Werkvertrag Kündigung: Die Beendigung durch die Parteien

Ein Werkvertrag kann wie jeder andere Vertrag vorzeitig aufgehoben werden. Eine solche Werkvertrag Kündigung bleibt jedoch meist nicht folgenlos, sondern der Besteller hat den Unternehmer angemessen zu entschädigen

02.12.2025 Von: Regula Heinzelmann
Werkvertrag Kündigung

Einleitung Werkvertrag Kündigung

Der Besteller schliesst mit dem Unternehmer einen Werkvertrag ab. Bevor das Werk beendet ist, möchte der Besteller den Werkvertrag vorzeitig beenden. In Bezug auf die Werkvertrag Kündigung sieht das Obligationenrecht (OR) vor, dass der Besteller den Vertrag jederzeit widerrufen kann (Art. 377 OR). Der Unternehmer hat in diesem Fall Anspruch auf die Vergütung der bereits erbrachten Leistungen sowie auf eine angemessene Entschädigung für die vertraglich vereinbarte, aber nicht mehr auszuführende Arbeit.

Vertragsbeendigung nach OR Art. 377

Vor der Beendigung und Ablieferung des Werks kann der Besteller, nicht aber der Unternehmer, auf verschiedene Weise künden. Gemäss Art. 377 OR kann der Besteller jederzeit und ordentlich den Werkvertrag mit dem Unternehmer beenden. Er muss lediglich den Preis für das bis zum Kündigungszeitpunkt erstellte Werk inklusive Gewinnanteil abzüglich ersparter Kosten bezahlen. Es handelt sich daher um ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht. Abgerechnet wird unter den Parteien pro rata. 

Die volle Schadloshaltung des Unternehmers umfasst auch einen Anteil an seinem Gewinn (positives Interesse), jedoch wieder bezogen auf den Kündigungstag. Dieses Kündigungsrecht gemäss Art. 377 OR ist ähnlich wie das Kündigungsrecht im Auftragsverhältnis (Art. 404 OR) ausgestaltet. Dieses Kündigungsrecht gibt dem Besteller grosse Freiheit. Will er das Werk durch einen Nachfolgeunternehmer fertigstellen lassen, so ergeben sich Schnittstellenprobleme. Insbesondere bei Mängeln wird jeder beteiligte Unternehmer versuchen, seine Verantwortung auf den Vorgänger oder Nachfolger abzuschieben.

Ausserordentliche Vertragsbeendigung

Bei erheblicher und vom Unternehmer verschuldeter Verzögerung in der Werkherstellung kann der Besteller ausserordentlich künden: 

  • Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstand, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten (Art. 366 Abs. 1 OR).

  • Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, so kann ihm der Besteller eine angemessene Frist zur Abhilfe ansetzen mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde (Art. 366 Abs. 2 OR).

Zu vergüten ist der Preis des Werks, wie es vorliegt, sofern der Besteller das Werk entgegennimmt und allenfalls durch einen anderen weiterbearbeiten lässt. Dann entspricht die Rücktrittserklärung einer Kündigung mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc). Der Besteller kann jedoch auch tatsächlichen Rücktritt erklären und das Werk ablehnen. Es verbleibt dann beim Unternehmer. Der Besteller schuldet dem Unternehmer nichts, er darf das angefangene Werk aber auch nicht beanspruchen (Auflösung ex tunc).

Unabhängig vom Kündigungsgrund hat das Werk, das dem Besteller unfertig übergeben wird, in dem Zustand zu sein, der dem Herstellungsprozess entspricht. Das Werk hat einem erwartungsgemässen Zustand zu entsprechen. Es ist dabei zu beachten, dass die Nichtvollendung selber keinen Mangel darstellt. Was noch nicht fertig ist, ist noch lange nicht mangelhaft. Gesunder Menschenverstand und das Bundesgericht sehen in einem nicht vollendeten Werk keinen Werkmangel. Die Haftung des Unternehmers greift jedoch auch bei einem unvollendeten Werk, welches noch nicht in dem Zustand ist, welcher zu diesem Zeitpunkt erwartet werden durfte (BGE 116 II 453).

Art. 366 Abs. 2 OR normiert das Primat der Nachbesserung. Der Unternehmer hat bei Werkmängeln stets ein Recht auf Nachbesserung. So kann er das Risiko von Schadenersatz und (teurer Ersatzvornahme selber steuern. Der Vorrang der Nachbesserung greift auch bei vorzeitig beendeten Werkverträgen, sei dies aus Art. 366 Abs. 1 oder 2 OR oder sei dies bei Kündigung aus Art. 377 OR.

Wichtig: Ab 1. Januar 2026 gilt der neu eingefügte Art. 368 Abs. 2bis OR: Eine zum Voraus getroffene Verabredung, wonach der Anspruch auf unentgeltliche Verbesserung eingeschränkt oder ausgeschlossen wird, ist ungültig, wenn der Mangel eine Baute betrifft.

Bundesgerichtsentscheid 141 III 106 vom 30. März 2015

Darum ging es um die Frage, ob der Besteller, wenn gemäss Werkvertrag mehrere Leistungen geschuldet sind, auch auf diejenigen Leistungen verzichten, mit denen der Unternehmer sich nicht im Rückstand befindet. Diese besondere Fallgestaltung, so das Bundesgericht, sei am ehesten vergleichbar mit der Situation bei Sukzessivlieferungsverträgen bzw. beim Verzug mit Zahlungsraten. Dazu hat das Bundesgericht entschieden, dass der Gläubiger nur für die bereits verfallenen Raten nach Art. 107 OR vorgehen kann. Von diesem Grundsatz dürfe ausnahmsweise abgewichen werden, wenn auch die künftige Vertragserfüllung als gefährdet erscheint oder wenn der Gläubiger aufgrund einer besonderen Vertragsbestimmung auch mit Bezug auf nicht verfallene Raten zur Ausübung der Rechte nach Art. 107/109 OR ermächtigt ist. Das gilt für Sukzessivlieferung oder sonstige Teillieferungen.

Eine Leistung ist teilbar, wenn sie ohne Wertverminderung zerlegbar ist. Teilbarkeit im technischen Sinn ist also vorausgesetzt, jedoch nicht hinreichend. In diesem Fall war die Teilbarkeit der Leistung zu bejahen. Massgeblich sind aber letztlich Vertragszweck und Interessenlage. 

Im Werkvertragsrecht besteht insofern eine besondere Interessenlage, als der Unternehmer das Werk typischerweise nach den individuellen Wünschen des Bestellers fertigt und es daher nur eine beschränkte Verkehrstauglichkeit aufweist. Ein Gesamtverzicht ist daher für den Unternehmer regelmässig mit erheblichen Nachteilen verbunden. Mit Blick auf Art. 368 Abs. 1 OR, der die Wandelung beim Werkvertrag gegenüber dem Kauf (Art. 205 Abs. 1 OR) erschwert, wird in der Lehre die Meinung vertreten, das ein Gesamtverzicht dem Unternehmer im Rahmen einer Interessenabwägung nicht ohne Weiteres aufgebürdet werden kann.

Im zu beurteilenden Fall überwogen die mit einem Gesamtverzicht verbundenen Nachteile gegenüber zusätzlichen Koordinationsaufwand des Bestellers. Dieser war demzufolge nicht berechtigt, auch hinsichtlich anderer Bestandteile auf die künftige Leistung gemäss Art. 366 Abs. 1 zu verzichten. Sind die Voraussetzungen von Art. 366 Abs. 1 OR nicht gegeben, gilt die Erklärung des Bestellers als Rücktrittserklärung gemäss Art. 377 OR, sofern der Besteller den Vertrag auf jeden Fall beenden will.

Praxistipps Werkvertrag Kündigung

  • Dem Unternehmer ist zu empfehlen, das objektiv Notwendige zu tun, um eine Auflösung des Vertrages zu vermeiden, denn diese fällt in der Regel teurer aus als die eigene Fertigstellung.

  • Der Besteller sollte vor einer Kündigung über Art. 366 OR fundiert abklären, ob tatsächlich der Unternehmer verantwortlich für die Mängel und/oder den Verzug ist und ob alle Voraussetzungen von Art. 366 OR vorliegen. Ansonsten kann die Kündigung aus Art. 366 OR als eine möglicherweise teurere Kündigung nach Art. 377 OR verstanden werden.

  • Bei Werkmängeln erlangen Protokolle, Dokumentationen, Baustellenjournale und dergleichen hohe Bedeutung. Es lohnt sich für beide Parteien, die Erstellung des Werkes sorgfältig zu dokumentieren und regelmässige Information darüber vertraglich zu vereinbaren. 

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