Pensionierung: Rechtzeitig vorsorgen

Sich über die Pensionierung Gedanken zu machen, bevor das Rentenalter näher rückt, lohnt sich. Vielen Arbeitnehmern bleibt bei der Vorsorgeplanung jedoch nur wenig Spielraum. Der Beitrag befasst sich damit, warum es sinnvoll ist, rechtzeitig vorzusorgen.

30.12.2022 Von: Nicolas Grundisch
Pensionierung

Nicht die Einnahmensituation – die Ausgabensituation ist der Schlüssel zur gelingenden Pensionierung

Ja, das Ersatzeinkommen sinkt mit der Pensionierung – und dies in jedem Fall. Darum ist der Kunde vielfach auf diesen Sachverhalt fokussiert. Selbstverständlich kann er gerade die sinkenden Umwandlungssätze mit Einkäufen etwas kompensieren. Besser ist es jedoch, Klarheit zu bekommen, wie hoch die jährlichen Budgetdefizite ab Pensionierung sind. Anhand dieser Kennzahl kann (bei frühzeitiger Planung) sowohl die Steueroptimierung mit Pensionskassen-Einkäufen – als auch – kombiniert mit einem Teilkapitalbezug (Achtung: Sperrfrist drei Jahre) elegant Vermögen sicher und ertragreich angelegt werden. Mit dem Teilkapitalbezug können die Budgetdefizite in der wichtigen (weil in der Regel gesundheitlich problemlosen) Zeit zwischen 65 und 75 bequem finanziert werden. Die Bereitstellung von genügend Liquidität in diesen Jahren nach der Pensionierung ist wichtiger, als ein etwas höheres langfristiges Renteneinkommen zu erzwingen. Der Schlüssel, um die Defizitsituation zu eruieren, ist ein korrekt errechnetes Budget. Dabei ist es ein Fehler, von einem Budget vor und nach Pensionierung sprechen zu wollen. Die Ausgaben (mit Ausnahme der 3a-Beiträge) werden beim rüstigen Rentner noch während zehn bis 15 Jahren kaum sinken.

Heute gehört zudem in das Budget zwingend auch die Einrechnung der Inflation. Mit anderen Worten: Die Bereitstellung einer genügenden Liquidität ist zentral für die Pensionierung. Liquidität ist – das Wort sagt es – nicht zu verwechseln mit Investitionen in Finanzprodukte mit mehrjähriger Laufzeit oder einem (aus Risikosicht) benötigten mehrjährigen Anlagehorizont (was auf dasselbe hinausläuft). Liquidität ist also ganz einfach Cash. Vermögensbestandteile, welche in den nächsten zehn bis 15 Jahren nicht gebraucht werden, können gerne als Sachwerte längerfristig zurückgestellt werden.

Leichter werden und loslassen

Auch die selbst bewohnte Liegenschaft ist Vermögen. Hier sind jedoch Herr und Frau Schweizer erstaunlicherweise ohne Weiteres bereit, diesen (meistens grössten Aktivposten) möglichst schnell den Kindern weiterzugeben. Dabei wollen (so behaupte ich mal) die meisten Kinder diese Liegenschaft gar nicht, weil sie den eigenen Lebensmittelpunkt und ihren Lebensinhalt anderweitig organisiert haben.

Leider steht einer Weitergabe mit dem Institut der Nutzniessung eine scheinbar einfache Lösung zur Verfügung. Das Eigentum geht auf die Kinder über, und alles andere bleibt beim Nutzniesser (= Eltern), wie Hypotheken, Liegenschaftsunterhalt, Eigenmietwert und Steuern. Für die Kinder ist dies kurzfristig sehr praktisch, weil sie sich nicht darum kümmern müssen (weil einzig im Grundbuch eingetragen). Konflikte sind in einer solchen Eigentums- und Besitzesform aber meistens vorprogrammiert. Wer entscheidet nun über die Renovation? Wie hat die neue Küche auszusehen? Und wehe die rüstigen Eltern möchten nach ein paar Jahren in eine kleinere Attika- Wohnung umziehen! Das Eigenkapital in der Liegenschaft bleibt blockiert. Beim Alters- und Pflegefall kann die Höhe des Verzichtsvermögens zu Konflikten mit den Ergänzungsleistungen führen, weil die Nutzniessung von der EL als Einkommen angerechnet wird.

Ein Verkauf (wenn an die Kinder gerne auch unter dem Verkehrswert) ist die saubere Lösung. Hier entscheidet sich nämlich, ob die Kinder wirklich interessiert sind. Oft wird dies kaum der Fall sein. Die (zu grosse) Liegenschaft kann somit auf dem Markt verkauft werden und den Kindern (wenn gewünscht und möglich) aus dem Erlös ein Anteil als Vorerbe gewährt werden. Der verbleibende Vermögensanteil bleibt in liquider Form den Eltern erhalten und erlaubt so manches. Besitz und Eigentum bleiben schön sauber getrennt – der Familienfrieden muss nicht strapaziert werden.

Steueroptimierung? 

Das Thema Steuern bleibt gerade nach der Pensionierung weiterhin virulent. Obwohl das Ersatzeinkommen (BVG und AHV) in jedem Fall (deutlich) tiefer als das bisherige Einkommen ist, wird sich die Steuersituation kaum entspannen. Gewinnungskosten, Fahrabzüge, allg. Berufsauslagen, Kinderabzüge, AHV- und BVG-Abzüge sind nicht mehr möglich. Nicht zu vergessen die 3a-Abzüge, welche nur noch (bis 20%) eines allfälligen Nebenerwerbs abgezogen werden können. Damit 3a weiterhin abgezogen werden kann, ist ein Erwerbseinkommen zwingend. Wo verbleibt dann Optimierungspotenzial? Genau: Nur noch mit werterhaltenden Renovationen.

Hier stelle ich vielfach fest, dass viele Personen 55+ die Vorstellung haben, sie möchten vor der Pensionierung alle Renovationen fertiggestellt haben. Diese Vorstellung soll hinterfragt werden. Warum diese Renovationen nicht nach der Pensionierung schrittweise durchführen? Man hat Zeit, die Arbeiten zu beaufsichtigen, kann vielleicht noch selbst Hand anlegen und vor allem über einige Jahre etwas Steuern sparen. Für Steueroptimierung gilt ganz generell: vor der Pensionierung via Pensionskasse, nach der Pensionierung mit dem Liegenschaftsunterhalt.

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