Budgetierung: Was es zu beachten gilt

Planung und Budgetierung gehören in Unternehmen traditionell zu den wichtigsten Controlling-Aufgaben ĂŒberhaupt. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn der Budgetierungsprozess einen grossen Teil der zur VerfĂŒgung stehenden Zeit von Managern und Controllern beansprucht.

28.04.2025 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Budgetierung

Budgetierung worauf es ankommt

Worauf der Controller im gesamten Budgetierungsprozess ein besonderes Augenmerk zu legen hat, ist die inhaltliche und die strukturelle Abstimmung zwischen den strategischen Vorgaben (auf GeschĂ€ftsfeldebene) und dem, was die operativen Einheiten (auf der Massnahmenebene) daraus zu machen haben. Das ist zum einen eine Frage der Kommunikation, zum anderen eine Frage der Abgrenzung der Ziele und Massnahmen auf einzelne Perioden und auf einzelne TĂ€tigkeitsbereiche. In einer funktionalen Organisation heisst das, dass abzuleiten ist, welche Vorgaben aufgrund eines beliebigen operativen Zieles auf einen bestimmten Funktionsbereich entfallen und durch welche AktivitĂ€ten er, nach Art der TĂ€tigkeit und nach Menge des Outputs bestimmt, diese Vorgaben erreicht. Auch bei einer Spartenorganisation mĂŒssen Mengen- und Deckungsbeitragsziele in Vorgaben fĂŒr die Funktionen, z.B. Absatz und Produktion, umgewandelt werden. Hierauf aufbauend werden der Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums und die Materialbedarfe und ProduktionsablĂ€ufe bestimmt, und das löst fĂŒr den Beschaffungsbereich Einkaufs- und Lagerprogramme und Einkaufs- und Lagermassnahmen aus. In Summe muss ein nach ZeitrĂ€umen, Funktionen und Verantwortlichkeiten strukturiertes MassnahmenbĂŒndel entstehen. Das braucht Zeit, die im Planungskalender vorgesehen sein muss.

Budgetierung ist Wissensmanagement 

Planung ist wissensbasiert: Um PlĂ€ne zu erstellen, muss eine Vielzahl von Informationen erarbeitet und mit dem Wissen der daran Beteiligten kombiniert werden. Hier spielt es eine Rolle, ob die Informationsversorgung effektiv und effizient ist; das können entsprechende Informationsversorgungssysteme unterstĂŒtzen. 

Hinweis: Es geht aber nicht nur um wissensintensive Prozesse, sondern auch um “Wissensprozesse”, das heisst um eine Folge von AktivitĂ€ten, die dem Aufbau und der Sammlung von Wissen dienen. 

Prozesse, die die Sammlung, Verarbeitung und Speicherung von Wissen als Output eines GeschĂ€ftsprozesses unterstĂŒtzen. So mĂŒssen zum einen beispielsweise geeignete Vorhersagetechniken zur VerfĂŒgung stehen (Prognoseverfahren, statistische Hochrechnungen, SensitivitĂ€tsrechnungen etc.).

Zum anderen muss man die KomplexitĂ€t in den Griff bekommen, die darin besteht, dass es zunĂ€chst einmal viele Mitarbeiter gibt, die an der Planung beteiligt sind, dass dann die Beteiligten relativ weite EntscheidungsspielrĂ€ume bei Festlegung der Plandaten haben, und dass ihre Entscheidungen durch eine Vielzahl von EventualitĂ€ten verĂ€ndert werden können. Komplex ist ausserdem, dass KreativitĂ€t und innovatives Denken von Personen verlangt werden, die dafĂŒr unterschiedlich geeignet sind und die auf den Output ihrer TĂ€tigkeit einen relativ grossen Einfluss haben, dass aber ihr Wissen schnell obsolet werden kann und lange Lernzeiten erforderlich sind. Im Folgenden wird dargestellt, wie der Controller - denn er muss letztendlich Input und Output der Planung in ein optimales VerhĂ€ltnis bringen - mit dieser Problematik zurecht kommen kann.

Optimierung der Planung 

Vorderhand ist das gesamte im Unternehmen vorhandene Wissen “Input” der Planung. Um den Zufluss von Wissen fĂŒr die Planung zu isolieren (und damit diesen Prozess beherrschbarer zu machen), muss unterschieden werden in das eigentliche “Planungswissen”, das “organisationale Wissen” (die Wissensbasis) und das individuelle Wissen einzelner Personen. 

Hinweis: Als organisationale Wissensbasis bezeichnet man kollektive WissensbestĂ€nde z.B. ĂŒber die Standardisierung von AblĂ€ufen und in der Organisation gĂ€ngige Handlungsweisen. 

Organisationales (oder institutionelles) Wissen steckt in den personenunabhĂ€ngigen, anonymisierten Regelsystemen, welche die Operationsweise einer Organisation - Unternehmen, Behörde, Verein, Verband - definieren. Vor allem sind dies Standardverfahren (“standing operating procedures”), Leitlinien, Kodifizierungen, Arbeitsprozess-Beschreibungen, etabliertes Rezeptwissen fĂŒr bestimmte Situationen, Routinen, Traditionen, spezialisierte Datenbanken, kodiertes Produktions- und Projektwissen und die Merkmale der spezifischen Kultur der Organisation.

Um davon das “Planungswissen” zu unterscheiden, kann man aus dem Zusammenhang zwischen “Wissen” und Planungsprozess kategorisieren in Wissen im, Wissen ĂŒber und Wissen aus dem Prozess (nach Axel Röpnack, MediengestĂŒtztes Wissensmanagement fĂŒr die operative Unternehmensplanung. St. Gallen, 2002).

Wissen in der Planung 

Wissen in der Planung bezeichnet aktuelles, d.h. wĂ€hrend der konkreten PlanungstĂ€tigkeit benötigtes, tĂ€tigkeitsbezogenes Wissen aus einer operativ ausfĂŒhrenden Perspektive. Beispiele sind Wissen ĂŒber die TĂ€tigkeit einer Abteilung, ĂŒber die AbhĂ€ngigkeit in den Kennzahlensystemen oder darĂŒber, wie man zu Bewertungen der Planzahlen gelangt. Der Planer oder die Planungsteams benötigen dieses Problemlösungswissen, um die Zielerreichung der Planung quantitativ und qualitativ durch PlanungsaktivitĂ€ten beeinflussen zu können. Es handelt sich also um Methoden oder Fachwissen, das auf das konkrete Planungsproblem angewandt wird.

Wissen ĂŒber die Planung

Wissen ĂŒber die Planung bezeichnet ebenfalls Kenntnisse mit aktuellem Zeitbezug, allerdings aus der institutionellen Planungsperspektive. Es bezieht sich auf die Planung der Planung, die Effizienz und EffektivitĂ€t der operativen Planung zum Ziel hat. Da hat der Controller anzusetzen, wenn er Input und Output in das richtige VerhĂ€ltnis bringen will. Zu diesem Wissen gehören z.B. Kenntnisse ĂŒber die LeistungsfĂ€higkeit der Informationssysteme, ĂŒber die FĂ€higkeiten der Planer und darĂŒber, ob die eingesetzten Methoden das Planungsziel effektiv erreichen. Ein wesentlicher Wissensbaustein ist dabei das Wissen ĂŒber die Organisationsstruktur und die Verteilung der Planungs- und Kontrollmechanismen.

Wissen aus der Planung

Mit Wissen aus der Planung wird das Wissen bezeichnet, das am Ende der Planung hervorgebracht ist, also das Resultat einer abgeschlossenen TĂ€tigkeit. Wissen aus der Planung kann drei unterschiedliche Wirkungskreise haben:

Es fliesst in den nÀchsten Planungsschritt. Beispielsweise der Hinweis, dass zur Interpretation einer Nutzwertanalyse eine bestimmte Methode einzusetzen ist. Oder:

Es ist Wissen, das fĂŒr die Planung der Planung relevant ist und damit das Wissen ĂŒber den Prozess verbessert. So kann sich herausstellen, dass die QualitĂ€t der Datenbasis verbessert werden muss, damit eine bestimmte Interpretation möglich wird. Oder:

Es bewirkt rĂŒckwirkend fĂŒr die abgeschlossene TĂ€tigkeit eine Verbesserung und erhöht damit das Wissen in der Planung. So kann sich beispielsweise erst in der Planung herausstellen, dass ein Einsatzstoff alternativ verwendet werden kann, weil man erst mit dieser Erkenntnis konfrontiert wurde, als sich Knappheiten ergaben, obwohl ein Knappheitsproblem vorher gar nicht als solches ausgewiesen war.

Die Kenntnis dieser ZusammenhĂ€nge ermöglicht dem Controller, Wissen da verfĂŒgbar zu machen, wo es gebraucht wird. Er kann sicherstellen, dass die Ressource “Planungswissen” verteilt, bewahrt und genutzt wird. Sie wird im Verlauf der Planung aktualisiert, und zwar je nach Wissensart zentral oder dezentral. Die Folge wird sein, dass die Durchlaufzeiten in der operativen Planung kĂŒrzer werden, dass sich die QualitĂ€t der Planung erhöht, die Planung der Planung und zudem möglicherweise der gesamte Prozess der Planung rationeller werden.

Budgetkongrolle

Mit der Aufstellung des Jahresbudgets endet die Abfolge von “strategisch” zu “operativ”. Aber das Planungsgeschehen setzt sich fort: Einerseits sind Erkenntnisse aus der Budget- bzw. Realisierungskontrolle in das Regelungssystem rĂŒckzukoppeln und wenn erforderlich neue, der Korrektur von Abweichungen dienende Massnahmen zu planen. Andererseits sind Hochrechnungen zu erstellen, “rolling forecasts”, und, wenn eine diesbezĂŒgliche Systementscheidung getroffen ist, ist ohnehin dauerhaft an einer rollierenden Planung zu arbeiten.

Ein Budget ist die auf den Zeitraum von einem Jahr abgegrenzte Zusammenfassung der mengen- und wertmĂ€ssigen Effekte der TeilplĂ€ne aller Unternehmenseinheiten. Es aggregiert also aus verschiedenen Verantwortungsbereichen stammende Vorgaben und bildet deren Zusammenwirken ab. Damit ist es ein unverzichtbarer Teil der FĂŒhrung - des “Regelkreises” - und wird besonders in Zeiten knapper Ressourcen als ein Instrument angesehen, das die Kosten- und Ertragspositionen, die Kapitalbindung und den Fluss der Zahlungsströme bis in alle VerĂ€stelungen der Organisation transparent macht. In der richtigen Weise genĂŒtzt, kann es der Zielerreichung, dem rechtzeitigen HerbeifĂŒhren von Korrekturen und der Lokalisierung von Schwachstellen dienen. Das kann eine gute Kontrollarbeit leisten. Eine Facette dieser Kontrolle muss schon weit vor Verabschiedung eines Budgets einsetzen, nĂ€mlich das Aufdecken der von manchen Planern reichlich eingebauten “Sicherheitspuffer”, die ein Budget verzerren. Was dadurch auch eliminiert wird, ist die Unzahl von Iterationen, die hĂ€ufig bei Aufstellen eines Jahresbudgets anzutreffen ist, weil die zu verabschiedenden PlĂ€ne als “Verhandlungsergebnisse” angesehen werden.

Der Schwerpunkt muss also nicht in der Erstellung, sondern im Umgang mit dem Budget liegen, in der Budgetkontrolle und den aus ihr folgenden AktivitĂ€ten. 

Wird zu viel Zeit- und Personalaufwand in die Budgeterstellung gelegt, kommt die Budgetkontrolle zu kurz. Und der Budgetierung dĂŒrfen nicht zu viele Rollen zugewiesen werden. Sie eignet sich primĂ€r nicht zur Zielfestlegung, zur Ressourcenallokation und zur Schaffung von Leistungsanreizen, und schon gar nicht darf sie das alleinige Instrument zur erfolgsorientierten Steuerung eines Unternehmens sein. Zu erreichen wĂ€re die richtige Einordnung und Anbindung des Budgets mit der oben beschriebenen Technik, die die Mehrjahresplanung auf wichtige hochaggregierte Grössen beschrĂ€nkt (Investitionen, Personalbedarf, KapitalflĂŒsse, Bilanz, G&V) und aus dem Massnahmenplan das “Scharnier” zwischen strategischer Planung und Budget macht.

Der zweite Mangel herkömmlicher Budgetierung ist die starre Fixierung auf ein GeschĂ€ftsjahr. NatĂŒrlich bedarf es der Kenntnis ĂŒber das, was per Jahresende zu erreichen ist. Aber diese Kenntnis ist beispielsweise zur Jahresmitte ohnehin schon weit gehend greifbar, es sind möglicherweise Korrekturmassnahmen eingeleitet, deren Wirkung ĂŒber die Jahresgrenze hinausreicht, es sind neue strategische Zielvorgaben erarbeitet. Aus einer richtig verstandenen Budgetkontrolle ergibt sich eigentlich zwangslĂ€ufig, dass die Fixierung auf ein GeschĂ€ftsjahr aufzuheben ist. Das Jahresbudget wird auf Basis der jeweils erreichten Planrealisierung und aus dem jeweils aktuellen Massnahmenplan ĂŒber die GeschĂ€ftsjahresgrenze hinaus fortgeschrieben. Ein recht sinnvoller Vorschlag ist auch, anstelle von rollierend vier Quartalen deren fĂŒnf fortzuschreiben, um zu erreichen, dass das rollierende Budget immer ĂŒber einen Jahresabschluss hinausreicht.

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