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Corporate Governance Schweiz: Corporate Governance verstehen

Die Corporate Governance Schweiz legt klare Best Practices und Kontrollmechanismen fest, um Unternehmen transparent, effizient und verantwortungsvoll zu führen. Diese Regeln stärken das Vertrauen von Investoren, Stakeholdern und Kapitalgebern und fördern eine nachhaltige Unternehmensführung.

20.02.2025 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Corporate Governance Schweiz

Einleitung Corporate Governance Schweiz

Es ist wohl vor allem zahlreichen Bilanz- und sonstigen Unternehmensskandalen zuzurechnen, dass das Thema Corporate Governance innerhalb der letzten zehn Jahre zum herausragenden Querschnittsthema der Unternehmensführung geworden ist. Bilanzbetrug und -manipulationen, wie sie von Enron (USA) über Parmalat (Italien) bis Wirecard (Deutschland) (Frankreich) bekannt geworden sind, haben das Vertrauen der Anleger an den weltweiten Kapitalmärkten zutiefst erschüttert und den Ruf nach wirksamen Kontroll- und Verhaltensregeln in Form einer Corporate Governance verstärkt.

Der Begriff der Corporate Governance wird inzwischen vielerorts verwendet und definiert. Nach dem Verständnis von Thommen umfasst sie die Regeln und Grundsätze in Bezug auf Organisation und Verhalten, mit Hilfe derer ein Unternehmen gesteuert und überwacht werden kann. “Dabei gilt es, als Ziel eine möglichst hohe Transparenz für die Anspruchsgruppen (Stakeholder) zu erreichen, damit diese in der Lage sind, jederzeit das unternehmerische Verhalten und dessen Resultate anhand der Corporate Governance-Regeln und -Grundsätze zu überprüfen. Corporate-Governance dient somit dazu, Unsicherheit bei den Anspruchsgruppen zu reduzieren und unethisches Verhalten des Managements zu verhindern. Dieser Umstand wird vor allem der ungleich verteilten Information zwischen Management und Anspruchsgruppen geschuldet (Principal-Agent-Problem), das davon ausgeht, dass das Management einer Unternehmung über mehr Informationen verfügt als die Anspruchsgruppen (vor allem die Kapitalgeber) desselben, was zu Problemen führen kann, wenn die Beziehung zwischen der Unternehmensleitung und den Anspruchsgruppen (z.B. Aktionäre, Kapitalgeber u.a.) nicht geregelt wird. Anderenfalls verfolgt das Management eines Unternehmens stärker die eigenen Interessen als diejenigen der Anspruchsgruppen.

Es geht somit darum, klare Verantwortungsstrukturen, Transparenz sowie eindeutig festgelegte Aufgaben in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung zuzuordnen.

Die Gestaltung der Corporate Governance sollte dabei stets bestimmten Prinzipien folgen, welche die produktive Wertschöpfung und faire Wertverteilung fördern. Zu den wichtigsten dieser Prinzipien zählen die Gewaltenteilung, die Transparenz, die Reduzierung von Interessenkonflikten und die Motivation zu wertorientiertem Verhalten.

Man unterscheidet vier zentrale Faktoren, die für die Corporate Governance Schweiz in einer Unternehmung relevant sind: 

  1. Persönlichkeiten und Charaktere der Führungsspitze: Vor allem die Person des CEO und des VR-Präsidenten geben den “Ton an der Spitze” an und entfalten entsprechende Ausstrahlungswirkung in die übrigen Führungsebenen und -bereiche.
  2. Eigentümerstruktur: Je unbekannter die Anteilseigner dem Management des Unternehmens sind, desto grösser wiegt das oben genannte Principal-Agent-Problem. Während in betont kapitalmarktorientierten Unternehmen eher kurzfristige Sichtweisen und Erwartungshaltungen hinsichtlich des Unternehmenserfolgs vorliegen, zeigt sich, dass vor allem in Familienunternehmen eher langfristige Sichtweisen beim Management vorherrschen.
  3. Geschäftsmodell: Die Komplexität und Internationalität der Unternehmensaktivitäten führt in manchen Branchen dazu, dass die Geschäftleitung in solchen Unternehmen ein vergleichsweise höheres Mass an Unabhängigkeit und Entscheidungsautonomie beansprucht als im Normfall üblich.
  4. Nationale Gesetze und Kulturen: Diese können nicht nur die Grösse und Zusammensetzung der Geschäftsleitung, sondern auch der Aufsichtsgremien beeinflussen. Beispielsweise beeinflusst die Mitbestimmung in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Schweden auch die Corporate-Governance-Praxis der Unternehmen in diesen Ländern.

Für die Corporate Governance Schweiz wird oft die Definition der economiesuisse, des grössten branchenübergreifenden Verbands der Schweizer Unternehmen, verwendet: "Corporate Governance Schweiz" ist die Gesamtheit der auf das Aktionärsinteresse ausgerichteten Grundsätze, die unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf der obersten Unternehmensebene Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle anstreben" (economiesuisse, 2023).

Mit dem 2002 durch die economiesuisse publizierten sowie in 2023 deutlich überarbeiteten "Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance" wird den Publikumsgesellschaften (börsenkotierten Unternehmungen) eine einheitliche Leitlinie und Empfehlung gegeben, die allerdings keinen bindenden Charakter besitzt (so genanntes Soft Law).

Der Swiss Code of Best Practice sieht das Interne Kontrollsystem (IKS) als Element der Corporate Governance einer Unternehmung und gibt dazu folgende Empfehlungen (economiesuisse, 2023):

  • Das IKS ist der Grösse, der Komplexität und dem Risikoprofil der Gesellschaft anzupassen.
  • Das IKS deckt, je nach den Besonderheiten der Gesellschaft, auch das Risk Management ab; dieses bezieht sich sowohl auf finanzielle wie auf operationelle Risiken.
  • Die Gesellschaft richtet eine Interne Revision ein. Diese erstattet dem Prüfungsausschuss (Audit Committee) oder gegebenenfalls dem Präsidenten des Verwaltungsrats Bericht.

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