Steuerrecht: Neuerungen und mögliche zukünftige Änderungen

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Das Schweizer Steuerrecht
Das Schweizer Steuersystem ist stark vom Föderalismus geprägt. Die Steuererhebung erfolgt durch drei Ebenen:
- Bund
- Kantone
- Gemeinden
Der Bund darf nur jene Steuern erheben, zu denen er ausdrücklich verfassungsrechtlich ermächtigt ist, wie beispielsweise die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer. Die Erhebung von diesen Steuern muss in regelmässigen Abständen durch das Volk und die Stände bestätigt werden. Die Kantone hingegen verfügen über weitgehende Autonomie in der Gestaltung ihrer Steuergesetze, solange keine verfassungsrechtlichen Einschränkungen bestehen. Gemeinden besitzen lediglich eine abgeleitete Steuerhoheit, die ihnen von den Kantonen übertragen wird.
Die Steuerarten sind in allen Kantonen und Gemeinden überwiegend gleich (z.B. Einkommens- und Vermögenssteuern). Die Unterschiede in Steuersätze, Abzüge und Bemessungsgrundlage sind teils jedoch erheblich, was einen Standortwettbewerb innerhalb der Schweiz begünstigt.
Zahlen und Fakten
Laut Statistik1 belief sich der Fiskalbetrag 2022 auf rund 71.12 Mia. CHF für den Bund, 53.75 Mia. CHF für die Kantone und 33 Mia. CHF für Gemeinden.
Bisherige Entwicklung und Einflüsse
Eine bedeutende Reform war die Unternehmenssteuerreform und AHV-Finanzierung (STAF), die seit dem 1. Januar 2020 in Kraft ist. Sie schaffte bisherige Steuerprivilegien für international tätige Statusgesellschaften ab und führte neue, international akzeptierte Sonderregelungen wie die Patentbox oder erhöhte Abzüge für Forschung und Entwicklung ein. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz langfristig gesichert werden.
Das Steuersystem steht zudem unter dem Einfluss internationaler Entwicklungen. Die OECD- und G20-Initiative zur Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für grosse, international tätige Unternehmen wurde in der Schweiz mit einer Ergänzungssteuer umgesetzt, die seit dem 1. Januar 2024 gilt. Diese Anpassung zeigt, dass nationale Steuerpolitik zunehmend in einem internationalen Kontext gestaltet werden muss, um Wettbewerbsfähigkeit, Steuergerechtigkeit und internationale Verpflichtungen in Einklang zu bringen.
Seminar-Empfehlungen
Steuerrechtsänderung per 01.01.2025
Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen
Das Gesetzt setzt die Motion der FDP-Liberalen Fraktion um, welche fordert, dass bei der Säule 3b nicht mehr die gesamte Kapitaleinlage, sondern nur der Ertragsanteil besteuert wird. Neu richtet sich der steuerpflichtige Ertragsanteil von Leibrenten und ähnlichen Versicherungen nach dem Zinsniveau der jeweiligen Anlagebedingungen. Bisher wurden pauschal 40% des Rentenbetrags als Ertrag besteuert, was unter den aktuellen Zinsen zu hohen Belastungen führt. Mit der Anpassung wird diese systematische Überbesteuerung bei Rentenzahlungen abgeschafft und die steuerliche Belastung bei Rückgewähr oder Rückkauf von Leibrentenversicherungen deutlich reduziert.
Änderung der Verordnung über die Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3)
Die Änderung der BVV 3 führt die Möglichkeit ein, versäumte Beiträge in die Säule 3a nachträglich durch sogenannte Einkäufe zu schliessen und diese im Einkaufsjahr steuerlich abzuziehen. Dies gitl für Personen mit AHV-pflichtigem Einkommen in der Schweiz, sowohl für Arbeitnehmende als auch für Selbständigerwerbende. Wesentliche Eckpunkte der neuen Bestimmung:
- Einkaufsberechtigung:
- Nur für Beitragsjahre zulässig, in denen tatsächlich ein AHV-pflichtiges Einkommen bestand.
- Maximal für Beitragslücken der letzten zehn Jahre möglich.
- Im Einkaufjahr muss zusätzlich der reguläre 3a-Maximalbeitrag geleistet werden
- Nach erstmaligen Bezug einer Altersleitung (frühestens mit 60 Jahre) sind keine Einkäufe mehr erlaubt.
- Höhe des Einkaufs:
- Maximal der “kleine Abzug” nach Art. 7 BV 3
- Einkaufspotenzial entspricht der Summe der Beitragslücken der letzten zehn Jahre, ohne Aufzinsung.
- Abwicklung:
- Jede Jahreslücke darf nur mit einer einzigen Zahlung geschlossen werden.
- Der Einkauf ist vorab bei der Vorsorgeeinrichtung schriftlich zu beantragen (inkl. Angaben zu Betrag, Beitragsjahr(en) und bereits geleisteten Beiträgen).
- Die Vorsorgeeinrichtung prüft die Zulässigkeit und stellt eine Bescheinigung mit allen relevanten Angaben aus.
- Datenaufbewahrung und Informationspflicht:
- Vorsorgeeinrichtung müssen Beiträge und Einkäufe getrennt dokumentieren und Unterlagen zehn Jahre nach Beendigung des Vorsorgeverhältnis aufbewahren.
- Bei Wechsel der Einrichtung müssen die Beitrags- und Einkaufsdaten der letzten zehn Jahre weitergegeben werden.
Einkäufe sind nur für Beitragslücken möglich, die nach Inkrafttreten der Änderung entstehen. Bei Inkraftsetzung per 1. Januar 2025 sind Einkäufe ab 2026 erstmals zulässig.
Diese Anpassung führt gemäss Schätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu jährlichen Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von rund 100 bis 150 Millionen Franken. Davon entfallen 78,8 Prozent auf den Bund und 21,2 Prozent auf die Kantone. Bei den Einkommensteuern von Kantonen und Gemeinden werden die zusätzlichen Ausfälle auf jährlich etwa 200 bis 450 Millionen Franken veranschlagt. Für die Bundesverwaltung entstehen keine zusätzlichen Personalkosten. Bei den kantonalen Steuerbehörden ist jedoch mit einem administrativen Mehraufwand zu rechnen.
Bundesgesetz über die Besteuerung der Telearbeit im internationalen Verhältnis
Der Entwurf des Bundesgesetzes über die Besteuerung der Telearbeit im internationalen Verhältnis schafft die gesetzlichen Grundlagen, um neu mit Frankreich und Italien vereinbarte Besteuerungsregelungen umzusetzen. Diese Abkommen erlauben es, dass in der Schweiz quellenbesteuerte Arbeitnehmende ihre unselbstständige Tätigkeit teilweise im Wohnsitzstaat (Telearbeit) ausüben können, ohne dass sich das Besteuerungsrecht ändert.
Für den Fall eines unterjährigen Arbeitgeberwechsels wird eine Bescheinigungspflicht eingeführt. Diese dient dazu, dass der neue Arbeitgeber die bereits im Kalenderjahr geleisteten Telearbeitstage kennt und die Steuerpflicht korrekt umsetzen kann.
Teilrevision der Mehrwertsteuerverordnung
Mit der Teilrevision der Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) setzt der Bundesrat verschiedene Änderungen des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) um. Hauptpunkte sind die Besteuerung von Versandhandelsplattformen, die Auskunftspflicht für sämtliche Internetplattformen, Vereinfachungen für KMU wie die freiwillige jährliche Abrechnung sowie Massnahmen zur Betrugsbekämpfung.
Die Anpassungen betreffen zudem die Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode (SSS/PSS), die Gruppenbesteuerung und die Ausweitung der Portalpflicht. Ziel ist es, Steuerplanungsmöglichkeiten zu reduzieren und die vereinfachte Abrechnung in den Vordergrund zu stellen. Neu sind bei einem Methodenwechsel Vorsteuerkorrekturen vorgeschrieben, um kurzfristige, primär finanzgetriebene Wechsel zu verhindern. Unternehmen können künftig mehr als zwei Saldosteuersätze anwenden, was eine genauere branchenspezifische Abrechnung ermöglicht.
Für Anträge und Meldungen in den Bereichen jährliche Abrechnung, SSS/PSS und Gruppenbesteuerung ist künftig ausschliesslich das elektronische Portal des Eidgenössischen Finanzdepartements zu nutzen. Bei Nichtbenutzung kann die ESTV Eingaben zurückweisen. Technische Ausfälle des Portals haben keine nachteiligen Folgen.
Das revidierte MWSTG und die angepasste MWSTV treten am 1. Januar 2025 in Kraft. Die Portalpflicht für SSS/PSS, Gruppenbesteuerung und Abmeldungen gilt erst ab 1. Januar 2027.
Fazit Steuerrecht Schweiz
Das Steuerrecht steht nie still und befindet sich in einem kontinuierlichen Anpassungsprozess, um wirtschaftliche, gesellschaftliche und internationale Entwicklungen abzubilden. Die aktuelle Änderungen verdeutlichen die Dynamik und die Komplexität der steuerlichen Rahmenbedingungen.
Quellen:
Rudnicka, J. (2025). Steuereinnahmen in der Schweiz nach Staatsebenen 2022.
www.estv.admin.ch/estv/de/home/die-estv/steuerpolitik/inkrafttreten-neuerungen/2025.html