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Steueroptimierte Buchhaltung: Das gilt es zu beachten

Unternehmen führen aus legitimen Gründen steueroptimierte Buchhaltungen. Allerdings können sich überbordende Steueroptimierungen negativ auf den Verkaufspreis eines Unternehmens auswirken und sich in der Gesamtbetrachtung als finanzielles Minusgeschäft entpuppen.

17.01.2023 Von: Richard Jauch
Steueroptimierte Buchhaltung

Steueroptimierte Buchhaltungen sind die Regel

Unternehmen als gewinnorientierte Organisationen sind darauf erpicht, ihre Überschüsse zu maximieren. Gewinnsteuern stellen einen erheblichen Aufwandposten dar, dem keine unmittelbare Gegenleistung zugunsten des Unternehmens gegenübersteht. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, dass die überwiegende Mehrheit der Betriebe die gesetzlich zulässigen Möglichkeiten nutzt, um diese Position so tief wie möglich zu halten. Treuhänder und Steuerberater leisten hervorragende Arbeit und zeigen ihren Kunden absolut legale Möglichkeiten zu Steuerersparnissen auf, welche diese gerne ergreifen. Eine Auswahl der gängigen Optimierungen ist:

  • Bildung von maximalem Delkredere (Rückstellungen) auf Debitoren (5% auf inländischen und 10% auf ausländischen Forderungen)
  • Bildung von steuerlich privilegierter Reserve (Wertberichtigung) auf Warenlager (ein Drittel, sog. Warendrittel)
  • maximale Abschreibung von Anlagevermögen (d.h. von Maschinen, Möbeln, Anlagen, Immobilien etc.)
  • Bildung von Garantierückstellungen ohne konkret absehbare Garantiefälle entsprechender Grössenordnung

All diese Vorgänge führen zur Bildung von stillen Reserven, d.h. zu Unterbewertungen von Aktiven bzw. Überbewertungen von Passiven. Die Gegenbuchungen dieser Vorgänge stellen Aufwände in der Erfolgsrechnung dar, welche den ausgewiesenen Gewinn schrumpfen lassen und die Steuerlast der entsprechenden Periode verringern.

Wer öfter Buchhaltungen von KMUs zu Gesicht bekommt, begegnet immer wieder Unternehmen, die die Möglichkeiten für die Reduktion ihrer Steuerlast bis zur Grenze ausschöpfen. Es sind u.a. folgende Vorgänge zu beobachten:

  • Warenlager werden nicht aktiviert oder systematisch viel zu tief bewertet.
  • Erhebliche Arbeits- und Materialvorleistungen im Zusammenhang mit Kundenaufträgen werden nicht als angefangene Arbeiten aktiviert, sondern voll der Erfolgsrechnung belastet.
  • Ersatzanschaffungen oder wertvermehrende Verbesserungen von bestehenden betrieblichen Aktiven werden nicht aktiviert und abgeschrieben, sondern direkt als Aufwand verbucht.
  • Aufwände nicht betrieblicher Natur werden dennoch der Erfolgsrechnung belastet (klassische Positionen für solche Vorgänge sind der Material- und Dienstleistungsaufwand, Kommunikationsaufwand, Fahrzeugaufwand, Reise- und Repräsentationsspesen etc.).
  • Aufwände aus Vertragsverhältnissen mit Nahestehenden weichen vom Marktwert ab (z.B. Lohn des Aktionärs oder seiner im Betrieb tätigen Familienmitglieder, Miete für die im Eigentum des Aktionärs oder Nahestehender stehenden Betriebsliegenschaft, Entschädigung für die Nutzungsüberlassung betrieblicher Infrastruktur an Nahestehende etc.).

Die Liste liesse sich beliebig fortführen. Die Ausreizung der vom Obligationenrecht eingeräumten Möglichkeiten führt dazu, dass die Aussagekraft der externen Buchhaltung hinsichtlich der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens stark eingeschränkt wird. Es müssen mitunter komplizierte Bereinigungen durchgeführt werden, um die tatsächliche Substanz und die periodisch korrekt abgegrenzte, wahre Profitabilität des Unternehmens über mehrere Geschäftsjahre aufzuzeigen. Dies wäre weiter nicht besonders problematisch, wenn eine interne Buchhaltung geführt würde, welche die oben beschriebenen Vorgänge in überprüfbarer Weise dokumentiert und korrigiert. Leider ist das gerade bei kleineren KMUs oft nicht der Fall, sodass die wirtschaftliche Situation vergangener Geschäftsjahre nicht mehr exakt rekonstruiert werden kann.

Auswirkungen auf die Preisbildung

Der theoretische Wert eines Unternehmens wird von Rendite, Risiko und der vorhandenen Substanz bestimmt. Die Bilanzpolitik spielt in der Unternehmensbewertung keine Rolle. Da Wert und Preis bekanntlich nicht dasselbe sind, verhält es sich beim Verkaufspreis eines Unternehmens anders. Dieser wird im Wesentlichen durch die Nachfrage sowie die Qualität der im Markt vorhandenen Informationen gebildet. Je geringer die Nachfrage bzw. je lückenhafter die vorhandenen Unternehmensinformationen sind, umso tiefer fällt der Marktpreis aus.

Bei Unternehmen mit ungenügender Dokumentation der zu bereinigenden Vorgänge sind tiefere Bewertungen eine unvermeidbare Konsequenz. Bei gut dokumentierten Unternehmen mit lückenlos geführten internen Buchhaltungen können Kaufinteressenten die Unschärfen beseitigen und Angebote auf Basis der tatsächlichen Ertragskraft des Unternehmens unterbreiten. Dies trifft mindestens in der Theorie zu. Man sollte aber beachten, dass es sich beim Unternehmensverkauf um einen Prozess zwischen zwei Parteien mit entgegengesetzten Interessen handelt. Alle rein internen Unternehmensinformationen, die nicht in offiziellen, rechtlichen Dokumenten festgehalten sind, müssen von der Gegenseite vor der Betriebsprüfung (Due Diligence) als parteiische «Meinung» klassifiziert und mit angemessener Vorsicht genossen werden. Infolge dieser Prozessdynamik fallen auch bei Unternehmen mit guter Dokumentation die indikativen Kaufofferten oft konservativ aus.

Am besten schneiden Unternehmen ab, die ihre Buchhaltung über einen längeren Zeitraum vor dem Verkauf konsistent nach dem Prinzip der «true and fair view» geführt haben. Sie stellen die reale Ertragskraft des Unternehmens in einem offiziellen, oft von einer externen Revisionsstelle geprüften Dokument dar und entrichten darauf Steuern. Dies erzeugt Glaubwürdigkeit, ist einfach zu verstehen und lässt keine Unklarheiten aufkommen. Bei diesen Firmen können bereits früh im Verkaufsprozess attraktive indikative Kaufofferten erzielt und so eine optimale Verhandlungssituation aufgebaut werden.

Steuerliche Retourkutschen bei Personen- und Kapitalgesellschaften

Wie gesehen, kann sich eine aggressive Bilanzpolitik auf die Preisbildung von Unternehmen ungünstig auswirken. Die Transaktion selbst kann darüber hinaus steuerliche Retourkutschen bewirken und die Steuerersparnisse der Vorjahre relativieren oder gar völlig zunichtemachen.

Als Beispiel seien Personengesellschafter erwähnt, die beim Verkauf ihres Unternehmens das 55. Altersjahr vollendet haben. Laut Art. 11 Abs. 5 Steuerharmonisierungsgesetz kommen sie in den Genuss von Steuerprivilegien. Eines dieser Privilegien sieht vor, dass Personengesellschafter ohne Pensionskassenanschluss einen fiktiven Einkauftätigen können, der steuerlich abzugsfähig ist. Die Höhe des maximal zulässigen Einkaufs wird anhand des in den letzten fünf Geschäftsjahren durchschnittlich deklarierten AHV-Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bemessen. Wenn nun dieser Gewinn über Jahre zwecks Steuer- und Abgabenoptimierung kleingerechnet worden ist, dann fällt der abziehbare Betrag verhältnismässig tief aus. Die Steuer- und Abgabenbelastung infolge des Unternehmensverkaufs fällt entsprechend höher aus. Bei Kapitalgesellschaften profitieren die verkaufenden Aktien- bzw. Stammanteilinhaber im Normalfall von der Steuerfreiheit des erzielten Kapitalgewinns. Sie müssen den Verkaufserlös nicht versteuern. Allerdings ist es Usus, Kapitalgesellschaften so schlank wie möglich zu verkaufen und überschüssige Substanz der Gesellschaft vor dem Verkauf in das Privatvermögen des Verkäufers zu überführen. Wenn nun aber die angehäuften Überschüsse vornehmlich in stillen Reserven stecken, dann lassen sich diese nicht mittels Dividende ausschütten. Wenn es nicht gelingt, diese Werte in den Kaufpreis zu verhandeln, dann müssen die stillen Reserven vor dem Verkauf aufgedeckt, die anfallenden Gewinnsteuern bezahlt und dann die Ausschüttung vorgenommen werden. Alle bisher über die Bildung von stillen Reserven eingesparten Gewinnsteuern sind dann auf einen Schlag nachzubezahlen.

Steueroptimierte Buchhaltung - Ein Fazit

Eine zu aggressive Bilanzpolitik führt gerade bei ungenügend dokumentierten KMUs zu tieferen Verkaufspreisen. Zudem können sich die steuerlichen Einsparungen als vorübergehend erweisen, wenn es nicht gelingt, die verborgenen Werte in einen höheren Kaufpreis umzumünzen.

Man muss sich vor Augen halten, dass für ein gesundes, profitables und etabliertes KMU je nach Grösse und Branche ca. fünf- bis zehnmal der durchschnittliche Reingewinn bezahlt wird. Lässt sich die Ertragskraft des Unternehmens nicht lückenlos nachvollziehen, dann kann der Preisabschlag am Markt ohne Weiteres 20% betragen. Die bisher eingesparten Steuern müssten in diesem Beispiel einen bis zwei volle Jahresgewinne betragen, damit sie sich finanziell gelohnt haben. Wenn man den steuerfreien Kapitalgewinn beim Verkauf von Kapitalgesellschaften berücksichtigt, dann erhöht sich die Gewinnschwelle sogar. Weiter ist zu bedenken, dass Kaufentscheide nicht selten von Personen gefällt werden, die keine professionellen Entzifferer von optimierten Jahresabschlüssen sind. Sie neigen dazu, sich auf das Urteil ihrer fachkundigen Berater zu verlassen. Diese neigen ihrerseits dazu, ihre Sorgfaltspflicht sehr ernst zu nehmen und Dinge vorsichtig zu betrachten. Das Resultat ist meistens ein tieferer Kaufpreis und/oder restriktive vertragliche Bedingungen mit Risikoverschiebungen zulasten des Verkäufers. Es ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil für die Verhandlungen, wenn die externen Zahlen die tatsächliche Situation wiedergeben und auch von einem «Laien» verstanden werden.

Aus all diesen Gründen ist zu empfehlen, mindestens in den drei bis fünf Jahren vor dem geplanten Unternehmensverkauf die Buchhaltung nicht mehr steueroptimal, sondern verkaufsoptimal zu führen. Der tatsächliche wirtschaftliche Gewinn sollte im Sinne einer «true and fair view» ausgewiesen und die Steuer folgen sollten in Kauf genommen werden. Die von aussen leicht nachvollziehbare Ertragskraft wird sich in Form einer stärkeren Nachfrage durch qualitativ höherwertiger Käuferinteressenten, eine günstigere Verhandlungsdynamik, bessere Angebote, einen höheren Verkaufspreis, günstigere Vertragskonditionen sowie einen unkomplizierteren Verkaufsprozess auszahlen. Als zweitbeste Option ist die Führung einer internen Buchhaltung zu empfehlen, welche die problemlose Verifikation der Ertragskraft durch eine externe Partei zulässt.

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