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Unternehmenssanierung: Steuerliche Konsequenzen von Sanierungen

In einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, das u.a. durch die Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie und den Konflikt in der Ukraine geprägt ist, gewinnt das Thema Unternehmenssanierung wieder zunehmend an Aktualität. Aus gegebenem Anlass sollen im vorliegenden Artikel einige Instrumente zur Sanierung einer Unternehmung anhand praktischer Beispiele dargestellt werden.

22.08.2023 Von: Thomas Würsten
Unternehmenssanierung

Einleitung

Aus rechtlicher Sicht definiert sich der Begriff der Sanierungsbedürftigkeit im Wesentlichen nach Art. 725 OR: Zeigt die letzte Jahresbilanz, dass die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt ist (sog. hälftiger Kapitalverlust), so beruft der Verwaltungsrat unverzüglich eine Generalversammlung ein und beantragt ihr Sanierungsmassnahmen. Spätestens bei Eintreten eines hälftigen Kapitalverlusts ist die Gesellschaft somit auch aus rechtlicher Sicht sanierungsbedürftig. Wenn zudem begründete Besorgnis einer Überschuldung besteht, muss eine Zwischenbilanz erstellt und durch die Revisionsstelle geprüft werden. Ergibt sich aus der Zwischenbilanz, dass die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, so hat der Verwaltungsrat das Gericht zu benachrichtigen, sofern nicht Gesellschaftsgläubiger im Ausmass dieser Unterdeckung im Rang hinter alle anderen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten.

Aus steuerlicher Sicht ist demgegenüber grundsätzlich bereits von der Sanierungsbedürftigkeit einer Gesellschaft auszugehen, wenn eine echte Unterbilanz vorliegt, d.h., wenn Verluste bestehen und die Gesellschaft über keine offenen und/oder stillen Reserven verfügt, welche die ausgewiesenen Verluste abdecken. Eine Ausnahme dazu bilden die Sanierungsbestimmungen bei der Emissionsabgabe (Art. 6 Abs. 1 Bst. j und k StG), für deren Anwendung lediglich die Ausbuchung von Verlusten erforderlich ist, unabhängig davon, ob die Gesellschaft sanierungsbedürftig ist bzw. eine Unterbilanz vorweist.

Fallbeispiel

Zwecks Veranschaulichung ausgewählter Sanierungsmassnahmen und Darstellung von deren steuerlichen Implikationen soll nachfolgend von der Beispielgesellschaft T-AG, einer operativ tätigen Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, ausgegangen werden. Die T-AG wird zu 100% von der schweizerischen Holdinggesellschaft M-AG gehalten. Sämtliche Aktien der M-AG befinden sich im Besitz der beiden Brüder A und B, welche ebenfalls in der Schweiz ansässig sind.

Die T-AG ist in einem schwierigen Marktumfeld tätig und hat in den vergangenen Jahren jeweils erhebliche Verluste erzielt. Aufgrund der aktuellen Jahresrechnung weist die T-AG einen hälftigen Kapitalverlust aus, d.h., die vorhandenen Aktiven reichen nicht mehr aus, um sämtliche Verbindlichkeiten und mindestens die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven abzudecken. Entsprechend ist der Verwaltungsrat im vorliegenden Fall verpflichtet, mögliche Sanierungsmassnahmen zu prüfen und diese unverzüglich der Generalversammlung zu beantragen. Vorliegend kommen folgende Optionen in Betracht, welche nachfolgend weiter geprüft werden sollen:

  • À-fonds-perdu-Zuschuss der M-AG
  • Forderungsverzicht durch die M-AG
  • Aktionärsdarlehen der M-AG

À-fonds-perdu-Zuschuss der M-AG

Eine in der Praxis bedeutsame Möglichkeit, einer Gesellschaft rasch und unkompliziert die benötigten finanziellen Mittel zuzuführen, besteht im sogenannten Àfonds- perdu-Zuschuss. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Kapitaleinlage in die notleidende Gesellschaft, ohne dass der Einleger dafür eine Gegenleistung erhält oder ein Anspruch auf Rückzahlung begründet wird. Üblicherweise handelt es sich beim Zuschuss um einen Geldbetrag in einer bestimmten Höhe, denkbar sind jedoch auch andere Zuschussformen wie beispielsweise in der Form einer Sacheinlage.

Handelsrechtliche Aspekte

Vorliegend leistet die M-AG einen Zuschuss im Umfang der Unterbilanz in die T-AG. Aktivseitig erhöhen sich bei der T-AG im entsprechenden Umfang die flüssigen Mittel. Passivseitig kann der Zuschuss grundsätzlich erfolgsneutral in die gesetzlichen Kapitalreserven eingebucht werden. Eine Verrechnung der neu geschaffenen gesetzlichen Kapitalreserven mit vorbestehenden Verlusten ist nicht zwingend erforderlich (vgl. dazu explizit Art. 671 Abs. 1 OR und Art. 674 Abs. 2 OR, Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020 [Aktienrecht], in Kraft ab 1. Januar 2023). Ob eine handelsrechtliche Verlustverrechnung vorzunehmen ist, beurteilt sich im Wesentlichen nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten, die nachfolgend erläutert werden.

Steuerrechtliche Aspekte

Für die steuerlichen Konsequenzen des À-fonds-perdu-Zuschusses auf Stufe der sanierungsbedürftigen T-AG ist entscheidend, ob handelsrechtlich bzw. bilanziell eine Verrechnung des Zuschusses mit vorbestehenden Verlusten erfolgt oder nicht.

Ohne Verlustverrechnung

Der Zuschuss erfolgt gewinnsteuerneutral. Die vorbestehenden, steuerlich relevanten Verluste bleiben bestehen und können daher mit zukünftigen Gewinnen innerhalb der ordentlichen Verlustvortragsperiode von sieben Jahren verrechnet werden (vgl. Art. 60 Bst. a DBG; Art. 67 DBG).

Der Zuschuss qualifiziert bei der T-AG als sogenannte Kapitaleinlagereserve, sofern dieser auf einem gesonderten Konto verbucht und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) gemeldet wird. Kapitaleinlagereserven können zu einem späteren Zeitpunkt ohne Abzug der Verrechnungssteuer von 35% wieder ausgeschüttet werden. Dies könnte beispielsweise relevant werden, wenn ein Aktionär der T-AG die entsprechende Verrechnungssteuer aufgrund einer steuerlichen Ansässigkeit im Ausland nicht oder nicht vollumfänglich zurückerstattet erhält. Zudem können Ausschüttungen aus Kapitaleinlagereserven an Privataktionäre mit Wohnsitz in der Schweiz im Gegensatz zu den übrigen Dividendenausschüttungen einkommenssteuerfrei erfolgen. Der Zuschuss unterliegt bei der T-AG der Emissionsabgabe von 1%. Der Freibetrag von CHF 1 Mio. gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. h StG ist bei Zuschüssen mangels entgeltlicher Erhöhung des Nominalkapitals nicht anwendbar. Auch der Sanierungsfreibetrag von CHF 10.– Mio. gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. k StG kann gemäss Praxis der ESTV vorliegend nicht beansprucht werden, da die dafür vorausgesetzte handelsrechtliche Verlustverrechnung nicht vorgenommen wird.

Mit Verlustverrechnung

Der Zuschuss erfolgt auch bei dieser Variante gewinnsteuerneutral. Die handelsrechtlich vorgenommenen Verlustausbuchungen zulasten des Zuschusses gelten aus steuerlicher Sicht als nicht erfolgt, d.h., die entsprechenden steuerlich relevanten Verlustvorträge stehen der T-AG für eine Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen weiterhin zur Verfügung (vgl. KS ESTV Nr. 32, Ziff. 3.1 Bst. b).

Gemäss Praxis der ESTV werden die im Rahmen des Zuschusses neu geschaffenen Kapitaleinlagereserven durch die Verrechnung mit vorbestehenden handelsrechtlichen Verlusten sogleich wieder vernichtet. Eine spätere verrechnungs- und einkommenssteuerfreie Rückführung der entsprechenden Mittel ist damit nicht mehr möglich.

Wie bereits erwähnt, unterliegt der Zuschuss der M-AG im Umfang der Unterbilanz bei der T-AG grundsätzlich der Emissionsabgabe von 1%. Da im vorliegenden Fall in der Handelsbilanz jedoch eine Verrechnung des Zuschusses mit vorbestehenden Verlusten erfolgt, kann der Sanierungsfreibetrag von CHF 10 Mio. in Anspruch genommen werden (vgl. Art. 6 Abs. 1 Bst. k StG). Dieser Sanierungsfreibetrag steht der Gesellschaft einmalig zur Verfügung, kann aber auf mehrere Sanierungen aufgeteilt werden. Wenn der Freibetrag von CHF 10 Mio. überschritten wird, ist ein Erlass der Emissionsabgabe gemäss Art. 12 StG zu prüfen, wobei dieser allerdings von der Erfüllung verschiedener weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht wird.

Fazit

Die T-AG hat vorliegend die Wahl zu treffen, ob der erhaltene Zuschuss mit vorbestehenden handelsrechtlichen Verlusten zu verrechnen ist oder nicht. Sofern eine handelsrechtliche Verlustverrechnung unterbleibt, muss die T-AG gemäss aktueller Praxis der ESTV zwar die Emissionsabgabe von 1% entrichten, kann dafür aber Kapitaleinlagereserven im Umfang des Zuschusses geltend machen. Nimmt die T-AG demgegenüber eine Verrechnung mit handelsrechtlichen Verlusten vor, kann sie bei der Emissionsabgabe vom Sanierungsfreibetrag profitieren, verliert aber dafür die Kapitaleinlagereserven.

Forderungsverzicht

Grundlagen

Ein weiteres Sanierungsinstrument von erheblicher praktischer Bedeutung stellt der sogenannte Forderungsverzicht dar. Im Unterschied zum vorangehend behandelten Zuschuss à fonds perdu, der typischerweise liquiditätswirksam ist, zeitigt der Forderungsverzicht zwar grundsätzlich keinen direkten Einfluss auf die flüssigen Mittel der sanierungsbedürftigen Gesellschaft. Trotzdem kann der Forderungsverzicht bzw. die damit einhergehende Veränderung der Kapitalstruktur zur Beseitigung eines hälftigen Kapitalverlusts oder einer Überschuldung eingesetzt werden.

Handelsrechtliche Aspekte

Während der definitive Forderungsverzicht eines unabhängigen Dritten bei der sanierungsbedürftigen Gesellschaft handelsrechtlich erfolgswirksam zu erfassen ist, besteht in Bezug auf die Verbuchung eines Forderungsverzichts durch den (direkten oder indirekten) Aktionär ein gewisser Spielraum: Nebst der erfolgswirksamen Verbuchung wird nach schweizerischem Rechnungslegungsrecht grundsätzlich auch die (erfolgsneutrale) direkte Verbuchung des Forderungsverzichts im Eigenkapital als zulässig erachtet.

Steuerrechtliche Aspekte

Grundsatz: echter Sanierungsertrag

Aus steuerlicher Sicht qualifizieren Forderungsverzichte sowohl durch Dritte als auch durch Aktionäre grundsätzlich als echte Sanierungserträge, welche gewinnsteuerwirksam behandelt werden. Folglich realisiert die T-AG im Umfang des Forderungsverzichts durch die M-AG grundsätzlich einen steuerbaren Ertrag. Die zulasten dieses Sanierungsertrags vorgenommenen Verlustverrechnungen, Abschreibungen oder Rückstellung gelten steuerlich als erfolgt, d.h., vorbestehende Verluste werden im entsprechenden Umfang vernichtet und stehen für eine Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen somit nicht mehr zur Verfügung. Immerhin kann der Sanierungsertrag durch die sanierungsbedürftige Gesellschaft auch mit früheren Verlusten verrechnet werden, die bereits mehr als sieben Jahre zurückliegen (sog. erweiterte Verlustverrechnung, vgl. Art. 67 Abs. 2 DBG).

Für die Zwecke der Emissionsabgabe qualifizieren Forderungsverzichte der direkten Aktionärin sowohl bei erfolgsneutraler als auch bei erfolgswirksamer Verbuchung als Zuschuss. Als solcher unterliegt der Forderungsverzicht durch die direkte Aktionärin M-AG grundsätzlich der Emissionsabgabe von 1%. Falls jedoch der Forderungsverzicht zur Verrechnung mit (handelsrechtlichen) Verlusten verwendet wird, kann die Gesellschaft wiederum den Sanierungsfreibetrag über CHF 10 Mio. in Anspruch nehmen (Art. 6 Abs. 1 Bst. k StG). Forderungsverzichte, die erfolgswirksam verbucht werden, qualifizieren nach Praxis der ESTV nicht für die Bildung von Kapitaleinlagereserven. Zudem hätte eine Verrechnung mit handelsrechtlichen Verlustvorträgen zur Folge, dass neu gebildete Kapitaleinlagereserven gleich unmittelbar wieder vernichtet würden. Gerade eine solche Verlustverrechnung wäre aber, wie erwähnt, Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Sanierungsfreibetrags bei der Emissionsabgabe.

Ausnahme: unechter Sanierungsertrag

In den nachfolgenden zwei Fällen qualifiziert der durch die Aktionärin geleistete Forderungsverzicht ausnahmsweise als sogenannter unechter Sanierungsertrag:

  • wenn und soweit Gesellschafterdarlehen vor der Sanierung steuerlich als verdecktes Eigenkapital behandelt worden sind
  • bei Gesellschafterdarlehen, die erstmalig oder zusätzlich wegen schlechten Geschäftsgangs gewährt worden sind und unter den gleichen Umständen von unabhängigen Dritten nicht zugestanden worden wären

Der unechte Sanierungsertrag kann gewinnsteuerneutral in die Kapitaleinlagereserven verbucht werden, wobei aber in diesem Fall handelsrechtlich keine Verrechnung mit Verlusten vorgenommen werden darf. Die entsprechenden Kapitaleinlagereserven können zu einem späteren Zeitpunkt steuerfrei an die Aktionäre zurückgeführt werden. Zudem werden durch diese Vorgehensweise auch keine steuerlichen Verlustvorträge vernichtet, d.h., diese können innerhalb der ordentlichen Verlustverrechnungsperiode von sieben Jahren mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden. Da für die Bildung von Kapitaleinlagereserven keine Verlustverrechnung vorgenommen werden darf, ist entsprechend auch die Ausnahme bei der Emissionsabgabe (Sanierungsfreibetrag von CHF 10 Mio.) nicht anwendbar, d.h., auf dem Forderungsverzicht ist grundsätzlich die Emissionsabgabe von 1% abzuführen.

Fazit

Gemäss aktueller Praxis der ESTV stellt der Forderungsverzicht durch die Aktionärin M-AG auf Stufe der T-AG unabhängig der handelsrechtlichen Verbuchung grundsätzlich einen gewinnsteuerwirksamen Sanierungsertrag dar. Im Umfang der Verrechnung mit vorbestehenden Verlusten reduzieren sich die steuerlich nutzbaren Verlustvorträge. Bei der Emissionsabgabe profitiert die T-AG vom Sanierungsfreibetrag, sofern der im Rahmen des Forderungsverzichts erzielte Ertrag gegen handelsrechtliche Verluste verrechnet wird.

Ausnahmsweise qualifiziert der durch die M-AG geleistete Forderungsverzicht als sogenannter unechter Sanierungsertrag, der bei der T-AG gewinnsteuerneutral in die Kapitaleinlagereserven verbucht werden kann. Damit bleiben einerseits vorbestehende steuerlich nutzbare Verlustvorträge weiterhin erhalten, und andererseits können die neu geschaffenen Kapitaleinlagereserven zu einem späteren Zeitpunkt grundsätzlich verrechnungssteuer- und einkommenssteuerfrei ausgeschüttet werden. Da in diesem Fall allerdings, wie erwähnt, keine Verrechnung mit handelsrechtlichen Verlusten vorgenommen werden darf, greift bei der Emissionsabgabe die Ausnahme des Sanierungsfreibetrags nicht, und der Forderungsverzicht unterliegt damit der Emissionsabgabe von 1%.

Aktionärsdarlehen

Grundlagen

Eine rasche Bereitstellung von Liquidität kann grundsätzlich auch im Rahmen eines Aktionärsdarlehens erfolgen. Dabei gilt anzumerken, dass es sich beim Aktionärsdarlehen im Gegensatz zum vorangehend erwähnten Zuschuss bloss um die (weitere) Zuführung von Fremdkapital handelt und sich dadurch ein Kapitalverlust bzw. eine Überschuldung i.S.v. Art. 725 OR nicht von alleine bereinigen lässt. Stattdessen bedarf es zur Verbesserung der handelsrechtlichen Kapitalstruktur zusätzlicher Massnahmen wie beispielsweise eines Rangrücktritts seitens der Gesellschaftsgläubiger oder eines Debt-Equity-Swaps.

Handelsrechtliche Aspekte

Auf Stufe der T-AG führt das Darlehen aktivseitig zu einer Zunahme der flüssigen Mittel. Im entsprechenden Umfang kommt es passivseitig zur Erhöhung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Beide Vorgänge gestalten sich erfolgsneutral und führen lediglich zu einer entsprechenden Bilanzverlängerung.

Hinweis: Ein Rangrücktritt seitens der Darlehensgeberin bewirkt, dass diese mit ihrer Forderung gegenüber der Gesellschaft hinter alle übrigen Gläubiger zurücktritt, d.h. im Konkurs erst nach allen anderen Gläubigern Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens hat.

Damit lässt sich gemäss Art. 725 Abs. 2 OR bei einer Überschuldungssituation eine Bilanzdeponierung vermeiden, und der Verwaltungsrat gewinnt somit wertvolle Zeit, die er für die Evaluierung und Einleitung nachhaltiger Sanierungsmassnahmen zwingend benötigt.

Steuerrechtliche Aspekte

Weder die Gewährung des Aktionärsdarlehens durch die M-AG noch deren Rangrücktritt führt bei der T-AG zu Steuerfolgen. Allerdings gilt es aus steuerlicher Perspektive insbesondere zu prüfen, ob die vereinbarten Zinsen einem Drittvergleich standhalten und ob durch die Gewährung zusätzlicher Darlehen bei der T-AG verdecktes Eigenkapital vorliegt.

Darlehenszinsen: Die Zinsen auf dem Darlehen der Aktionärin bilden auf Stufe der T-AG grundsätzlich steuerlich abzugsfähigen Finanzaufwand, der im entsprechenden Umfang die Gewinnsteuerbelastung der T-AG reduziert. Sofern die vereinbarten Zinsen allerdings einem Drittvergleich nicht standhalten, qualifiziert der über eine marktkonforme Zinszahlung hinausgehende Anteil am Zinsaufwand als verdeckte Gewinnausschüttung der T-AG zugunsten der M-AG. Der überhöhte Zinsaufwand wird bei der T-AG somit als nicht geschäftsmässig begründet zum steuerbaren Gewinn hinzugerechnet, d.h., der geltend gemachte Zinsaufwand wird nicht vollumfänglich zum Abzug zugelassen. Auf Stufe der M-AG führt die verdeckte Gewinnausschüttung grundsätzlich zu einem Beteiligungsertrag, der über den Beteiligungsabzug indirekt von der Gewinnsteuer freigestellt wird. Verdeckte Gewinnausschüttungen unterliegen als sogenannte geldwerte Leistungen an Beteiligte bzw. Nahestehende der Verrechnungssteuer in Höhe von 35%, wobei zumindest im Binnenverhältnis grundsätzlich das Meldeverfahren in Anspruch genommen werden kann und damit die Verrechnungssteuer nicht in einer endgültigen Steuerbelastung resultieren sollte.

Hinweis: Die ESTV publiziert im Rahmen jährlicher Rundschreiben sogenannte Safe-Haven- Zinssätze, bei deren Einhaltung ohne Weiteres vermutet wird, dass der vereinbarte Zinssatz marktkonform ausgestaltet ist.

Der Gesellschaft steht es jedoch frei, auch bei höheren Zinsen den Nachweis zu erbringen, dass diese marktkonform ausgestaltet sind und daher aus steuerlicher Sicht als Aufwand zum Abzug zuzulassen sind.

Verdecktes Eigenkapital: Fremdkapital, dem wirtschaftlich die Bedeutung von Eigenkapital zukommt, wird aus steuerlicher Sicht in sogenanntes verdecktes Eigenkapital umqualifiziert. Sofern sich also im konkreten Fall bei der T-AG aufgrund des Aktionärsdarlehens die Verhältnisse der Kapitalstruktur wesentlich zugunsten einer Fremdfinanzierung verschieben, besteht das Risiko, dass ein Teil des Aktionärsdarlehens nicht als Fremdkapital anerkannt wird. Entsprechende Zinsaufwendungen, die auf den nicht anerkannten Teil des Fremdkapitals entfallen, werden bei der T-AG in diesem Fall steuerlich nicht zum Abzug zugelassen und stattdessen als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. In der Praxis ermittelt sich der Anteil an Fremdkapital, dem wirtschaftlich die Bedeutung von Eigenkapital zukommt, schematisch nach den Vorgaben des Kreisschreibens Nr. 6 der ESTV vom 6. Juni 1997 zum verdeckten Eigenkapital. Gestützt auf die Verkehrswerte per Jahresende wird jeweils ermittelt, in welchem Verhältnis die entsprechenden Aktiven mit Fremdkapital finanziert werden dürfen. Verfügt die Gesellschaft über mehr Fremdkapital als die maximal zulässige Fremdfinanzierungsquote und wurde ein Teil des Fremdkapitals von Beteiligten und/oder Nahestehenden zur Verfügung gestellt, gilt der übersteigende Teil als verdecktes Eigenkapital.

Fazit

Zuschüsse, Forderungsverzichte oder Aktionärsdarlehen mit Rangrücktritt stellen beliebte Instrumente zur Sanierung einer Gesellschaft dar. Aus steuerlicher Sicht gilt es, die Implikationen der entsprechenden Sanierungsmassnahmen im Einzelfall jeweils genau zu prüfen, da dieser Bereich eine erhebliche Komplexität aufweist und die aktuell geltende Verwaltungspraxis dazu teilweise zu widersprüchlichen Ergebnissen führt. Auch wenn die notleidende Gesellschaft in einer Sanierungssituation typischerweise zusätzliche Kosten (beispielsweise für Rechts- und Steuerberatung) nach Möglichkeit vermeiden möchte, bietet sich im Hinblick auf die konkrete Wahl und Ausgestaltung der Sanierungsmassnahmen erhebliches steuerplanerisches Potenzial, welches mit Blick auf eine nachhaltige und langfristige Sanierung der Gesellschaft nicht ohne Weiteres ungenutzt gelassen werden sollte.

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