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Debitorenmanagement: Was tun bei säumigen Schuldern?

Wenn eine offene Forderung nicht fristgerecht bezahlt wird, kann das für den Gläubiger zumindest bei grösseren Beträgen bisweilen existenzbedrohend sein. Gerade KMUs und Privatpersonen gehen säumige Schuldner häufig an die Substanz.

21.06.2022 Von: Karin Bürgi Locatelli
Debitorenmanagement

Schuldner prüfen

Vorsicht ist besser als Nachsicht. An diese Weisheit sollten sich Unternehmen im Geschäftsverkehr mit ihren Geschäftspartnern halten. Geht es um grössere Geldbeträge, lohnt es sich, über einen noch unbekannten Schuldner vor Abschluss eines Geschäfts einen Betreibungsregisterauszug beim Betreibungsamt am Wohnort bzw. Sitz des Schuldners zu verlangen. Da die Betreibungsämter lokal organisiert sind, gibt ein Auszug aus dem Betreibungsregister allerdings nur Auskunft über jene Betreibungen, die beim Betreibungsamt des betreffenden Wohnorts eingeleitet wurden. Wenn ein Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre den Wohnort gewechselt hat, müssen auf mehreren Betreibungsämtern Auskünfte verlangt werden.

Betreiben oder gleich klagen?

Hat alle Vorsicht nichts genützt und ist ein Schuldner säumig, bleibt dem Gläubiger häufig nichts anderes übrig, als den Rechtsweg zu beschreiten. Manchmal kann dabei, wenn die eigene Mahnung nichts genützt hat, ein Anwaltsbrief hilfreich sein, um dem Schuldner zu zeigen, dass es nun ernst wird. Zahlt der Schuldner dann immer noch nicht, gibt es grundsätzlich zwei Vorgehensmöglichkeiten, um eine Geldforderung gegen einen Schuldner in der Schweiz einzutreiben: Einerseits kann die Forderung zuerst gerichtlich geltend gemacht und danach mittels Betreibung vollstreckt werden. Andererseits kann aber auch direkt – also ohne vorgängiges gerichtliches Verfahren – die Betreibung gegen den Schuldner eingeleitet werden. Zuständig hierfür ist das Betreibungsamt am (Wohn-) Sitz des Schuldners. Die Schuldbetreibung wird durch die Einreichung eines Betreibungsbegehrens eingeleitet, und dem Schuldner wird ein Zahlungsbefehl zugestellt, mit der Aufforderung, die betriebene Forderung mitsamt den vom Gläubiger vorgeschossenen Betreibungskosten innerhalb von 20 Tagen zu begleichen. Oft erhebt der Schuldner gegen den Zahlungsbefehl «Rechtsvorschlag». Diesen muss er nicht begründen, ebenso wenig wie der Gläubiger im Betreibungsbegehren seine Forderung begründen muss. Der Rechtsvorschlag führt dazu, dass die Betreibung zunächst eingestellt wird.

Beseitigung des Rechtsvorschlags

Basiert die Forderung auf einem rechtskräftigen Gerichtsurteil oder einer rechtskräftigen Verfügung einer Verwaltungsbehörde, kann der Gläubiger beim zuständigen Gericht in einem einfachen und günstigen Verfahren «definitive Rechtsöffnung» verlangen. Das Gericht prüft in diesem Fall nur, ob der Schuldner belegen kann, dass die Forderung bereits beglichen worden ist oder dass sie verjährt ist. Ist dies nicht der Fall, hebt es den Rechtsvorschlag des Schuldners auf.

Verfügt der Gläubiger dagegen nur über eine schriftliche Schuldanerkennung, kann er beim Gericht mit einem Gesuch um «provisorische Rechtsöffnung» die Beseitigung des Rechtsvorschlags verlangen. Es empfiehlt sich deshalb beispielsweise, darauf zu bestehen, dass Kunden schriftliche Bestellungen unterschreiben. Die provisorische Rechtsöffnung ist insofern nur provisorisch, als der Schuldner dagegen seinerseits beim zuständigen Gericht eine «Aberkennungsklage» einreichen kann. Damit eröffnet er einen ordentlichen Prozess, der sich mit der Rechtmässigkeit der Forderung befasst.

Verfügt der Gläubiger über keine Schuldanerkennung, muss er seinerseits mit einer «Anerkennungsklage» den Weg des ordentlichen und entsprechend erheblich aufwendigeren und teureren Gerichtsverfahrens beschreiten. Die Fortsetzung der Betreibung kann erst verlangt werden, wenn die Anerkennungsklage gutgeheissen und der Rechtsvorschlag vom Gericht ausdrücklich beseitigt worden ist. In solchen Fällen ist daher jeweils zu prüfen, ob nicht besser direkt das ordentliche Verfahren ohne vorgängige Betreibung eingeleitet werden sollte, vor allem, wenn davon auszugehen ist, dass der Schuldner Rechtsvorschlag erheben wird. Wird die Klage gutgeheissen, erübrigt sich zumindest bei seriösen und zahlungsfähigen Schuldnern in der Folge oft ein Betreibungsverfahren, da der Schuldner nach Vorliegen des rechtskräftigen Urteils freiwillig zahlt. Manchmal kann dagegen bereits die blosse Einreichung eines Betreibungsbegehrens dazu führen, dass der Schuldner freiwillig zahlt, so z.B. dann, wenn der Schuldner einen Betreibungsregisterauszug für die Wohnungssuche benötigt. Im Betreibungsregisterauszug werden auch Betreibungen, gegen die Rechtsvorschlag erhoben wurde, aufgeführt.

Pfändung

Hat der Schuldner gar keinen Rechtsvorschlag erhoben oder wurde der Rechtsvorschlag inzwischen beseitigt, kann der Gläubiger das «Fortsetzungsbegehren» stellen. Ist der Schuldner nicht im Handelsregister eingetragen, wird die Betreibung auf dem Weg der Pfändung weitergeführt. Dabei werden nur so viele Vermögenswerte des Schuldners gepfändet, als es zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung zuzüglich Zinsen und Kosten als nötig erscheint. Der Grossteil aller Pfändungen sind Lohnpfändungen. Sogenannte Kompetenzstücke, wie z.B. Geräte, die zur Ausübung des Berufs notwendig sind, können dagegen nicht gepfändet werden.

Nach durchgeführter Pfändung kann beim Betreibungsamt die Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte verlangt werden. Das Betreibungsamt wird dann die Verwertung vornehmen und die Vermögenswerte mittels öffentlicher Versteigerung oder durch Freihandverkauf so weit veräussern, als dies zur Deckung der Forderung samt Zinsen und Betreibungskosten erforderlich ist. Wurde eine Forderung vom Schuldner durch ein Pfand gesichert, untersteht das Verfahren unabhängig von der Person des Betriebenen der Betreibung auf Pfandverwertung. Bei ihr wird die Forderung durch die Verwertung des Pfandgegenstands beglichen.

Konkurs

Bei im Handelsregister eingetragenen Schuldnern wird die Betreibung nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens des Gläubigers durch die Zustellung der «Konkursandrohung» fortgesetzt. Zahlt der Schuldner dann immer noch nicht, muss der Gläubiger zur Einleitung des Konkurses das Konkursbegehren beim zuständigen Konkursgericht stellen.

Dabei ist zu beachten, dass z.B. die Inhaber einer Einzelunternehmung und die Kollektivgesellschafter auch für ihre Privatschulden der Konkursbetreibung unterliegen. Die Betreibung auf Konkurs stellt für den Schuldner eine einschneidende Massnahme dar, denn sein ganzes Vermögen wird eingezogen und verwertet, und er verliert damit die Fähigkeit, über sein Vermögen in rechtswirksamer Weise zu verfügen. Nicht in die Konkursmasse fällt allerdings das Arbeitseinkommen nach Konkurseröffnung. Anders als bei einer Pfändung kann der Schuldner darüber im Konkurs frei verfügen, was häufig ein Grund dafür ist, dass Schuldner selbst einen «Privatkonkurs» einleiten. Die Forderungen werden im Konkurs in Gläubiger-Klassen eingeteilt, die Aktiven verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt. Aus dem Verwertungserlös werden vorab die Konkurskosten bezahlt.

Vermögen des Schuldners blockieren

Ist offensichtlich, dass ein Schuldner dabei ist, Vermögenswerte beiseitezuschaffen, kann der Gläubiger ihm bekannte Vermögenswerte des Schuldners in der Schweiz durch einen gerichtlichen «Arrest» sichern. Der Arrest muss allerdings nachträglich durch ein normales Betreibungs- oder Gerichtsverfahren bestätigt werden. Interessant ist unter Umständen die Möglichkeit, in der Schweiz befindliche Vermögenswerte eines Schuldners mit Wohnsitz im Ausland mittels Arrests zu blockieren. Dieser sogenannte Ausländerarrest kann beantragt werden, wenn die Forderung einen Bezug zur Schweiz hat oder eine Schuldanerkennung vorliegt. Eine Blockierung von Vermögenswerten durch einen Arrest ist zudem auch möglich, wenn der Gläubiger bereits über ein Gerichtsurteil verfügt, in dem ihm eine Forderung gegen den Schuldner zugesprochen wurde.

Verlustschein

Für einen nicht gedeckten Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Kosten erhält der Gläubiger sowohl im Konkursals auch im Pfändungsverfahren einen Verlustschein. Dieses amtliche Dokument führt dazu, dass die Forderung des Gläubigers erst nach 20 Jahren seit Ausstellung des Verlustscheins verjährt. Die Forderung muss dafür vom Schuldner nicht mehr verzinst werden. Ein Pfändungsverlustschein ermöglicht es einem Gläubiger zudem, wie dies auch die Konkursverwaltung im Konkursverfahren kann, eine sogenannte paulianische Anfechtungsklage einzureichen. Mit dieser können verdächtige Rechtsgeschäfte, die der Schuldner vor der Pfändung vorgenommen hat, angefochten werden.

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