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Bauzone: Bauen ausserhalb der Bauzone

Der Alleineigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses in der Landwirtschaftszone, überlagert mit der Juraschutzzone, stellte ein Umnutzungs- und Erweiterungsgesuch ausserhalb der Bauzone bei der Baubehörde. Der Gewerbeteil (ehemalige Giesserei) sollte in eine Werkstatt für Wartungs-, Reparatur- und Sattlerarbeiten an Oldtimern umgewandelt werden. Zudem sollte ein offener Autounterstand mit einer Fläche von knapp 32 m2 und einem begrünten Flachdach angebaut werden. Dieser Unterstand wäre für das geschützte Abstellen der Oldtimer notwendig. Die Werkstatt böte dafür nicht genügend Platz. Für das Vorhaben wurde eine Ausnahmebewilligung nach Art. 37a RPG (Raumplanungsgesetz, SR 700), eventuell nach Art. 24c RPG beantragt.

04.01.2022 Von: Gabriela Mathys
Bauzone

Sachverhalt

Das Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn genehmigte die Umnutzung ausserhalb der Bauzone nicht. Die kommunale Baukommission wies gestützt auf die Beurteilung des Bau- und Justizdepartements das Baugesuch ab. Dagegen erhob der Alleineigentümer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 18. August 2020 (VWBES.2020.160) ab. In den Erwägungen setzte sich das Verwaltungsgericht mit den Ausnahmebewilligungen ausserhalb der Bauzone auseinander.

Aus den Erwägungen

Umnutzung Giesserei in Autowerkstatt – Art. 37a RPG

3.1 (…) Gemäss Art. 37a RPG regelt der Bundesrat, unter welchen Voraussetzungen Zweckänderungen gewerblich genutzter Bauten und Anlagen zulässig sind, die vor dem 1. Januar 1980 erstellt wurden oder seither als Folge von Änderungen der Nutzungspläne zonenwidrig geworden sind. Die Raumplanungsverordnung (RPV, SR 700.1) sagt:

Art. 43 Abs. 1 RPV: Zweckänderungen und Erweiterungen von zonenwidrig gewordenen gewerblichen Bauten und Anlagen, können bewilligt werden, wenn:
a) die Baute oder Anlage rechtmässig erstellt oder geändert worden ist;
b) keine wesentlichen neuen Auswirkungen auf Raum und Umwelt entstehen;
c) die neue Nutzung nach keinem anderen Bundeserlass unzulässig ist.

Art. 43 Abs. 2 RPV: Die zonenwidrig genutzte Fläche darf um 30 Prozent erweitert werden; Erweiterungen innerhalb des bestehenden Gebäudevolumens werden nur zur Hälfte angerechnet.

Art. 43 Abs. 3 RPV: Soll die zonenwidrig genutzte Fläche ausserhalb des bestehenden Gebäudevolumens um mehr als 100 m2 erweitert werden, so darf dies nur dann bewilligt werden, wenn die Erweiterung für die Fortführung des Betriebs erforderlich ist.

3.2 Die Bestimmung nimmt sich altrechtlicher gewerblicher Bauten an, die in die Nichtbauzone geraten sind. Es soll eine zeitgemässe Umstrukturierung ermöglicht werden, beispielsweise für die Einführung neuer Produktlinien. Es gibt keinen Anspruch auf beliebige Zweckänderungen, keinen Grundsatz „Gewerbe bleibt Gewerbe“, denn nicht jedes Gewerbe hat dieselben Auswirkungen auf Raum und Umwelt (Lärm, Luftschadstoffe, Verkehr). Es handelt sich um einen Sonderfall der Besitzstandsgarantie nach Art. 24c RPG. Es geht um kleine und mittlere produzierende Betriebe. Umzunutzende Bauten müssen mindestens einen wesentlichen Betriebsteil beherbergen. Unselbständige Lagerräume eines anderswo bestehenden Betriebs können nicht im Zweck geändert werden. Vorausgesetzt wird, dass das für eine Änderung bestimmte Objekt rechtmässig besteht und noch bestimmungsgemäss nutzbar ist. Erlaubt sind bloss Zweckänderungen, die keine wesentlichen Auswirkungen auf Raum und Umwelt haben und keine mehr als geringfügige Erweiterung der Erschliessung erfordern. Vollständige Zweckänderungen dürfen keinen grösseren „Fussabdruck“ hinterlassen. Die Einschränkungen verweisen auf die Rechtsprechung zum Identitätsbegriff (vgl. Rudolf Muggli in Heinz Aemisegger et al. [Hrsg.]: Praxiskommentar RPG, Zürich 2017, N 17 zu Art. 37a RPG).

3.3 Den Materialien lässt sich entnehmen, dass es anlässlich der Revision 1998 einzig darum ging, für die rund 6000 gewerblichen Objekte ausserhalb der Bauzonen die raumplanerischen Voraussetzungen zu schaffen, um erforderliche Umstrukturierungen vornehmen zu können. Es gebe viele altrechtliche Betriebe, deren ursprünglicher Zweck weggefallen sei, die aber eine gesunde Substanz hätten, sich für andere Zwecke noch ohne weiteres eignen würden und auch dafür zur Verfügung stünden. Man dachte namentlich an Zimmereibetriebe, Sägereien, Milchsammelstellen, Sennereien usw. Wo Zweckänderungen raumplanerisch verantwortbar seien, seien sie zuzulassen (AB N 1998, S. 500). Der Gesetzgeber hatte mit dem von ihm mit Art. 37a RPG bezweckten Schutz von Gewerbebetrieben nur Nutzungsänderungen von gewerblichen Bauten im Blick, die weiterhin gewerblich genutzt werden (vgl. BGE 140 II 509, Erw. 2.2, S. 512).

3.4 Es ist davon auszugehen, dass in dem hier zu beurteilenden Gebäude schon jahrelang kein Gewerbe mehr betrieben wurde. Die Bestimmung von Art. 37a RPG ist nicht geschaffen, um schon lange Zeit leerstehende Gebäude wieder einer gewerblichen Nutzung zuzuführen, einer Nutzung, die in die Bauzone gehört. (Vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C _ 243/2008, wonach schon die Umnutzung eines Notschlachtlokals in ein Schlachtlokal mit Verkauf unzulässig ist.) Die Bestimmung ist vorliegend nicht anwendbar.

Art. 24c RPG

4. Art. 37a RPG ist grosszügiger als die Grundnorm in Art. 24c RPG. Bei Art. 37a RPG geht es um den Entwicklungsspielraum für bestehende Gewerbebetriebe ausserhalb der Bauzone – und nicht um die Umnutzung funktionslos gewordener Gewerbebauten. Solche Umnutzungen richten sich nach dem Grundtatbestand von Art. 24c RPG (Raum und Umwelt 3/2018, S. 27; vgl. Urteil 1A. 186/2004, Erw. 1.2). Hauptsächliches Erfordernis für die Erteilung einer erleichterten Ausnahmebewilligung ist, dass das Vorhaben die Identität der Baute in den wesentlichen Zügen wahrt. Dies bedarf einer Gesamtwürdigung (Peter Karlen, Die Ausnahmebewilligung nach Art. 24-24d RPG, in: ZBl 2001, S. 299). Die Wahrung der Identität ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Die äussere Erscheinung wird zwar kaum verändert. Indessen ändert die Zweckbestimmung. Ein ehemaliges Lager wird zur Werkstatt. Autowerkstätten für Oldtimer sind selten. Der Beschwerdeführer will einen umfassenden Service anbieten (Wartung, Reparatur, Sattlerei). Es geht nicht bloss um ein Hobby; es soll ein neues Einzelunternehmen betrieben werden, wenn auch (vorläufig?) bloß im Nebenerwerb. Es ist anzunehmen, dass ein Kundenkreis angesprochen wird, der einen namhaften Mehrverkehr erzeugt. Zurückhaltung ist angebracht, denn der Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet sowie das bäuerliche Bodenrecht stehen auf dem Spiel (Lukas Bühlmann: Gewerbe in der Landwirtschaftszone – konfliktträchtig und problematisch. Info raum 5/2012, S. 10). Auch eine Bewilligung nach Art. 24c RPG ist somit nicht möglich.

Art. 24a RPG

5. Das Vorhaben ist nach § 3 Abs. 2 lit. a Kantonale Bauverordnung (KBV, BGS 711.61) baubewilligungspflichtig. Eine Bewilligung nach Art. 24a RPG kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die neue Nutzung mit Kundenkontakt, wie gesagt, zu einer Mehrbelastung der bestehenden Verkehrserschliessung führt. Es handelt sich nicht um eine reine Zweckänderung ohne jegliche Aussenwirkung (Muggli, a.a.O., Art. 24a RPG N 5).

Offener Autounterstand – Art. 24c RPG

6. Der neue offene Autounterstand ist gegen Norden geplant und soll 5,60 m × 5,70 m messen. Er ist zu gross, um die Wesensgleichheit der Bauten zu wahren. Er soll nicht der Wohnnutzung, sondern der nicht bewilligungsfähigen Gewerbenutzung dienen. Er ist weder für die zeitgemässe Wohnnutzung noch für die energetische Sanierung nötig. Durch die Begrünung des Flachdachs wird die Gesamtwirkung des Ensembles nicht verbessert (Art. 24c Abs. 4 RPG). Es ist mit den Zielen der Raumplanung nicht vereinbar, einen Raum zu schaffen, um ausserhalb der Bauzone defekte oder reparierte Autos von Kunden abzustellen. Die Liegenschaft verfügt übrigens bereits über eine Garage. Der offene Autounterstand ist nach Art. 24c RPG nicht bewilligungsfähig (Muggli, a.a.O., Art. 24c RPG N 37).

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