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Lehrvertrag: Ein etwas anderes Arbeitsverhältnis

Der Lehrvertrag bildet eine Grundlage des Lehrverhältnisses und wird zwischen einem Lernenden und einem Lehrbetrieb abgeschlossen. Die gesetzlichen Grundlagen dazu bilden das Arbeitsgesetz, das Berufsbildungsgesetz und die besonderen Bestimmungen in Art. 344–346a Obligationenrecht. Subsidiär sind die Vorschriften über den Einzelarbeitsvertrag anwendbar.

13.09.2022 Von: Stephan Fischer
Lehrvertrag

Was ist ein Lehrvertrag?

Ein Lehrvertrag ist ein Einzelarbeitsvertrag, der besondere Regelungen in Bezug auf Form und Inhalt aufweist.

Was ist das Besondere an einem Lehrvertrag?

Bei einem Lehrvertrag steht nicht der Lohn, sondern eine fachgemässe Ausbildung im Vordergrund, wobei der Lehrvertrag der beruflichen Grundbildung dient. Gemäss dem Berufsbildungsgesetz sollen während einer Lehre Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung einer Tätigkeit in einem Beruf erforderlich sind, vermittelt und erworben werden. Die meisten Lehrverträge werden von minderjährigen Arbeitnehmern abgeschlossen. Minderjährige Arbeitnehmer haben noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht, weshalb der gesetzliche Vertreter den Lehrvertrag mitunterzeichnen muss. Daneben sind auch die Sonderschutzvorschriften des Arbeitsgesetzes zu beachten.

Welche Pflichten entstehen aus dem Lehrvertrag?

Durch den Lehrvertrag verpflichtet sich die Arbeitgeberin, die lernende Person fachgemäss für einen bestimmten Beruf auszubilden. Gemäss Obligationenrecht steht der Lernende unter der Verantwortung einer Fachkraft, welche die Eigenschaften und Fähigkeiten dazu besitzen muss. Der Lernende darf nur Arbeiten erledigen, welche im Zusammenhang mit dem erlernten Beruf stehen. Des Weiteren hat die Arbeitgeberin dem Lernenden für den Besuch der Berufsschule und der überbetrieblichen Kurse die notwendige Zeit zur Verfügung zu stellen. Diese ist bezahlt und stellt einen Teil der Arbeitszeit dar. Eine Erziehungspflicht besteht für die Arbeitgeberin hingegen nicht.

Die lernende Person hat neben den allgemeinen Pflichten nach Art. 321 ff. OR alles zu unternehmen, um das Lernziel zu erreichen. Insbesondere hat sie zu diesem Zweck für den Lehrbetrieb zu arbeiten. Das Besondere an einem Lehrvertrag ist der Umstand, dass nicht nur der Lernende und der Lehrbetrieb verpflichtet werden, sondern auch eine Nichtpartei, nämlich die Eltern. Diese haben eine Verpflichtung, die Arbeitgeberin nach Kräften zu unterstützen und ein gutes Einvernehmen zwischen dem Lernenden und dem Lehrbetrieb zu fördern.

Form

Ein normaler Einzelarbeitsvertrag zwischen einer Arbeitgeberin und einem Arbeitnehmer bedarf zu seiner Gültigkeit keiner besonderen Form; er kann also auch mündlich abgeschlossen werden. Die Arbeitgeberin ist gemäss Art. 330b OR lediglich verpflichtet, die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen. Im Gegensatz hierzu muss ein Lehrvertrag immer schriftlich abgefasst sein. Zusätzlich zur Schriftlichkeit sind Abmachungen betreffend die Art und die Dauer der Ausbildung, den Lohn, die Probezeit, die Arbeitszeit und die Ferien im Lehrvertrag zwingend festzuhalten. Gemäss der Verordnung zum Berufsbildungsgesetz muss der Kanton ein Vertragsformular für den Abschluss des Lehrvertrags zur Verfügung stellen. Eine Genehmigung des Lehrvertrags durch die zuständige kantonale Behörde ist zwar erforderlich, diese hat jedoch bloss deklaratorische Bedeutung.

Bei Nichteinhaltung der Formvorschriften, oder wenn der Vertrag der kantonalen Behörde verspätet eingereicht wird, untersteht das Lehrverhältnis trotzdem den Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes. Ein Verstoss gegen diese Bestimmungen führt lediglich zu einer Busse oder zu einer Verwarnung der Arbeitgeberin.

Probezeit

Für den Lehrvertrag gelten auch bei der Probezeit besondere Bestimmungen. Die Probezeit kann nicht weniger als einen Monat und darf nicht mehr als drei Monate betragen. Wenn die Parteien keine Probezeit festgelegt haben, gilt eine Probezeit von drei Monaten. Allerdings kann diese ausnahmsweise – und nur vor Ablauf der Probezeit – auf sechs Monate verlängert werden. Dazu braucht es eine Abrede des Lehrbetriebs, des Lernenden und seines gesetzlichen Vertreters sowie die Zustimmung der kantonalen Behörde.

Kündigung

Eine Kündigung des Lehrvertrags ist nur während der Probezeit möglich. Die Kündigungsfrist beträgt dabei sieben Tage. Ein Lehrvertrag als befristeter Vertrag kann nach Ablauf der Probezeit nicht unter Einhaltung der vom Gesetz genannten ordentlichen Kündigungsfristen beendet werden, da der Lehrvertrag automatisch, d.h. ohne Kündigung endet, und zwar unabhängig davon, ob die lernende Person die Abschlussprüfung bestanden hat oder nicht. Der Lernende hat daher keinen Anspruch darauf, das letzte Lehrjahr im gleichen Betrieb zu wiederholen.

Eine fristlose Kündigung, jedoch nur aus einem wichtigen Grund, ist allerdings immer möglich. So z.B., wenn die Ausbildung nicht oder nur unter wesentlich veränderten Bedingungen zu Ende geführt werden kann.

Falls die Arbeitgeberin den Lehrvertrag aufgrund gesundheitlicher Gefährdung des Lernenden vorzeitig auflösen will, muss sie den Lernenden und dessen gesetzliche Vertretung anhören. Die kantonale Behörde ist über die vorzeitige Auflösung des Lehrvertrags zu informieren.

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