SchKG: Aktuelle Fallbeispiele aus der Praxis
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Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, muss dieser vom Gläubiger in einem Gerichtsverfahren beseitigt werden. Anschliessend kann der Gläubiger je nach Schuldner das Fortsetzungsbegehren auf Pfändung oder Konkurs stellen, worauf es entweder zur Pfändung oder – falls der Gläubiger diese beantragt – zur Konkurseröffnung kommt. In der Praxis verläuft ein Betreibungsverfahren jedoch nicht immer so einfach.
1. Verjährung von alten Verlustscheinen – Unterlagen prüfen
Der selbstständige Schreiner Anton Gehrig besitzt einen Verlustschein aus dem Jahr 1992 über CHF 28 000.– gegen Werner Kupfer. In der gestützt auf den Verlustschein eingeleiteten Betreibung erhebt Kupfer Rechtsvorschlag. Darauf verlangt Gehrig die provisorische Rechtsöffnung, die ihm das Gericht erteilt. Nun schreibt ihm Kupfers Anwalt, er werde, sollte es keine gütliche Einigung geben, die Aberkennungsklage einreichen. Bei dieser müsse der Gläubiger beweisen, dass die dem Verlustschein zugrunde liegende Forderung zu Recht bestehe. «Das dürfte bei einem 24-jährigen Verlustschein schwierig sein», schreibt Kupfers Anwalt. Soll sich Anton Gehrig vom Anwalt einschüchtern lassen?
Nein. Richtig ist, dass die im Aberkennungsprozess vertauschten Parteirollen an der Beweismittelverteilung nichts ändern. Wie im normalen Prozess muss der Gläubiger – hier also Anton Gehrig – den Bestand und die Höhe seiner Forderung beweisen. Dies könnte – wie der Anwalt zu Recht ausführt – nach 24 Jahren schwierig sein.
Daher ist zu prüfen, wie es 1992 zur Ausstellung des Verlustscheins gekommen war. Liegt dem Verlustschein ein Urteil oder ein Vergleich zugrunde, ist die Verlustscheinforderung materiell rechtskräftig. Sie ist verbindlich und darf in einem späteren Prozess wie z.B. einem Aberkennungsprozess zwischen denselben Personen über den gleichen Sachverhalt nicht nochmals überprüft werden. Liegt dem Verlustschein eine unwidersprochene Betreibung zugrunde, darf die Forderung in einem späteren Prozess überprüft werden. Dies falls müsste der Gläubiger seinen Anspruch beweisen.
Im vorliegenden Fall stellte sich aufgrund der Unterlagen heraus, dass im Betreibungsverfahren, das zur Ausstellung des Verlustscheins geführt hatte, ein Gericht in einem Urteil rechtskräftig entschieden hatte, dass Anton Gehrigs Anspruch zu Recht besteht. Gehrig liess sich vom Anwalt nicht einschüchtern und schaute der drohenden Aberkennungsklage ruhig entgegen. Im folgenden Aberkennungsprozess erhob er die Einrede der materiellen Rechtskraft und gewann den Prozess.
Tipp: Überprüfen Sie bei einem alten Verlustschein, ob diesem bereits ein rechtskräftiges Urteil oder ein Vergleich zugrunde liegt.
2. Betreibung gegen eine mächtige Firma – Einschüchterung
Die AluminTec AG stellte für ein börsenkotiertes grosses Bauunternehmen Aluminium-Fertigteile für insgesamt CHF 35 000.– her. Der Liefertermin nach Jahresbeginn konnte nicht eingehalten werden. Die Lieferung erfolgte mit einer Verspätung von zwei Wochen. Das Bauunternehmen reklamierte nie. Erst als AluminTec AG die Rechnung stellte, weigerte sich das Bauunternehmen zu zahlen und stellte eine Gegenrechnung über CHF 50 000.– wegen Lieferverzugs. Soll sich die AluminTec AG vom mächtigen Bauunternehmen einschüchtern lassen?
Hoffentlich nicht, denn das Bauunternehmen weigert sich zu Unrecht, die Rechnung zu zahlen. Es hatte nie geltend gemacht, dass es die Fertigteile nicht mehr annehmen werde. Es unterliess es auch, der AluminTec AG eine angemessene Nachfrist wegen Verzugs anzusetzen (Art. 107 OR). Die Forderung der AluminTec AG ist berechtigt, die Gegenforderung des Bauunternehmens wäre chancenlos. Die AluminTec AG kann also die Betreibung einleiten und den Anspruch – falls nötig – in einem Prozess durchsetzen.
Tipp: Lassen Sie sich von einer mächtigen Firma nicht einschüchtern.
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