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Mehrwertsteuer-Abrechnung: Vermeiden Sie diese häufigen Stolpersteine

Als Wirtschaftsverkehrssteuer ist die MWST ein Abbild der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Dort gilt: Das einzig Stetige ist der stetige Wandel. Entsprechend werden die Fristen zwischen den Änderungen im MWSTG, in der MWSTV oder der publizierten Praxis der ESTV immer kürzer. Hier den Überblick zu behalten ist für die steuerpflichtigen Unternehmen schwierig. Beachten sie jedoch die folgenden fünf Hinweise, vermeiden sie die statistisch häufigsten Stolpersteine in der Mehrwertsteuer-Abrechnung.

09.11.2023 Von: German Boschung, Adrian Wyss
Mehrwertsteuer-Abrechnung

1. Regelmässige und umfassende Umsatzabstimmungen

Umsatzdifferenzen sind der statistisch häufigste Grund von Aufrechnungen der ESTV anlässlich von MWST-Kontrollen. Regelmässige Umsatzabstimmungen vermeiden oder vermindern sie. Dies deshalb, weil aus der Umsatzabstimmung ersichtlich sein muss, wie die Deklaration für die Steuerperiode (Kalenderjahr) unter Berücksichtigung der MWST-Sätze mit dem Jahresabschluss in Übereinstimmung gebracht wird (vgl. Art. 128 Abs. 2 erster Teilsatz MWSTV). Dadurch ergeben sich zwei Ziele der Umsatzabstimmung: Erstens der Abgleich der gebuchten MWST mit den Mehrwertsteuer-Abrechnungen (vgl. dort Ziff. 302/301, 312/311, 342/341 sowie 399). Zweitens die Kontrolle, ob sämtliche für die MWST relevanten Mittelzuflüsse des Unternehmens versteuert wurden, unabhängig, ob sie als (Betriebs-)Ertrag, Aufwand oder in der Bilanz gebucht worden sind, z.B. als Haben-Buchung beim Verkauf von Aktiven oder als ebensolche Buchung in den Passiven, wie es bei Vorauszahlungen von Kunden der Fall ist (vgl. Art. 40 Abs. 1 Bst. b MWSTG).

Relevant für die MWST und damit die Abstimmung des Gesamtumsatzes (vgl. Ziff. 200 des MWST-Abrechnungsformulars) sind einzig die erhaltenen resp. die in Rechnung gestellten Entgelte (vgl. Art. 1 Abs. 2 Bst. a i.V.m. Art. 3 Bst. f MWSTG), nicht aber die anderen Mittelzuflüsse. Die Entgelte werden auch Umsätze genannt (vgl. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. c, d und e MWSTG).1 Als Entgelt gilt jener Vermögenswert, den der Empfänger der Leistung oder ein Dritter an seiner Stelle für den Erhalt der Leistung aufwendet (vgl. Art. 3 Bst. f MWSTG).

Sämtliche anderen Mittelzuflüsse, für welche das Unternehmen keinen verbrauchsfähigen wirtschaftlichen Wert, also eine Leistung erbracht hat oder dafür kein Entgelt erwartet (z.B. Schenkung von Leistungen), stellen kein Entgelt resp. keinen Umsatz dar. Ihre Buchungen in der Finanzbuchhaltung sind deshalb für die Zwecke der Umsatzabstimmung zu eliminieren. Es sind dies insbesondere folgende Buchungen: Subventionen (Ziff. 900 der Mehrwertsteuer-Abrechnung), Spenden/Schenkungen/Gönnerbeiträge und andere Mittelzuflüsse ohne konkrete Gegenleistung, sog. Nicht-Entgelte, die unter Ziff. 910 des MWST-Abrechnungsformulars zu deklarieren sind (z.B. Dividendenerträge, Versicherungsleistungen wie die [Kurzarbeits-]Entschädigungen der Arbeitslosenkassen wegen der COVID-19-Lockdowns, Schadenersatz- oder Genugtuungszahlungen, Verzichte von Forderungen bei einer Unternehmenssanierung, Zahlung für die Erbringung einer hoheitlichen Tätigkeit). Ferner sind sämtliche Buchungen zu eliminieren, welche einen Ertrag in der Finanzbuchhaltung darstellen, aber nicht auf einen Mittelzufluss zurückzuführen sind. Es sind dies die Ertragsbuchungen von nicht realisierten Bewertungsdifferenzen anlässlich einer Neubewertung von Aktiven oder Passiven (meist anlässlich des Geschäftsabschlusses), wie nicht realisierte Gewinne bei Marktwerten (z.B. Buchgewinne bei Fremdwährungen, Wertschriften, [Edel-]Metalle), bei Aufwertungen von anderen Aktiven (z.B. Immobilien, Warenvorräte, Lizenzen, gewährte Darlehen, angefangene Arbeiten). Umgekehrt können auch Ertragsminderungen aus solchen Geschäftsvorfällen resultieren. Sie sind im Rahmen der Umsatzabstimmung ebenfalls als mehrwertsteuerlich nicht relevante Erträge zu eliminieren. Dies gilt z.B. für die zeitlichen oder sachlichen Abgrenzungen, welche über Ertragskonti gebucht wurden, wie die Buchung von transitorischen Passiven, um in der Finanzbuchhaltung der laufenden Geschäftsperiode einen Teil des erhaltenen Mittelzuflusses als Ertrag auf die nächste zu übertragen, weil die Leistungserbringung auch während dieser Zeit noch erbracht werden wird (z.B. die zeitliche Abgrenzung der Erträge von periodenübergreifenden Serviceabos). Keinen Umsatz stellen ebenfalls verkaufte Gutscheine dar. Diese unterliegen erst zum Zeitpunkt der Einlösung der MWST. Vom Umsatz abgezogen werden auch echte Debitorenverluste. Dies unter Ziff. 235 des MWST-Abrechnungsformulars (Entgeltminderung).

Hingegen müssen sog. geldwerte Leistungen als Umsatz berücksichtigt werden. Es sind dies Leistungen an eng verbundene Personen oder diesen nahestehenden Personen (z.B. Verwandte), die an unabhängige Dritte nicht zu den gleichen Bedingungen (verbilligt oder gratis) erbracht würden. Entsprechend sind solche Leistungen als Umsatz zum Wert zu berücksichtigen und zu versteuern, der unter unabhängigen Dritten vereinbart worden wäre (vgl. Art. 24 Abs. 3 MWSTG). Auch ist grundsätzlich die Zurverfügungstellung von (Betriebs-)Mittel an die Angestellten zu deren privatem Zweck als Leistung und damit als Umsatz unter Ziff. 200 zu berücksichtigen, selbst wenn diese Vorgänge nicht gebucht worden sind. Es gelten diesbezüglich einerseits der Lohnausweis resp. die Wegleitung der SSK5 dazu: Was im Lohnausweis unter den Ziff. 2 oder 14 aufgeführt wird, gilt grundsätzlich als entgeltliche Leistung des Unternehmens an die angestellte Person, welche der MWST unterstellt ist. Wegen der Geringfügigkeit gewisser Leistungen gibt es eine Reihe von Ausnahmen dazu, wie das Gratis-Halbtax-Abo der Bahnen oder die üblichen Weihnachts-, Geburtstags- und ähnliche Naturalgeschenke bis CHF 500.– pro Ereignis oder die private Nutzung von Arbeitswerkzeugen (Handy, Computer usw.) im üblichen Rahmen. Es gibt aber auch gewisse Vorschriften, welche die minimale Berechnungsgrundlage für das steuerbare Entgelt festlegen. Zu denken ist hier vorab an die private Nutzung von Geschäftsfahrzeugen, wo die monatliche minimale Bemessungsgrundlage 0,9% des Kaufpreises (exkl. MWST) resp. CHF 150.– beträgt und die MWST von 7,7% als darin inkludiert betrachtet wird.

Abschliessend zu diesem Thema ein Hinweis aus der Praxis: Die Umsatzabstimmung muss mindestens einmal jährlich gemacht werden (vgl. Art. 128 Abs. 1 Bst. d MWSTV). Doch ein zeitlich regelmässigeres Vorgehen ist sehr empfehlenswert. Denn oft können gerade manuell gebuchte Geschäftsvorgänge nach gewisser Zeit nicht mehr (genau) geklärt werden. Abhilfe schaffen hier präzise, selbsterklärende Buchungssätze und vor allem eine gute Dokumentation als Buchungsbeleg hinterlegt.

2. Der Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland

Diese Kreditorenrechnungen weisen meist keine Schweizer MWST aus, allfällig aber ausländische. Entsprechend geht häufig vergessen, dass der mehrwertsteuerpflichtige Schweizer Empfänger zur Mehrwertsteuer-Abrechnung unter Ziff. 382/381 des MWST-Abrechnungsformulars verpflichtet ist. Nämlich dann, wenn es sich um allgemeine Dienstleistungen nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG handelt. Ist er nicht mehrwertsteuerpflichtig, ist er zur Deklaration in der Form eines allgemeinen Informationsschreibens an die ESTV erst dann verpflichtet, wenn er pro Kalenderjahr mehr als CHF 10 000.– an Leistungen aus dem Ausland bezieht, welche der Bezugssteuer unterliegen (vgl. Art. 45 Abs. 2 Bst. b MWSTG). Neben dem genannten Bezug von Dienstleistungen zählen für diese Limite auch die Einfuhr von Datenträgern ohne Marktwert und die Erstellung oder sonstige Lieferung von Bauwerken (z.B. Reparatur oder Restaurierung) in der Schweiz durch hier nicht mehrwertsteuerpflichtige Ausländer,8 die hierfür kein zu verbauendes Material in die Schweiz importieren (z.B. solches Material hier kaufen oder hier nur montieren und einzig die Werkzeuge mitführen). Es gilt zu erwähnen, dass die Abrechnungspflicht solcher Leistungsbezüge aus dem Ausland auch rückwirkend gilt, denn für die Festsetzungsverjährung gelten Art. 42 und 43 MWSTG wie für die Inland-MWST (vgl. Art. 48 Abs. 2 MWSTG). Somit gilt primär die relative Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Ablauf der Steuerperiode, in der die Steuerforderung entstanden ist, entweder durch Zahlung des Entgelts oder durch den Empfang der Rechnung bei mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen, welche nach vereinbarten Entgelten abrechnen (vgl. Art. 40 Abs. 1 MWSTG). Da rückwirkende Eintragung als freiwillig mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen nicht möglich ist, erfordert es gerade in der Aufbauphase eines Unternehmens, genau zu prüfen, ob bereits vor dem Erzielen von Umsätzen eine freiwillige MWST-Pflicht angezeigt ist, um einer definitiven Kostenbelastung eines (hohes)  Vorsteueraufkommens durch den Vorsteuerabzug zu entgehen. Die gleichen Überlegungen gelten bei der Prüfung einer Löschung bei Unterschreitung der Umsatzgrenzen, ab welcher eine zwingende Registrierung nicht mehr vorgesehen ist.

3. Buchhaltungsprogramm und dessen Gebrauch

Es gibt eine Vielzahl von Software auf dem Markt. Sie genügen unterschiedlichsten Ansprüchen hinsichtlich der Komplexität der Darstellung von Geschäftsvorgängen in den Büchern. Gleich unterschiedlich sind die Preise. Es gibt sogar Gratis-Software. Keine dieser darf aber zulassen, dass bereits abgeschlossene Geschäftsperioden danach wieder bebucht werden können. Dies ist ein krasser Verstoss gegen  handelsrechtliche Grundsätze der Buchführung. Die Massgeblichkeit von Bilanz und Erfolgsrechnung kann so per se angezweifelt werden. Die ESTV könnte je nach Fall eine Ermessenseinschätzung auf der Basis von Branchenerfahrungszahlen machen.

Auch sollte darauf geachtet werden, bei Bedarf für sämtliche Ziffern auf der Mehrwertsteuer-Abrechnung (inkl. 900 und 910) mindestens ein MWST-Kennzeichen zur Verfügung zu haben. Dies gilt auch für die mehrwertsteuerlich nicht relevanten Vorgänge wie für die Umsätze zwischen den Mitgliedern einer MWST-Gruppe, die Belastungen/Gutschriften innerhalb der Betriebsabrechnung (Kostenstellen, Produkte) auf Stufe der Betriebsbuchhaltung oder für die erwähnten Bewertungsdifferenzen.

Wenn ferner gilt, dass keine Buchungen ohne MWST-Kennzeichen gemacht werden in Ertragskonti, Aktiven des Anlagevermögens und den Vorauszahlungen und die Software eine Auswertung pro Konto und dort gebuchten MWST-Kennzeichen ermöglicht, kann der Nachweis der ER-Saldi und der Übergang zur MWST-Abrechnung durch die Software vorgenommen werden. Es gibt dann keine «blinden» Buchungssätze mehr, die zuerst begriffen und dann mehrwertsteuerlich qualifiziert werden müssen. Dadurch kann sich auch der Aufwand für die Umsatzabstimmung massiv reduzieren.

4. Kundenrechnungen korrekt stellen, erhaltene Rechnung formell prüfen, Vorsteuerkorrekturen vornehmen und deklarieren

Nach Art. 26 MWST müssen Rechnungen neben Namen und Adresse von Leistungserbringer und -empfänger, das Datum/der Zeitraum der Leistung, die genügende Beschreibung der Leistung, das Entgelt, der MWST-Satz und die MWST (offen) ausweisen. So in Rechnung gestellte Vorsteuer darf im Rahmen der unternehmerischen, steuerbaren Verwendung immer zum Abzug gebracht werden (vgl. Art. 28 Abs. 1 MWSTG). Entsprechend ist u.E. nach wie vor die formelle Kontrolle und Rücksendung von formell nicht korrekten Eingangsrechnungen empfehlenswert. Bei Ausgangsrechnungen muss schon aus Reputationsgründen und dem möglichen Mehraufwand von durch die Kunden verlangten Korrekturen das Gleiche gelten. Absolutes Erfordernis für den Vorsteuerabzug ist der Nachweis der Bezahlung der Vorsteuer (MWST-Betrag, MWST-Satz, vgl. Art. 28 Abs. 3 MWSTG). Darauf sollte man sich aber nur in Ausnahmefällen, nicht aber als Handlungsgrundsatz stützen.

Wer von der MWST ausgenommene Umsätze erzielt, ist grundsätzlich zur Vorsteuerkorrektur verpflichtet. Nur bei gewissen geringfügigen Nebenerträgen verzichtet die ESTV auf eine Vorsteuerkorrektur (z.B. bei Zins- oder Wertschriftenerträgen bis max. 5% des Gesamtertrags resp. CHF 10 000.– pro Steuerperiode als Nebenertrag). Die MWST-Info-Broschüre Nr. 09, Vorsteuer und Vorsteuerabzug, gibt sehr detailliert darüber Auskunft, aber auch über die Methoden der Vorsteuerkorrektur (inkl. Pauschalen dazu).

Ferner ist beim Erhalt von Subventionen die Vorsteuer zu kürzen, entweder in deren Verhältnis zum Gesamtertrag (inkl. Spenden) bei allgemeinen Betriebssubventionen (vgl. Art. 75 Abs. 3 MWSTV) resp. in deren Verhältnis zu den Aufwendungen in einem Tätigkeitsbereich, wenn die Subvention ausschliesslich für diesen gesprochen wird (vgl. Art. 75 Abs. 2 MWSTV). Fällt dort keine Vorsteuer an oder besteht dort kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (z.B. wegen Erzielung von ausgenommenen Umsätzen, vgl. Art. 29 Abs. 1 MWSTG), kann keine Vorsteuerkürzung vorgenommen werden resp. sie entfällt.

Vorsteuerberichtigungen, ob Korrektur oder Kürzung, können sehr kompliziert werden. Sie unterliegen letztendlich dem subjektiven Ermessen der ESTV. Entsprechend sollte eine schriftliche Anfrage mit der Darlegung des Sachverhalts und der angewendeten Grundsätze der eigenen MWST-Methode nicht vergessen werden, wenn es um grosse Vorsteuerbeträge oder um die künftige Festlegung eines MWST-Konzepts geht.

5. Einhaltung von Fristen

Die MWST auf dem MWST-Abrechnungsformular muss bis spätestens 60 Tage nach Quartals- oder Semesterende deklariert und bezahlt werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, so ist ein Verzugszins von 4% ab erstem Tag des Verzugs geschuldet. Es empfiehlt sich, diese Fristen generell einzuhalten. Fristverlängerungen können per Internet beantragt werden. Stetige Mahnungen oder Fristverlängerungen können unter Umständen eine MWST-Kontrolle auslösen.

Fazit: Wer auf eine regelmässige Umsatzabstimmung über sämtliche ER-Konten, das Anlagevermögen und die Vorauszahlungen mit der Beschreibung und der Dokumentation der gefundenen Differenzen zwischen den Saldi der ER- resp. Bilanzkonten und der MWST-Abrechnungen macht, senkt das latente MWST-Risiko markant. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit dem Buchhaltungsprogramm durch eine Auswertung pro Konto und MWST-Kennzeichen der Nachweis dieser Kontensaldi erbracht resp. der Übergang auf die MWST-Deklaration dokumentiert werden kann. Dies erfordert allerdings die Verwendung eines MWST-Kennzeichens für jede Buchung. Dieses Vorgehen ist sehr zu empfehlen, denn auch der Zeitgewinn bei der Umsatzabstimmung kann dadurch nicht unerheblich werden. Wer zusätzlich die Fristen einhält und bei der Deklaration von ausgenommenen Umsätzen resp. dem Erhalt von Subventionen die Vorsteuer regelmässig berichtigt, hinterlässt bei der ESTV kaum Auffälligkeiten, die es durch eine Kontrolle vor Ort zu klären gilt.

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