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Durchgriff Konzernunternehmen: Schutz von Minderheitsaktionären und Gläubigern

Ist die abhängige Gesellschaft zu 100% von der Konzernleitung beherrscht, so ergeben sich keine besonderen Schwierigkeiten. Die Geschäftsleitung bzw. der Verwaltungsrat der abhängigen AG kann ohne weiteres die Weisungen der herrschenden Gesellschaft befolgen und sich ganz deren Interessen widmen, solange nicht die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft durch Insolvenz etc. zu Schaden kommen oder deren Interessen ernsthaft gefährdet werden.

05.01.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Durchgriff Konzernunternehmen

Anders ist die Situation bei einer Beteiligung des herrschenden Unternehmens von weniger als 100%, denn hier sind noch weitere Aktionäre vorhanden, Minderheitsaktionäre der abhängigen Gesellschaft, deren Rechte ebenfalls gewahrt werden müssen.

Bei der einseitigen Verfolgung der Interessen des herrschenden Unternehmens durch die Leitung der abhängigen Gesellschaft kann es dabei zu einem Interessenkonflikt zu Lasten der Minderheitsaktionäre kommen.

Schutz von Minderheitsaktionären

Dem Minderheitenschutz in einem Konzern kommt daher eine grosse Bedeutung zu, da die Schutzbedürftigkeit des Minderheitsaktionärs einer abhängigen (Tochter-)Gesellschaft, der sog. freie Aktionär, aufgrund der speziellen Verhältnisse eines Konzerns weitaus grösser ist als bei einer selbständigen Gesellschaft. Es besteht insbesondere die Gefahr, dass die abhängige Gesellschaft im Interesse des Gesamtkonzerns ausgehöhlt wird.

Als freier Aktionär wird derjenige Aktionär bezeichnet, der Aktien einer AG hält, welche als abhängige Gesellschaft (Tochter) in einen Konzern eingebunden ist, ohne dass er selber einen konzernmässigen Einfluss auf diesen ausüben kann. Nachfolgend werden die einzelnen Schutzmöglichkeiten für den freien Aktionär gesondert nach der Entstehungsart der Minderheitseigenschaft im Konzern behandelt.

Konzerneintrittsphase

  • Der Konzerneintritt eines freien Aktionärs kann freiwillig durch Erwerb eines entsprechenden Aktienpakets eines abhängigen Konzernunternehmens durch eine natürliche oder juristische Person erfolgen.
  • Möglich ist auch ein Verkauf der Aktienmehrheit eines bisher selbständigen Unternehmens an die Konzernmutter, wobei dem Verkäufer eine Aktienminderheit verbleibt.
  • Unfreiwillig erfolgt der Konzerneintritt durch die Übernahme einer selbständigen Gesellschaft durch einen Konzern (sog. "Kontrollübernahme").

Ein freiwilliger Konzerneintritt ist in der Regel unbedenklich, da sich der Erwerber seiner Stellung als Minderheitsaktionär bewusst ist. Problematisch sind allerdings diejenigen Fälle, wo dem Erwerber das Wissen fehlt, dass es sich um ein Aktienpaket eines Konzernunternehmens handelt. Bei einer so genannten Kontrollübernahme befürchtet der freie Aktionär vor allem einen Wertverlust seiner Aktien, da eine Konzernierung in der Regel den Wert der Aktien der Konzerntöchter aufgrund der möglichen Gewinnabführung an die Konzernmutter schmälert. Es ist aber zu beachten, dass die Schutzbestimmungen während der Konzerneintrittsphase für den freien Aktionär höher sind, als dies später der Fall ist.

Schutzbestimmungen

Das Aktien- und insbesondere das Börsenrecht schützen den freien Aktionär durch folgende Bestimmungen:

Publizitätsvorschriften

Die Publizitätsvorschriften zwingen die Konzernmutter bzw. deren abhängige Gesellschaften, ihre Beteiligungen offen zu legen und verschaffen dem (potenziellen) freien Aktionär Kenntnis über die teilweise komplexen Konzernstrukturen. Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, haben nach Art. 663c Abs. 1 OR im Anhang zur Bilanz bedeutende Aktionäre und deren Beteiligungen anzugeben, sofern diese ihnen bekannt sind oder bekannt sein müssten.

Auflösungsklage

Mit der so genannten Auflösungsklage können die freien Aktionäre, welche mindestens 10% des Aktienkapitals besitzen, aufgrund Art. 736 Abs. 4 OR aus wichtigen Gründen die Auflösung der Gesellschaft verlangen, wobei der Richter auch auf andere für die Beteiligten zumutbare Lösungen erkennen kann. Die Auflösung der Gesellschaft wird als "ultima ratio" wohl nur in seltenen Fällen in Betracht kommen. Hingegen kann der Richter den klagenden Minderheitsaktionären die Möglichkeit gewähren, aus der Tochtergesellschaft auszutreten. So kommt die Möglichkeit in Betracht, dass die Tochtergesellschaft den freien Aktionären ihre Minderheitsbeteiligung abkauft und mit anschliessender Kapitalherabsetzung die betreffenden Aktien vernichtet. Da es sich dabei jedoch um den Rückkauf eigener Aktien durch die Tochtergesellschaft handelt, ist diese Möglichkeit beschränkt. Im Weiteren sind auch andere Lösungen denkbar, z.B. eine Dividendengarantie, Aufnahme eines Minderheitsaktionärs in den Verwaltungsrat etc. Die einfachste Variante, die Verpflichtung der Muttergesellschaft zur Übernahme der Aktien der freien Aktionäre, ist nicht möglich, da der Konzernmutter nach Art. 680 OR keine weiteren vermögensmässigen Pflichten auferlegt werden können und ihr im Auflösungsprozess keine Parteistellung zukommt.

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