Winter oder Wassereinbruch durch ein defektes Dach.

Rechte des Mieters bei schweren Mängeln

Der Mieter hat bei nachträglich auftretenden, schweren Mängeln folgende Rechte:

Beseitigung des Mangels verlangen
Der Mieter kann verlangen, dass der Vermieter den Mangel so rasch wie möglich behebt (Art. 259a lit. a OR).

Fristlose Kündigung
Ist der Mangel so gravierend, dass der Gebrauch der Mietsache ausgeschlossen oder erheblich beeinträchtigt ist, kann der Mieter das Mietverhältnis fristlos kündigen (Art. 259b lit. a OR). Voraussetzung ist, dass der Vermieter vom Mangel weiss und ihn nicht innert angemessener Frist behebt. Die Kündigung sollte schriftlich und mit Begründung erfolgen.

Mietzinsreduktion
Der Mieter kann eine angemessene Herabsetzung des Mietzinses verlangen, solange der Mangel besteht (Art. 259d OR). Die Reduktion kann auch rückwirkend für maximal fünf Jahre ab Kenntnis des Mangels durch den Vermieter geltend gemacht werden.

Schadenersatz
Entsteht dem Mieter durch den Mangel ein Schaden (z.B. Hotelkosten, beschädigte Möbel), kann er Schadenersatz verlangen, sofern den Vermieter ein Verschulden trifft (Art. 259e OR).

Mietzinshinterlegung
Wird der Mangel nicht innert Frist behoben, kann der Mieter den Mietzins bei der zuständigen Behörde hinterlegen (Art. 259g OR). Dies gilt als Druckmittel und schützt vor einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Die Hinterlegung muss korrekt angekündigt und durchgeführt werden.

Praktische Hinweise

Der Mieter muss den Mangel dem Vermieter umgehend melden, idealerweise schriftlich (eingeschriebener Brief).

Nur schwere Mängel berechtigen zur fristlosen Kündigung. Im Streitfall muss der Mieter beweisen, dass der Mangel gravierend war und der Vermieter informiert wurde.

Die Mietzinshinterlegung und die fristlose Kündigung sind rechtlich anspruchsvoll und sollten mit juristischer Beratung erfolgen.

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