Mängel Mietwohnung: Wenn die Wohnung nicht mit der Erwartung übereinstimmt

Der Begriff der Mängel in einer Mietwohnung wird vom Gesetz nicht ausdrücklich definiert. Art. 258 Abs. 1 und 3 OR, Art. 259b lit. a und b OR und Art. 259d OR umschreiben den Mangel lediglich indirekt als verminderte, mehr oder minder beeinträchtigte oder fehlende "Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch".

05.10.2020 Von: Urban Hulliger
Mängel Mietwohnung

Begriff des mietrechtlichen Mangels im Allgemeinen

Der vorerwähnte zum vorausgesetzten Gebrauch taugliche Zustand entspricht dem Zustand des Mietobjektes, den der Vermieter gemäss Art. 256 Abs. 1 OR vertraglich schuldet. Ein Mangel liegt also vor, wenn der Ist-Zustand des Mietobjektes vom vertraglich geschuldeten Soll-Zustand abweicht. Diese Begriffsbestimmung des Mangels, wie er aus dem Gesetz abgeleitet werden kann ist aber unvollständig: Der Vermieter kann je nach Ausgestaltung des Mietvertrages beispielsweise verpflichtet sein, das Mietobjekt mit zusätzlichen Eigenschaften zu übergeben und solche Eigenschaften während der Mietdauer zu erhalten (beispielsweise die Zusicherung von besonderer Ruhe, von doppelt verglasten Fenstern oder einer besonderen Anstrichfarbe). Auch das Fehlen oder die Beeinträchtigung solcher zugesicherter Eigenschaften begründet Mängel in einer Mietwohnung

Der geschuldete Zustand des Mietobjektes lässt sich also wie folgt umschreiben: Er umfasst alle für die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch massgebenden wie auch die darüber hinaus zugesicherten Eigenschaften. Zur Feststellung dieses geschuldeten Zustandes ist der Wille der Parteien durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Dabei ist der Zustand des Mietobjektes vor Vertragsabschluss oftmals entscheidend, weil die vertraglichen Festlegungen betreffend die Eigenschaften, die der Mietsache zukommen sollen, in der Regel nur sehr rudimentär geregelt sind (beispielsweise "Wohnung" oder "Büroraum"). Ob das Mietobjekt mangelhaft ist, beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Subjektive Anschauungen des Mieters sind grundsätzlich unerheblich (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4C.291/2000 vom 11. April 2001).

Leichte, mittlere und schwere Mängel Mietwohnung

Das Gesetz unterscheidet leichte, mittlere und schwere Mängel:

  • Leichte Mängel Mietwohnung beeinträchtigen den vertragsgemässen Gebrauch nicht oder nur unwesentlich. Insbesondere gehören in diese Kategorie Mängel im Sinne von Art. 259 OR, die der Mieter während der Mietdauer durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen selbst zu beheben hat ("kleiner Unterhalt").
  • Mittlere Mängel Mietwohnung sind Mängel, die zwar nicht mehr als leicht qualifiziert werden können, welche aber den vertragsgemässen Gebrauch des Mietobjektes weder ausschliessen noch so erheblich beeinträchtigen, dass dem Mieter die Benutzung des Mietobjektes objektiv nicht mehr zugemutet werden kann. Mittlerer Mangel ist also jeder Mangel, der weder leicht noch schwer ist. Beispiele: kurzfristiger Ausfall der Heizung, leicht behebbare Wasserschäden, beschädigtes Holzwerk etc. Besonders hervorzuheben ist, dass der Mieter bei mittleren Mängeln den Mangel auf Kosten des Vermieters beseitigen lassen kann, wenn der Vermieter innert angemessener Frist nicht Abhilfe schafft (Art. 259d lit. b OR).
  • Schwere Mängel Mietwohnung sind solche, welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen (Art. 258 Abs. 1 und Art. 259b lit. a OR). Es handelt sich also um Mängel, die dem Mieter nicht zugemutet werden können. Beispiele: schwerer Brandschaden, Totalausfall einer Restaurantküche, undichtes Dach etc. Bei schweren Mängeln ist der Mieter berechtigt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen, wenn der Vermieter innert angemessener Frist den Mangel nicht beseitigt.  
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