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Architekturleistungen: Fallstricke bei der Vertragsgestaltung

Vergütungsstreitigkeiten auf dem Bau betreffen nicht nur Werklohnforderungen von Unternehmern. Vermehrt müssen sich Anwälte und Gerichte mit Vergütungsstreitigkeiten zwischen Architekten und Bauherrschaften auseinandersetzen.

08.03.2022 Von: Christoph Schärli
Architekturleistungen

Einleitung

Vergütungsstreitigkeiten sind immer wieder auf den Umstand zurückzuführen, dass die Parteien der Frage der Vergütung bei den Vertragsverhandlungen und der Vertragsredaktion zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Ist die Frage der Vergütung unter den Parteien nicht genügend klar geregelt, kann dies während der Vertragsabwicklung zu gros­sen Differenzen führen, welche im Extrem­fall das Gelingen eines Bauprojekts infrage stellen können. Nachfolgend werden die grössten Stolpersteine bei der Regelung der Vergütung thematisiert und Lösungsansätze für die Vertragsgestaltung vorgeschlagen, welche helfen können, das Risiko von Vergütungsstreitigkeiten zu minimieren.

Die Vergütung ist im Vertrag explizit zu vereinbaren

Auf den ersten Blick mag es erstaunen, dass einem solch zentralen Vertragsbestandteil wie der Vergütung oftmals zu wenig Gewicht beigemessen wird. Die Praxis zeigt aber, dass in den Vertragsgrundlagen immer wieder elementare Angaben zur Vergütung fehlen oder nicht genügend klar formuliert sind. Ist etwa nicht klar geregelt, ob es sich beim vereinbarten Betrag um eine Pauschale, ein Kostendach oder nur eine Kostenschätzung handelt, oder wurden nicht alle Faktoren und Grundlagen zur Herleitung der Vergütung bestimmt, sind spätere Streitigkeiten vorprogrammiert.

    Dass der Vergütungsfrage bei den Architektenverträgen in der Tendenz zu wenig Gewicht beigemessen wird, mag daran liegen, dass der Architekt meist nicht nur als Planer des Projekts, sondern auch als Berater und Vertreter der Bauherrschaft tätig wird. Ausgiebige Diskussionen und Regelungen über die Vergütung stehen da beidseits nicht oben auf der Prioritätenordnung. Hat sich aber das zu Beginn der Zusammenarbeit vorhandene Stimmungshoch aufgrund von Verzögerungen, Kostenüberschreitungen oder anderen Schwierigkeiten im Laufe des Projekts einmal abgekühlt, ist die Bereitschaft der Parteien, eine fehlende oder unklare Vergütungsregelung im Vertrag einvernehmlich und pragmatisch zu ergänzen, oft nicht mehr allzu gross.

    Im Gegensatz zur Vergabe von Werkleistungen, bei welchen stark auf den Preis fokussiert wird, stehen bei Planerleistungen die gestalterischen und projektbezogenen Aspekte im Vordergrund. Traditions- und standesgemäss definiert sich der Architekt denn auch mehr über seine gestalterische und planerische Leistung als über den Preis. Die früher verbreitet verwendeten Verbandstarife mögen als Erklärung dienen, dass dem Architekten der Vergütungs- bzw. Preiswettbewerb eher fremd ist. Auch wenn die Verbandstarife seit geraumer Zeit aus kartellrechtlichen Gründen nicht mehr zulässig sind und nicht mehr publiziert werden, sind sich noch immer nicht alle Architekten und Bauherren bewusst, dass die Vergütung für jedes Vorhaben einzeln kalkuliert und vereinbart werden muss.

    Wichtiger Hinweis: Die teilweise verbreitete Annahme, dass mit der vertraglichen Übernahme bzw. dem Verweis auf eine SIA-Ordnung, wie etwa die SIA-Ordnung 102, die Frage der Vergütung bereits geregelt sei, ist zu korrigieren. Mit der blossen Übernahme einer SIA-Ordnung legen die Parteien nämlich weder die Art der Vergütung noch deren Höhe fest. Die SIA-Ordnung 102 für Architekturleistungen enthält nur eine Aufzählung verschiedener Vergütungsmodelle mit entsprechenden Regelungen. Unabhängig davon, ob die Parteien die SIA-Ordnung 102 als Vertragsbestandteil übernehmen oder nicht, müssen das Vergütungsmodell sowie die Höhe der Vergütung bzw. deren Berechnungsfaktoren in jedem Vertrag explizit festgelegt werden.

    Kalkulationshilfen können eine ­projektbezogene Kalkulation nicht ersetzen

    Die Kalkulation der Vergütung und die entsprechende Regelung im Vertrag gestalten sich gerade bei grösseren Projekten oft komplex. Diesem Umstand begegnet die Baubranche mit der Verwendung von Kalkulationshilfen bzw.Honorarberechnungsformeln.

    Die Formel des SIA zur Herleitung der Vergütung nach den aufwandbestimmenden Baukosten ist das üblicherweise verwendete Modell. Diese Kalkulationshilfe sowie die damit zusammenhängenden Leistungs- und Honorarordnung des SIA ist mittlerweile jedoch kartellrechtlich umstritten . Ob zukünftig auf solche Kalkulationshilfen zurückgegriffen werden kann, ist zurzeit ungewiss. Ungeachtet der (an dieser Stelle nicht weiter zu behandelnden) kartellrechtlichen Frage, in welcher Form  solche von einem Berufsverband publizierten Kalkulationshilfen noch zulässig sein werden, ist es im Hinblick auf das Vermeiden bzw. Reduzieren von Vergütungsstreitigkeiten nur zu empfehlen, dass sich die Vertragsparteien vor der Vertragsunterzeichnung mit dem spezifischen Leistungsumfang und der entsprechenden Vergütung vertieft(er) und vor allem projektbezogen(er) auseinandersetzen.

    PraxisTipp: Viele Vergütungsstreitigkeiten entstehen dadurch, dass die entsprechenden Kalkulationsmodelle in die Verträge übernommen werden, ohne dass sich die Parteien mit den einzelnen Faktoren und deren Auswirkungen auf die Vergütung vertiefter vertraut gemacht haben.

    Das Modell der aufwandbestimmenden Baukosten beruht auf der Annahme, dass zwischen den Baukosten und dem Aufwand des Architekten ein Zusammenhang besteht. Unter Berücksichtigung weiterer Faktoren (Schwierigkeitsgrad, Teamfaktor, Anpassungsfaktor für Sonderleistungen) wird mit besagter Formel anhand der Baukosten ein «durchschnittlicher» Stundenaufwand ermittelt. Der so ermittelte fiktive Stundenaufwand wird mit dem vereinbarten Stundenansatz multipliziert, woraus sich dann die Vergütung ergibt. Die Vergütung bemisst sich somit unabhängig vom effektiven Zeitaufwand des Architekten, sondern steigt bzw. sinkt mit der Höhe der Baukosten. Dieses Rechnungsmodell wird oft auch als Grundlage für die Herleitung eines Pauschalhonorars verwendet.

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