KI im Controlling: Text- & Sprachverarbeitung im Controlling

KI-gestützte Text- und Sprachverarbeitung ist ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz (KI), das sich mit der Fähigkeit von Computern befasst, menschliche Sprache zu verstehen, zu interpretieren und zu generieren. Der vorliegende Beitrag zeigt die Möglichkeiten dazu anhand von einzelnen, konkreten Anwendungsbeispielen von KI im Controlling auf.

16.06.2025 Von: WEKA Redaktionsteam
KI im Controlling

Einleitung

KI im Controlling umfasst eine breite Palette von Technologien und Anwendungen, die sich mit verschiedenen Aspekten der sprachlichen Kommunikation befassen:

  • Natural Language Processing (NLP) einschliesslich Textanalyse und -generierung,
  • Spracherkennung mit Anwendungen wie Sprachassistenten (z.B. Siri, Alexa),
  • Sprachgenerierung (z.B. Text-to-Speech),
  • Dialogsysteme (z.B. Chatbots und virtuelle Assistenten) und
  • Maschinelle Übersetzung.

Vor allem die KI-gestützte Datenanalyse per Spracheingabe oder Chat eröffnet für Controllerinnen und Controller bei Routineaufgaben enorme Effizienzvorteile sowie. Hierzu können sogenannte grosse Sprachmodelle (Large Language Models) wie GPT-Modelle (Generative Pre-trained Transformer), Gemini, Llama und andere im Controlling vielseitig eingesetzt werden und bieten sich insbesondere für die für die KI-gestützte Text- und Sprachverarbeitung an.

Vor allem mit KI-Tools und Plattformen wie ChatGPT, Microsoft Copilot, Gemini und anderen lassen sich für das KI im Controlling

  1. Daten analysieren und interpretieren (z.B. im Zusammenhang mit Abweichungsanalysen),
  2. Berichte und Kommentierungen erstellen (z.B. Monats- oder Quartalsberichte als Teil des Management-Berichtswesens),
  3. Kennzahlen (Key Performance Indicators) berechnen und interpretieren,
  4. Szenarioanalysen und Forecasts erstellen,
  5. Formeln für Excel, SQL, Power BI oder andere Controlling-Werkzeuge erstellen.

Anwendungsbereich Datenanalyse und Dateninterpretation einschliesslich Berichtserstellung

Vor allem Abweichungsanalysen gelten als eine zentrale Aufgabe im Controlling. So werden mit diesen regelmässig Ist-, Plan- und Forecast-Werte verglichen sowie Abweichungsursachen ermittelt. Auf deren Basis entwickelt dann das Controlling geeignete Handlungsempfehlungen mit dem Ziel einer effektiven Führungsunterstützung.

Beispiel:
Der Controller eines KMU stellt bei der Erstellung des Quartalsberichts fest, dass die Gewinnmarge eines bestimmten Produktsegments im zweiten Quartal (Q2) um 5 Prozentpunkte gesunken ist:

Quartalsberichterstattung

Erfolgs-PositionenIST Quartal 1IST Quartal 2
Umsatz1.000.000 €1.000.000 €
Rohstoffkosten400.000 €432.000 €
Vertriebskosten150.000 €168.000 €
Fixkosten200.000 €200.000 €
Gewinn250.000 €200.000 €
Gewinnmarge25,0 %20,0 %

Der Controller benutzt ein KI-Tool (hier Chat GPT 4o) mit dem folgenden Prompt um Unterstützung bei der Abweichungsanalyse, Interpretation und Entwicklung von Handlungsempfehlungen für das Management:

Die zugehörige Lösung des KI-Tools ChatGPT 4o lautet dazu wie folgt:

1. Management Summary

Die Gewinnmarge ist im zweiten Quartal (Q2) um 5 Prozentpunkte gesunken, von 25,0 % auf 20,0 %. Dies ist hauptsächlich auf gestiegene Rohstoffkosten (+8 %) und höhere Vertriebskosten (+12 %) zurück-zuführen, während der Umsatz konstant geblieben ist. Der absolute Gewinn sank um 50.000 € (-20 %).

2. Abweichungsanalyse

PositionQ1Q2Abweichung AbsolutAbweichung Prozentual
Umsatz1.000.000 €1.000.000 €0 €0,0 %
Rohstoffkosten400.000 €432.000 €+32.000 €+8,0 %
Vertriebskosten150.000 €168.000 €+18.000 €+12,0 %
Fixkosten200.000 €200.000 €0 €0,0 %
Gewinn250.000 €200.000 €-50.000 €-20,0 %
Gewinnmarge25,0 %20,0 %-5,0 %-20,0 %

3. Ursachenanalyse

Hauptgründe für den Margenrückgang:

1. Gestiegene Rohstoffkosten (+8 % / +32.000 €):

  • Die Materialpreise sind um 8 % gestiegen, was sich direkt auf die Produktionskosten auswirkt.
  • Dies könnte durch höhere Einkaufspreise oder eine ungünstigere Materialeffizienz bedingt sein.

2. Höhere Vertriebskosten (+12 % / +18.000 €):

  • Der Anstieg der Vertriebskosten deutet auf erhöhte Marketingausgaben, höhere Provisionszahlungen oder steigende Transportkosten hin.

3. Umsatz blieb unverändert:

  • Während die Kosten gestiegen sind, konnte der Umsatz nicht erhöht werden, um die Mehrkosten zu kompensieren.

4. Handlungsempfehlungen für das Management:

Basierend auf der Analyse ergeben sich folgende Massnahmen zur Stabilisierung der Marge:

A. Kosteneinsparungen & Effizienzsteigerung

Rohstoffeinkauf optimieren:

  • Verhandlungen mit Lieferanten über bessere Konditionen führen oder alternative Lieferquellen prüfen.
  • Analyse der Materialnutzung, um potenzielle Einsparungen durch effizientere Produktion zu identifizieren.

Vertriebskosten senken:

  • Überprüfung der aktuellen Marketingstrategie: Welche Massnahmen bringen wirklich Umsatzsteigerungen?
  • Alternativen zur Kostenreduzierung im Transport (z.B. günstigere Logistikpartner) evaluieren.
  • Falls möglich, eine gezielte Kundenbindung fördern, um die Effektivität des Vertriebs zu erhöhen.

Fixkosten prüfen:

  • Obwohl Fixkosten stabil geblieben sind, könnte eine Effizienzprüfung im Bereich der Betriebskosten sinnvoll sein.

B. Umsatzsteigerung durch Preisanpassung oder Mehrverkauf

Preisanpassung prüfen:

  • Kann der Verkaufspreis moderat erhöht werden, um gestiegene Kosten auszugleichen?
  • Analyse der Preiselastizität: Gibt es Spielraum für eine Preisanpassung ohne starke Absatzverluste?

Umsatzsteigerung durch gezielte Verkaufsaktionen:

  • Einführung neuer Upselling- oder Cross-Selling-Strategien.
  • Gezielte Marketingaktionen zur Umsatzsteigerung in margenstarken Segmenten.

C. Strategische Überlegungen für nachhaltige Margensicherung

Langfristige Lieferantenstrategie entwickeln:

  • Um Preisschwankungen bei Rohstoffen besser abzufedern, könnte eine Diversifizierung der Lieferanten sinnvoll sein.
  • Frühere Vertragsabschlüsse mit Fixpreisen für Schlüsselmaterialien in Betracht ziehen.

Digitalisierung & Prozessautomatisierung:

  • Einsparpotenziale durch Automatisierung von Vertrieb oder Logistikprozessen prüfen.
  • KI-gestützte Einkaufsprognosen zur besseren Planung der Materialbeschaffung nutzen.

Fazit & nächste Schritte

Kurzfristig: Kosten senken (Rohstoffe & Vertrieb) und Umsatzpotenziale durch gezielte Aktionen steigern.

Mittelfristig: Lieferketten optimieren und alternative Vertriebskanäle prüfen.

Langfristig: Digitalisierung und Automatisierung ausbauen, um nachhaltige Effizienzsteigerungen zu erzielen.

Empfohlene Massnahme als erste Priorität: Sofortige Prüfung der Einkaufskonditionen und Vertriebsstrategie, um Margenverluste einzudämmen.

Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, wie das KI-Tool ChatGPT 4o innerhalb kürzester Zeit die Daten berechnet, darstellt und Zusammenhänge in den Daten erkennt sowie Ursachen identifiziert, ohne dass das Controlling selbst einzelne Arbeitsschritte zu erledigen hätte.

Darüber hinaus wurde ein entsprechender Bericht mit Kommentierung der Abweichungen sowie qualitativ hochwertige Handlungsempfehlungen erstellt, was in der Praxis oft zeitaufwändig ist. KI kann wie gesehen einen Finanzbericht automatisch generieren, was Zeit spart und die Genauigkeit erhöht. Ebenso können Sprachverarbeitungsmodelle wie ChatGPT einzelne Berichte in natürlicher Sprache zusammenfassen und relevante Informationen hervorheben.

Das KI-Tool kann daher den gesamten Prozess von der Datenanalyse bis zur Berichtserstellung automatisieren und zusätzlich für die Führungskräfte konkrete Entscheidungsvorbereitung leisten. Der Controller wiederum sollte sich somit auf die Überprüfung der Korrektheit aller Berechnungen und der Plausibilität aller Beurteilungen und Interpretationen fokussieren um auszuschliessen, dass Fehler unberücksichtigt bleiben.

Erstellung einer Sensitivitätsanalyse mit verschiedenen Szenarien

Die Identifikation besonderes kritischer Grössen in der Planung sowie die Simulation verschiedener Szenarien ist entscheidend für strategische Entscheidungen sowie die Berücksichtigung von Planungsrisiken. KI im Controlling kann dabei helfen, kritische Parameter transparent zu machen und die Führungskräfte auf die möglichen Ergebniswirkungen hinzuweisen.

Nehmen wir an, eine Führungskraft des Unternehmens möchte Folgendes wissen:

"Wie würde sich unser EBIT entwickeln, wenn sich unsere Materialkosten um 10 % erhöhen oder um 10 % verringern?"

Die Frage bezieht sich auf ein oder mehrere Szenarien und erfordert entsprechende Berechnungen. Als Ergebnis sollten die kritischen Planungsparameter für die Quartalsergebnisse identifiziert und daran angelehnt entsprechende Handlungsempfehlungen für die Entscheider entwickelt werden.

Wir wechseln nun das KI-Tool und verwenden Gemini. Allerdings verwenden wir dieselbe Datenbasis mit den bisherigen Quartalsdaten von oben. Hier kommt ein Beispiel für einen entsprechenden Prompt aus der Perspektive des Controllings, um die Frage der Führungskraft zu beantworten:

Das KI-Tool Gemini liefert dazu folgendes Ergebnis:

«Absolut! Hier ist die Sensitivitätsanalyse, die auf Ihren Daten und Anforderungen basiert:

1. Daten und Berechnungsgrundlagen:

  • Ausgangsdaten (Q2):
    • Umsatz: 1.000.000 €
    • Rohstoffkosten: 432.000 €
    • Vertriebskosten: 168.000 €
    • Fixkosten: 200.000 €
    • EBIT: 200.000 €
  • Berechnung: EBIT = Umsatz - Rohstoffkosten - Vertriebskosten - Fixkosten
  • Varianzbreite: -10 % bis +10 % in 1 %-Schritten

2. Sensitivitätsanalyse:

Um die Übersichtlichkeit zu wahren, zeige ich hier nur die Ergebnisse für die Extremwerte (-10 % und +10 %) sowie für 0 % Veränderung (Base Case). Die detaillierten Berechnungen für alle 1 %-Schritte sind umfangreich und können bei Bedarf separat bereitgestellt werden.

ParameterVeränderungUmsatz (€)Rohstoffkosten (€)Vertriebskosten (€)Fixkosten (€)EBIT (€)EBIT-Veränderung (€)
Umsatz-10 %900.000432.000168.000200.000100.000-100.000
 0 %1.000.000432.000168.000200.000200.0000
 +10 %1.100.000432.000168.000200.000300.000+100.000
Rohstoff-kosten-10 %1.000.000388.800168.000200.000243.200+43.200
 0 %1.000.000432.000168.000200.000200.0000
 +10 %1.000.000475.200168.000200.000156.800-43.200
Vertriebs-kosten-10 %1.000.000432.000151.200200.000216.800+16.800
 0 %1.000.000432.000168.000200.000200.0000
 +10 %1.000.000432.000184.800200.000183.200-16.800
Fixkosten-10 %1.000.000432.000168.000180.000220.000+20.000
 0 %1.000.000432.000168.000200.000200.0000

3. Identifizierung der kritischen Größen:

  • Umsatz: Der Umsatz ist der kritischste Parameter. Eine Veränderung von ± 10 % führt zu einer Veränderung des EBIT um ± 100.000 €.
  • Rohstoffkosten: Die Rohstoffkosten haben ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf das EBIT. Eine Veränderung von ± 10 % führt zu einer Veränderung des EBIT um ± 43.200 €.

4. Handlungsempfehlungen für die Führungskräfte:

Umsatzsteigerung:

  • Fokus auf Marketing- und Vertriebsaktivitäten, um den Umsatz zu steigern.
  • Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen, um neue Kundensegmente zu erschließen.
  • Preisstrategien überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Rohstoffkostenkontrolle:

  • Verhandlungen mit Lieferanten führen, um bessere Preise zu erzielen.
  • Alternativen zu teuren Rohstoffen prüfen.
  • Effizienz in der Produktion steigern, um den Materialverbrauch zu reduzieren.

Vertriebskostenoptimierung:

  • Vertriebsprozesse analysieren und optimieren, um Kosten zu senken.
  • Vertriebskanäle überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
  • Marketingbudgets effizienter einsetzen.

Fixkostenmanagement:

  • Fixkosten regelmässig überprüfen und Einsparpotenziale identifizieren.
  • Investitionen in neue Technologien prüfen, um langfristig Kosten zu senken.»

«Prompt Engineering» als Qualitätsmerkmal

Die Qualität der Rückmeldungen der hier erwähnten LLMs bzw. KI-Tools ist oft abhängig von der Zweckmässigkeit verwendeter Prompts. Prompts stellen Eingabeaufforderungen dar, die durch die Anwendung bestimmter Techniken verfeinert werden sollten, um bessere und zuverlässigere Rückmeldungen des KI-Tools zu erhalten.

Bei der Erstellung von Prompts verstanden als Eingabeaufforderungen geht es um mehr als nur darum, einem LLM eine Frage zu stellen. Es geht darum, das KI-Modell so zu steuern, dass es hochwertige, relevante und strukturierte Antworten produziert.

Zu den wichtigsten Hinweisen für ein wirksames «Prompting» gehören z.B.:

  • Seien Sie spezifisch und definieren Sie die Aufgabe klar.
  • Gliedern Sie eine umfassende Aufgabe gegebenenfalls in einzelne Schritte.
  • Definieren Sie das Format und die Struktur der erwarteten Ausgabe.
  • Legen Sie, wo sinnvoll Längenbegrenzungen fest.
  • Nutzen Sie Rollenzuordnungen, denn ein rollenbasiertes Prompting und die gleichzeitige Bereitstellung des relevanten Kontexts führt bewirkt, dass Sie genauere und massgeschneiderte Antworten erhalten. So bringen Sie das LLM dazu, eine bestimmte Perspektive oder einen bestimmten Wissensstand einzunehmen, der mit dem gewünschten Ergebnis übereinstimmt.

Es ist wichtig zu bedenken, dass und wie diese o.g. Techniken kombiniert werden können, um noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Indem Sie diese Techniken kombinieren, stellen Sie sicher, dass das von Ihnen genutzte LLM klare, strukturierte und qualitativ hochwertige Ergebnisse liefert, die Ihrem spezifischen Ziel entsprechen.

Fazit

Die Möglichkeiten für KI im Controlling sind enorm. Von der schnellen Analyse und Interpretation von Daten über die Automatisierung von Berichten und Forecasts bis hin zur Erleichterung der Arbeit mit BI-Tools und Excel – grosse Sprachmodelle wie ChatGPT und andere unterstützen Controllerinnen und Controller bei ihren täglichen Aufgaben. Dadurch bleibt mehr Zeit für strategische Fragestellungen und wertschöpfende Analysen, während gleichzeitig die Entscheidungsqualität erhöht wird.

Controllerinnen und Controller ebenso wie Unternehmen, die auf den Einsatz dieser KI-Tools setzen, verschaffen sich einen signifikanten Wettbewerbsvorteil in ihrer Servicequalität und damit auch in der Finanzsteuerung und Unternehmensführung.

Quellen- und Literaturhinweise

Verwendete KI-Tools: Gemini 2.0 Flash und ChatGPT 4o

Mittal, A: Der wesentliche Leitfaden für Prompt Engineering in ChatGPT, online: Der wesentliche Leitfaden für Prompt Engineering in ChatGPT – Unite.AI

Die Technikblogger: Gemini Prompt Tipps: So holst du das Beste aus Googles KI-Modell heraus, online: dietechnikblogger.de/gemini-prompt-tipps-so-holst-du-das-beste-aus-googles-ki-modell-heraus/

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