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Verwaltungsratssitzung: Vorbereitung und Durchführung

Der Verwaltungsrat führt die Geschäfte der Gesellschaft, soweit er die Geschäftsführung nicht übertragen hat (Art. 716 Abs. 2 OR). Er kann in allen Angelegenheiten Beschlüsse fassen, die das Gesetz oder die Statuten nicht der Generalversammlung zuweist (Art. 716 Abs. 1 OR). Für die ordnungsgemässe Führung einer Aktiengesellschaft ist das Abhalten von Verwaltungsratssitzungen nötig. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Verwaltungsrat aus mehr als einer Person besteht.

22.06.2021 Von: Michael Rutz
Verwaltungsratssitzung

Vorbereitung der Verwaltungsratssitzung

Die Vorbereitung der Verwaltungsratssitzung obliegt dem Verwaltungsratspräsidenten. Er muss die nötigen Vorarbeiten erledigen oder erledigen lassen (z.B. durch den Sekretär des Verwaltungsrats). Die an der Verwaltungsratssitzung zu behandelnden Gegenstände sollten traktandiert und den Mitgliedern des Verwaltungsrats unter Wahrung einer genügenden Frist zur Vorbereitung zugestellt werden, so dass die einzelnen Mitglieder Gelegenheit haben, sich hinreichend auf die Sitzung vorzubereiten (R. Müller, VR-Sitzung: Vorbereitung, Einberufung, Durchführung, Beschlussfassung, Protokollierung, in: SJZ 107 (2011), S. 2).

Einberufung der Verwaltungsratssitzung

Eine Verwaltungsratssitzung ist nach Bedarf einzuberufen. Zuständig für die Einberufung ist der Verwaltungsratspräsident. Eine gesetzlich festgelegte Anzahl Sitzungen pro Jahr gibt es nicht. Pro Jahr ist aber mindestens eine Sitzung abzuhalten. Den Verwaltungsratsmitgliedern muss die ordnungsgemässe Ausübung ihrer gesetzlichen und statutarischen Pflichten möglich sein, da sie sich sonst dem Risiko einer Verantwortlichkeitsklage aussetzen (BSK OR II - M. Wernli, N 4 zu Art. 713 OR). Deshalb hat jedes Mitglied des Verwaltungsrats die Möglichkeit, beim Präsidenten jederzeit die Einberufung einer Verwaltungsratssitzung zu verlangen (Art. 715 OR). Die Mitglieder des Verwaltungsrats sind ohne gegenteilige Statutenbestimmung aber grundsätzlich nicht befugt, selbst eine Verwaltungsratssitzung einzuberufen (R. Müller, VR-Sitzung: Vorbereitung, Einberufung, Durchführung, Beschlussfassung, Protokollierung, in: SJZ 107 (2011), S. 2).

Zur Form der Sitzungseinberufung enthält das Gesetz keine Vorgaben. Die Einladung kann daher auch mündlich oder mittels eines modernen Kommunikationsmittels erfolgen. In dringenden Fällen empfiehlt sich aus Beweisgründen eine schriftliche Einberufung vorzunehmen (R. Müller, VR-Sitzung: Vorbereitung, Einberufung, Durchführung, Beschlussfassung, Protokollierung, in: SJZ 107 (2011), S. 3).

Werden einzelne Mitglieder des Verwaltungsrats - bewusst oder unbewusst - nicht zu einer Verwaltungsratssitzung eingeladen, sind die entsprechenden Verwaltungsratsbeschlüsse nichtig (Art. 714 OR; R. Müller, VR-Sitzung: Vorbereitung, Einberufung, Durchführung, Beschlussfassung, Protokollierung, in: SJZ 107 (2011), S. 3).

Hinweis: Sind alle Verwaltungsratsmitglieder anwesend, kann eine Verwaltungsratssitzung auch ohne förmliche Einladung durchgeführt werden.

Durchführung der Verwaltungsratssitzung

Jedes Mitglied des Verwaltungsrats hat ein Recht auf Teilnahme an jeder Verwaltungsratssitzung. Gleichzeitig besteht aber auch eine Pflicht zur Teilnahme (BSK OR II - M. Wernli, N 5 f zu Art. 713 OR). Die Abwesenheit eines Verwaltungsratsmitglied ohne entschuldbaren Grund, stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung dar (P. Forstmoser, Organisation und Organisationsreglement der Aktiengesellschaft, § 11 N 39). Dritte haben kein Recht, an einer Verwaltungsratssitzung teilzunehmen. Es entspricht aber der Praxis, dass die Geschäftsleitung als Ganzes oder deren Vorsitzender (CEO) und allenfalls auch der Finanzchef (CFO) an den Sitzungen teilnehmen. Darüber hinaus kann auch der Beizug von Vertretern der Revisionsstelle oder von externen Sachverständigen aufgrund der Sorgfaltspflicht geboten sein. Es versteht sich von selbst, dass Dritten kein Stimmrecht zukommt und dass diese von Beratungen ausgeschlossen werden können (P. Forstmoser, Organisation und Organisationsreglement der Aktiengesellschaft, § 11 N 42).

Die Leitung der Sitzung obliegt dem Verwaltungsratspräsidenten. Dieser kann die Leitung bei Abwesenheit oder einem Interessenkonflikt auch einem anderen Mitglied delegieren (R. Müller, VR-Sitzung: Vorbereitung, Einberufung, Durchführung, Beschlussfassung, Protokollierung, in: SJZ 107 (2011), S. 5). Am Anfang jeder Sitzung sind die Beschlussfähigkeit und die erforderlichen Quoren festzustellen und es ist neben dem Vorsitzenden auch ein Protokollführer zu bestimmen (P. Forstmoser, Organisation und Organisationsreglement der Aktiengesellschaft, § 11 N 59).

An die Stelle von Sitzungen können auch Telefon- oder Videokonferenzen treten. Ausserdem kann die Beschlussfassung auch auf dem Zirkularweg erfolgen, sofern kein Mitglied eine mündliche Behandlung verlangt (BSK OR II - M. Wernli, N 4 zu Art. 713 OR).

Hinweis: Stellvertretungen sind gemäss der herrschenden Lehrmeinungen an einer Verwaltungsratssitzung grundsätzlich nicht zulässig.

Beschlussfassung

Der Verwaltungsrat kann in allen Angelegenheiten Beschluss fassen, die nicht nach Gesetz oder den Statuten der Generalversammlung zugeteilt sind (Art. 716 Abs. 1 OR). Die Regelung der internen Organisation des Verwaltungsrats ist sowohl in den Statuten als auch in einem Organisationsreglement möglich.

Die Beschlüsse des Verwaltungsrates werden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Vorsitzende hat den Stichentscheid, sofern die Statuten nichts anderes vorsehen (Art. 713 Abs. 1 OR). Als Vorsitzender ist nicht nur der gewählte Präsident des Verwaltungsrats, sondern auch der sog. "Tagespräsident" zu verstehen, d.h. dasjenige Mitglied des Verwaltungsrates, das in Abwesenheit des Verwaltungsratspräsidenten die Sitzung leitet (BSK OR II - M. Wernli, N 13a zu Art. 713 OR).

Jedes Mitglied des Verwaltungsrates verfügt nur über eine Stimme. Ein statutarisches Pluralstimmrecht einzelner Mitglieder ist unzulässig. Falls die Statuten oder das Organisationsreglement kein Präsenzquorum vorsehen, ist der Verwaltungsrat bei jeder Präsenz beschlussfähig (BSK OR II - M. Wernli, N 4 zu Art. 713 OR).

Da das Gesetz keine Vorschriften über die Traktandierung vorsieht, können grundsätzlich auch ohne vorgängige Traktandierung gültige Beschlüsse gefasst werden (P. Forstmoser, Organisation und Organisationsreglement der Aktiengesellschaft, § 11 N 51).

Hinweis: Beschlüsse des Verwaltungsrates können nicht beim Richter angefochten werden.

Protokollierung

Über die Verhandlungen und Beschlüsse des Verwaltungsrats muss ein Protokoll geführt werden. Dieses wird vom Vorsitzenden und vom Sekretär unterzeichnet (Art. 713 Abs. 3 OR). Den nötigen Inhalt eines Protokolls ist nicht im Gesetz geregelt. Es kann ein wörtliches Protokoll, ein Beratungsprotokoll oder ein Beschlussprotokoll geführt werden. Das Protokoll muss wahrheitsgetreu geführt werden.

An der nächsten Verwaltungsratssitzung sollte das Protokoll besprochen und durch einen Beschluss genehmigt bzw. abgelehnt werden (vgl. R. Müller, VR-Sitzung: Vorbereitung, Einberufung, Durchführung, Beschlussfassung, Protokollierung, in: SJZ 107 (2011), S. 8).

Auch bei einer Einmann-AG besteht grundsätzlich eine Protokollierungspflicht. Das Fehlen eines Protokolls stellt allerdings keinen Nichtigkeitsgrund dar, sondern lediglich eine Pflichtverletzung, welche unter Umständen im Verantwortlichkeitsfall von Bedeutung sein kann (BSK OR II - M. Wernli, N 29 zu Art. 713 OR).

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