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Vergütung: Die Bestellerpflichten im Werkvertrag

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stehen Vergütungsfragen mehr denn je im Fokus. Kostendruck und mangelnde Zahlungsmoral setzen den Unternehmer bisweilen gehörig unter Druck. Der nachfolgende Beitrag behandelt die wichtigsten Bestimmungen zur Vergütungspflicht des Bestellers im Werkvertrag und bietet eine praktische Übersicht für den unternehmerischen Alltag.

04.05.2023 Von: Christian Kreher
Vergütung

Probleme rund um das Thema Vergütung

Fragen und Probleme rund um das Thema Vergütung beschäftigen den Unternehmer seit jeher. Wer eine Leistung erbringt, will schliesslich auch dafür bezahlt werden. Trotz der offenkundigen Wichtigkeit des Themas für den Unternehmer hat die Regelung der sog. Bestellerpflichten im Gesetz eine relativ marginale Regelung erfahren (Art. 372 bis 374 OR). Ausführlicher ist die Regelung in der SIA-Norm 118 ausgefallen, wobei zu bemerken ist, dass diese nur dann anwendbar ist, wenn die Parteien deren Geltung vereinbart haben. Neben der grundsätzlichen Frage, ob ein fester Werklohn vereinbart wurde oder dieser nach dem Wert der Arbeit festgesetzt wird bzw. wie diese näher zu umschreiben sind, stellen sich aus rechtlicher Sicht Fragen rund um die Fälligkeit der Vergütung und die Entschädigung allfälliger Mehrkosten, weshalb ergänzend auch auf die Bedeutung des Kostenansatzes im Sinne von Art. 375 OR hingewiesen wird.

Fester Werklohn oder Festsetzung nach dem Wert der Arbeit?

Das Gesetz unterscheidet primär zwischen der Vereinbarung eines festen Werklohnes (sog. feste Übernahme) und der Festsetzung nach dem Wert der Arbeit. Ebendiese Unterscheidung findet sich in der SIA-Norm 118, wobei Letztere für die Festsetzung nach dem Wert der Arbeit den Begriff Regiearbeiten verwendet.

Ist im Voraus ein fester Werklohn vereinbart, so hat der Besteller eine genau bestimmte oder bestimmbare Summe an den Unternehmer zu entrichten. Der Unternehmer muss also grundsätzlich zum im Voraus bestimmten Preis leisten,auch wenn die Herstellung des Werkes sich als teurer als gedacht erweist. Im Gegenzug wirken sich Einsparungen ausschliesslich zu seinen Gunsten aus (vgl. Art. 373 Abs. 1 und 3 OR und Art. 38 Abs. 2 SIA-Norm 118). Gebräuchlich sind in der heutigen Praxis folgende Erscheinungsformen:

  • Ein Pauschalpreis liegt vor, wenn die Herstellung des Werkes gegen vordefinierten festen Geldbetrag vereinbart wurde (vgl. Art. 41 SIA-Norm 118).
  • Beim Globalpreis tritt zusätzlich ein Teuerungsvorbehalt hinzu (vgl. Art. 40 SIA-Norm 118).
  • Die Vereinbarung eines Einheitspreises bedeutet Abrechnung der werkvertraglichen Leistung nach Mengeneinheit (vgl. Art. 39 SIA-Norm 118).

Selbstverständlich steht es den Parteien frei, den Preis für einzelne Werkteile den Regeln der einen Kategorie zu unterstellen, jene für andere Werkteile dagegen wiederum einer anderen (vgl. Art. 42 Abs. 1 SIA-Norm 118). Welche Variante der Unternehmer wählen soll, muss er im Einzelfall entscheiden. Generell empfiehlt es sich aus Unternehmersicht, einen Pauschalpreis lediglich dann zu vereinbaren, wenn eine klare Kalkulationsgrundlage existiert (vgl. Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. SIA-Norm 118) und abschätzbar wenig äussere Einflüsse die effiziente Herstellung des Werkes beeinträchtigen können. Ein Pauschalpreis eignet sich somit tendenziell eher für Werkverträge von kleinerem Umfang und kürzerer Erstellungsdauer. Je mehr Zeit die Erstellung des Werkes in Anspruch nimmt, desto eher wird ein Globalpreis vereinbart werden und die Teuerung auf den Besteller überwälzt (vgl. im Einzelnen hierzu Art. 64 ff. SIA-Norm 118). Die Vereinbarung eines Einheitspreises ist geeignet, wenn die Herstellung des Werkes unmittelbar mit der Menge eines bestimmten Guts in Verbindung gebracht werden kann. Der Unternehmer wird schliesslich gut daran tun, die Modalitäten der Preisfestsetzung genau zu definieren, da er immer dann die Beweislast trägt, wenn er eine von der Preisbestimmung nach dem Wert der Arbeit (Art. 374 OR) abweichende Vereinbarung behauptet. Umgekehrt gilt dies selbstverständlich auch für den Besteller, falls dieser einen Festpreis behauptet, weil ihn dies im konkreten Fall kostengünstiger zu stehen käme.

Urteil

A schloss mit B und C einen Werkvertrag zur Überholung seiner Stahljacht. Nach Abschluss der Arbeiten entstanden Streitigkeiten bezüglich des Werklohns. B und C stellten Rechnung nach dem Wert der Arbeiten in Höhe von rund CHF 15 000.–, A bezahlte nur CHF 6000.– mit der Begründung, es sei ein Festpreis in dieser Höhe vereinbart worden, da B und C gesagt hätten, «für CHF 6000.– könne man einiges machen …». Das Bundesgericht liess A‘s Einwand nicht gelten und hielt fest, dass es für eine feste Übernahme nicht ausreiche, wenn von einer bestimmten Summe Geld gesprochen werde, es bedürfe vielmehr einer fixen Vereinbarung, in dem Sinne, dass die Summe zugleich untere und obere Grenze des Werklohns darstelle. Aus der Aussage von B und C lasse sich keine derartige Festpreisabrede ableiten (Bundesgerichtsurteil 4C_172/2001 vom 8. August 2001).

Wurde der Preis im Voraus nicht oder nur ungefähr (z.B. im Sinne einer Bandbreite zwischen Betrag X und Y) bestimmt, wird der Werklohn gemäss Art. 374 OR nach Massgabe des Wertes der Arbeit und der Aufwendung des Unternehmers festgesetzt bzw. richtet sich bei Anwendbarkeit der SIA-Norm 118 nach den vereinbarten oder üblichen Ansätzen pro aufgewendete Aufwandseinheit (Art. 49 Abs. 1 und 2 SIA-Norm 118). Mit anderen Worten gelangt Art. 374 OR immer dann, aber auch nur dann zur Anwendung, wenn die Parteien zwar Entgeltlichkeit der Leistung vereinbart haben, die Höhe der Entschädigung des Unternehmers jedoch nicht genau bestimmt wurde (BGE 127 III 519, E. 2c, S. 523). Erweist sich die Werkherstellung bei dieser Preisform als günstig, profitiert der Besteller, andererseits trägt er aber auch die Gefahr, dass sich die Herstellung des Werkes als schwieriger und kostenintensiver als gedacht erweisen könnte. Freilich bedeutet dies für den Unternehmer aber keinesfalls, dass er so teuer bauen kann, wie es ihm beliebt oder wie er den grössten Profit daraus ziehen würde. Vielmehr hat er sachgemäss und mit Rücksicht auf die Interessen des Bestellers zu handeln. Für unsachgemässes Vorgehen oder unnötigen Materialverschleiss (bzw. die daraus resultierenden Extrakosten) muss der Besteller nämlich nicht aufkommen. Für den Unternehmer wird sich die Festsetzung des Preises nach dem Wert der Arbeit in der Regel somit dann eignen, wenn der Leistungsumfang schwer abgeschätzt werden kann. Im Sinne eines Auffangtatbestands hat die Festsetzung des Preises nach dem Wert der Arbeit aber auch ihre Bedeutung, wenn eine Festpreisvereinbarung nicht bewiesen werden kann.

Fälligkeit des Werklohns – Arbeit auf Kredit?

Der Besteller hat die Vergütung bei der Ablieferung des Werkes zu zahlen (Art. 372 Abs. 1 OR). Nach der gesetzgeberischen Konzeption leistet der Unternehmer somit erstmal auf Kredit. Belanglos bleibt, wann der Unternehmer seine Rechnung effektiv verschickt. Der Unternehmer hat also gewissermassen bereits und gleichzeitig erst ab dem Zeitpunkt der Ablieferung das Recht, den vereinbarten Lohn vom Besteller zu fordern, mithin also die Begleichung der nunmehr fällig gewordenen Forderung zu verlangen. Selbst wenn es sich beim vertraglich geschuldeten Werk um ein Grossprojekt mit Auftragsvolumen von mehreren Millionen handelt, kann der Unternehmer vom Besteller nämlich während der Bauphase grundsätzlich keine finanziellen Leistungen verlangen. Im Gegenzug bewirkt aber auch die Ablieferung eines an sich mangelhaften Werkes die Fälligkeit (BGE 129 III 738, E. 7.2, S. 748). Viel helfen wird dies dem Unternehmer jedoch meistens nicht, denn der Besteller wird – sofern er nicht Wandelung erklärt oder Minderung geltend macht – von seinem Einrederecht nach Art. 82 OR Gebrauch machen und die Zahlung des Werklohns bis zur erfolgten Nachbesserung nicht leisten. Für den Unternehmer ist die gesetzgeberische Konzeption somit äusserst ungünstig. Nicht nur muss er während der ganzen Bauphase Bank spielen, sondern riskiert auch noch, wenn das Werk dereinst erstellt ist, dass ihm der Besteller dessen Mangelhaftigkeit entgegenhält und die Zahlung (mindestens vorerst) verweigert.

Auch für das Auslösen des Fristenlaufs der Verjährung kommt es grundsätzlich auf die Fälligkeit und nicht etwa das Rechnungsdatum an!

Obigen Grundsatz relativiert das Gesetz aber sogleich. Wurden nämlich vertraglich Teillieferungen vereinbart, nach denen sich die Vergütung richtet, tritt die Fälligkeit für den geleisteten Teil mit dessen Ablieferung ein (Art. 372 Abs. 2 OR). Immerhin wird der Unternehmer somit im Falle von Teillieferungen häppchenweise für seine Aufwendungen bezahlt und hat überdies das Recht, die weitere Arbeitsausführung zu verweigern, bis ihm für den bereits erstellten Teil Zahlung geleistet wird, was eine erhebliche Verbesserung seiner Rechtsposition darstellt. Nichtsdestotrotz sollte der Anwendungsbereich dieser Norm nicht überbewertet werden, da sich nicht jedes Werk in sinnvolle Teile zergliedern lassen wird.

Der Unternehmer ist daher gut beraten, im Werkvertrag von der gesetzlichen Ordnung abweichende Zahlungsmodalitäten vorzusehen und sich vom Besteller mindestens während der Erstellung des Werkes regelmässige Vergütungen zusichern zu lassen. Beispielhaft hierzu die SIA-Norm 118, die, sofern ihre Anwendbarkeit vereinbart wurde, dem Unternehmer erheblich entgegenkommt: Wird in Regie gearbeitet, erfolgt monatliche Rechnungsstellung mit sofortiger Fälligkeit (Art. 55 SIA-Norm 118). Bei einer Festpreisvereinbarung besteht immerhin Anspruch auf Abschlagszahlungen auf monatlicher Basis, wenn es sich um einen Einheitspreisvertrag handelt. Liegt ausschliesslich eine Pauschal- oder Globalpreisabsprache vor, bleibt es dabei, dass mangels ausdrücklicher Vereinbarung kein Anspruch besteht (Art. 42 i.V.m. Art. 144 ff. SIA-Norm 118). Der Rest wird bei einer Festpreisvereinbarung schliesslich im Rahmen der Schlussabrechnung unter Berücksichtigung der dortigen Vorbehalte fällig (Art. 153 ff. SIA-Norm 118). Sodann gewährt Art. 190 SIA-Norm 118 dem Bauherrn bei fälliger Forderung nochmals eine dreissigtägige Frist, um seine Schuld zu begleichen.

Unabhängig davon, ob sich die vertraglichen Pflichten nach OR oder SIA-Norm 118 richten, steht dem Unternehmer mit dem Bauhandwerkerpfandrecht (Art. 839 ZGB) ein wirksames Instrument zur Verfügung, sich im Fall der Nichtbefriedigung der Werklohnforderung Abhilfe zu verschaffen. Bemerkt sei allerdings dreierlei: erstens kann das Bauhandwerkerpfandrecht nur in Anspruch genommen werden, bei Werken, die auf Grund und Boden errichtet werden (nicht aber bei Fahrnis), zweitens vermittelt das Bauhandwerkerpfandrecht per se nur eine Sicherheit, die ein gerichtliches Verfahren um die Begründetheit der werkvertraglichen Forderung nicht obsolet werden lässt und drittens muss das Bauhandwerkerpfandrecht rechtzeitig (spätestens vier Monate nach dem letzten Hammerschlag) im Grundbuch eingetragen werden. Lässt sich der Unternehmer zu lange vom Besteller hinhalten, ist der Anspruch auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts verwirkt.

Und wer trägt die Mehrkosten?

In der Praxis führt schliesslich die Frage nach der Kostentragungspflicht bei Mehrkosten oftmals zu Streitigkeiten. Wiederum gilt es hier strikt auseinanderzuhalten, was die Parteien genau vereinbart haben bzw. was gilt, wenn mangels Vereinbarung auf die gesetzliche Ordnung abzustellen ist.

Haben die Parteien einen Festpreis vereinbart, kann der Richter nach seinem Ermessen eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages bewilligen, falls ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten oder die nach den von beiden Beteiligten angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermässig erschweren (Art. 373 Abs. 2 OR und Art. 59 Abs. 1 SIA-Norm 118 mit exemplarischem Katalog). Da der Unternehmer als Fachmann oftmals einem Laien gegenübersteht, wird regelmässig viel von ihm verlangt, was seine Voraussehbarkeitsgabe anbelangt (BGE 109 II 333, E.3, S. 336). Lediglich Umstände, die schlicht nicht vorhergesehen werden konnten und sofort angezeigt wurden; (vgl. Art. 25 SIA-Norm 118), sollen zum richterlichen Eingriff in die vertragliche Vereinbarung führen. Die Frage der Voraussehbarkeit hat in der letzten Zeit deutlich an Aktualität gewonnen. Sowohl im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie als auch mit kriegerischen Auseinandersetzung (Ukraine-Konflikt) und den damit verbundenen behördlich verfügten Massnahmen bzw. Störungen internationaler Lieferketten stellen sich immer wieder Fragen, ob bzw. ab wann welche Folgen voraussehbar waren.  Immerhin kann es dem Unternehmer helfen, dass auch Umstände, die nach den von beiden Beteiligten angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, einen richterlichen Eingriff zu rechtfertigen vermögen. Einschränkend kommt hinzu, dass ausserordentliche Umstände eine Preisanpassung (so oder anders) lediglich dann begründen, wenn die Mehrkosten für das Werk zu einem stossenden Gefälle im Leistungsverhältnis zwischen den Parteien führen würden, sodass die Erfüllung zu den ursprünglichen Konditionen für den Unternehmer unerträglich wäre. Mit anderen Worten muss das Missverhältnis so krass sein, dass es für den Unternehmer nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, das Werk zum vertraglich vereinbarten Festpreis (Einheits-, Global- oder Pauschalpreis) auszuführen. Ab wann ein solches Missverhältnis gegeben ist, obliegt letztlich richterlichem Ermessen. Bejaht das Gericht sämtliche Eingriffsvoraussetzungen, wird der Richter die Mehrkosten dem Besteller insoweit überbinden, als dies zur Korrektur erforderlich ist (BGE 113 II 513), oder der Richter verfügt die Vertragsauflösung und regelt die vermögensrechtlichen Folgen.

Bei Bestellungsänderungen hat der Unternehmer grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung, sofern er die Bestellungsänderung und den dadurch verursachten Mehraufwand beweist. Zur Bemessung vgl. auch BGE 143 III 545, E. 4. Wurde kein Festpreis vereinbart, kann sich die Frage ohnehin nur in diesem Kontext stellen.

Wurde ein ungefährer (nicht bindender) Kostenansatz im Sinne einer Hochrechnung des mutmasslichen Preises vorgelegt (in der Terminologie der SIA-Norm 118 auch Richtpreis genannt, vgl. Art. 56 SIA-Norm 118) und vom Besteller auch so verstanden, steht dem Besteller, wenn dieser Richtpreis ohne dessen Zutun unverhältnismässig überschritten wird, grundsätzlich ein Rücktrittsrecht offen (Art. 375 Abs. 1 OR). Dieses Rücktrittsrecht wird jedoch sogleich wieder erheblich eingeschränkt, sofern es sich beim Werk um eine Baute auf dem Grund und Boden des Bestellers handelt. Hier hat der Besteller lediglich das Recht, angemessene Herabsetzung des Lohns zu verlangen oder; falls die Baute noch nicht vollendet wurde, gegen billigen Ersatz der bereits erbrachten Leistungen vom Vertrag zurückzutreten (Art. 375 Abs. 2 OR). Wann eine Kostenüberschreitung als unverhältnismässig zu betrachten ist, wird gemäss Rechtsprechung im Wesentlichen durch Gegenüberstellung des effektiven Preises und jenem gemäss Voranschlag sowie der Frage, ob der Besteller das Werk auch in Auftrag gegeben hätte, wenn er den effektiven Preis schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gekannt hätte, ermittelt (BGE 98 II 299, E.4c, S. 303). Immerhin wird dem Unternehmer im Sinne einer Faustregel eine Toleranz in Höhe von 10 Prozent zugestanden (BGE 115 II 460, E.3b, S. 462), wobei dies selbstredend nur dann gilt, wenn der Unternehmer die Kostenüberschreitung nicht aufgrund seines eigenen Verhaltens zu verantworten hat. Über die 10-Prozent-Grenze hinaus erhält der Unternehmer höchstens hälftigen Ersatz (ausser natürlich die Kostenüberschreitung sei auf das Zutun des Bestellers zurückzuführen, denn diesfalls entfällt auch die Grundlage für die Anwendung von Art. 375 OR als solche). Andererseits muss der Unternehmer aber auch damit rechnen, dass der Besteller vom Vertrag zurücktritt, was der Unternehmer aber verhindern kann, wenn er auf den Ersatz für den über die 10-Prozent-Grenze hinausgehenden Betrag verzichtet. Der Grund hierfür liegt nicht zuletzt in der Unpraktikabilität der Rückabwicklung: Während eine Rückabwicklung bei beweglichen Werken einfach zu bewerkstelligen ist, verbietet sich diese Option bei Bauten auf dem Grund und Boden des Bestellers, weil dieser mit Verbindung mit dem Grund bereits deren Eigentümer geworden ist. So oder anders wird die Angelegenheit aber für den Unternehmer unerfreulich – mit einer ihm infolge Rückabwicklung übertragenen (zu teuren) beweglichen Sache wird er in der Regel nichts anfangen können, und wenn ihm der Werklohn bei einer Baute herabgesetzt wird, geht dies oftmals mit enormen Verlusten für den Unternehmer einher. Auch aus diesen Gründen ist der Unternehmer gut beraten, sorgfältig zu kalkulieren und nur dann einen (auch nur ungefähren) Kostenvoranschlag auszuhändigen, wenn er sich bezüglich seiner Berechnungen einigermassen sicher ist. Andernfalls riskiert er während der Bauphase oder bei deren Abschluss ein böses Erwachen.

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