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D&O: Kollektive Haftpflichtversicherung für Gesellschaftsorgane

Die persönliche Haftpflicht von Gesellschaftsorganen, insbesondere von Verwaltungsräten, Geschäftsführern und der Revisionsstelle, kann mittels Vermögensschadenhaftpflichtversicherung versichert werden. Gebräuchlich für diese Art von Versicherung sind Begriffe wie "D&O-Versicherungen", "Directors' and Officers' Liability Insurance" oder kurz "D&O".

03.08.2021 Von: Christoph D. Studer
D&O

Einleitung

Entstanden sind diese Versicherungen in den USA, wo nach dem Börsencrash von 1929 eine persönliche Haftung der verantwortlichen Board Member und Manager eingeführt worden war. Diese zusätzlichen Haftungsrisiken führten zur Einführung einer neuen Art von Versicherungen, welche insbesondere ab den 1980-Jahren Verbreitung in der ganzen Welt fanden.

Bis vor wenigen Jahren wurden solche Versicherungen in der Schweiz fast ausschliesslich für grosse und börsenkotierte Gesellschaften angeboten. Durch den Eintritt grosser internationaler Anbieter in den Schweizer Markt sind die Prämien aber immer mehr gesunken, und inzwischen sind solche Versicherungen auch für KMUs erschwinglich und teilweise bereits für jährlich CHF 2000.– bis 3000.– erhältlich.

Charakter

Bei der D&O handelt es sich um eine kollektive Haftpflichtversicherung, die eine Gesellschaft als Versicherungsnehmerin für ihre Organe abschliesst. In gewissen Fällen schliessen die betreffenden Organe die Versicherung auch selbst ab (und tragen die entsprechenden Prämien). Versicherte Personen sind dabei typischerweise alle Organpersonen der Gesellschaft und gegebenenfalls auch verbundener Unternehmen (in einem Konzern). Selbst sogenannte faktische Organe (nicht eingetragene Personen, die ohne formelle Delegation an der Geschäftsführung der Gesellschaft teilnehmen bzw. deren Willensbildung massgeblich beeinflussen) können teilweise unter solchen Versicherungen Deckung beanspruchen.

Versichert ist das Risiko, als Organ persönlich haftpflichtig zu werden. Die D&O umfasst typischerweise einen "Befreiungsanspruch", d.h. die Bezahlung ausgewiesener Schadersatzforderungen sowie "passiven Rechtsschutz", also die Abwehr unberechtigter Ansprüche. Die versicherte Leistung betrifft insbesondere Schadersatz inkl. Schadenszinsen sowie Gerichts- und Anwaltskosten.

D&O-Versicherungen bieten normalerweis nur Deckung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme aufgrund von haftpflichtrechtlicher Verantwortlichkeit. Keine Deckung besteht beispielsweise im Zusammenhang mit Vertragsverletzungen oder privat- bzw. konkursrechtlichen Rückerstattungs- bzw. Anfechtungsklagen.

Es gibt weitere typische Einreden von Versicherungsgesellschaften, die einen Ausschluss vom Versicherungsschutz vorsehen können:

  • kein Versicherungsschutz für Tätigkeiten in Tochtergesellschaften, in denen die Versicherungsnehmerin eine Beteiligung von unter 50% hält
  • keine Deckung, wenn Ansprüche auf kriminelles Verhalten zurückzuführen sind bzw. wenn vorsätzlich behördliche Verfügungen missachtet wurden
  • Teilweise besteht keine Deckung bei grobfahrlässigem Handeln der Organperson.
  • Teilweise besteht keine Deckung gegenüber Forderungen von öffentlich-rechtlichem Hoheitsträger, z.B. für nicht abgeführte Steuern oder Sozialversicherungsabgaben.

Einzelne Versicherer haben in ihren D&O-Policen weitere Deckungen eingeschlossen. Das Angebot reicht von sinnvollen Ergänzungen bis hin zu Angeboten, die keine ernsthafte Bedeutung haben:

  • Schadloshaltung der Gesellschaft, sofern diese Ansprüche gegen eine ihrer Organpersonen übernommen hat (Company Reimbursement)
  • Deckung für Arbeitnehmeransprüche
  • Verzicht auf Einrede der groben Fahrlässigkeit gemäss Art. 14 VVG
  • Schutz bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft bzw. ihrer Organe durch einen Mitarbeiter
  • Schutz bei Reputationsschäden
  • Schutz bei staatlichen Zwangsmassnahmen, soweit diese im Zusammenhang mit einer Pflichtverletzung stehen
  • Kostenübernahme für Strafverfahren
  • Übernahme von Untersuchungskosten im Zusammenhang mit einer behördlichen Untersuchung
  • Deckung für Drittmandate, im Rahmen von Entsendungen in unabhängige Gesellschaften
  • Verzicht auf Kündigung im Schadenfall gemäss Art. 42 VVG
  • Vertrauensschadenversicherung im Fall von durch Mitarbeiter bzw. allenfalls Dritte durch strafbare Handlungen verursachte Schäden bei der Gesellschaft
  • Vorsorgeversicherungen bei Tätigkeit in neu hinzugekommenen (gegründeten bzw. akquirierten) Gesellschaften
  • Entschädigung der Gesellschaft bei abgeleiteten Aktionärsklagen
  • Deckung für Geldstrafen und Bussen
  • Deckung für nicht abgeführte Steuern und Sozialabgaben
  • Übernahme vorbeugender Abwehrkosten
  • Übernahme von Lebenshaltungskosten, beispielsweise wenn Vermögenswerte der Gesellschaft beschlagnahmt oder fällige Lohnzahlungen zurückgehalten werden
  • Zusatzlimiten für nicht exekutive Organe
  • Zusatzlimiten für Verteidigerkosten nach Ausschöpfen der Versicherungssummen
  • Übernahme der Kosten für psychologische Beratung, Versand von Medikamenten, Unterbringung von Angehörigen versicherter Personen bei Verfahren im Ausland
  • usw.

Eine D&O wird üblicherweise für eine Vertragsdauer von 1–3 Jahren abgeschlossen und i.d.R. nicht automatisch verlängert. Die Versicherungssummen belaufen sich von CHF 5 Mio. bis 20 Mio. bei KMUs bis zu CHF 100 Mio. oder mehr für grosse und börsenkotierte Gesellschaften. Die Selbstbehalte belaufen sich von wenigen Tausend Franken bis in den sechsstelligen Bereich.

D&O-Versicherungen sind grundsätzlich weltweit gültig, mit Ausnahme von USA/Kanada.

Weitere Haftpflichtversicherungen für Organe

Neben den D&O-Versicherungen gibt es weitere Möglichkeiten für Organpersonen, sich für die organtypischen Risiken abzusichern.

Verbreitet sind Zusätze zu einer Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere für Rechtsanwälte, welche neben ihrer juristischen Kerntätigkeit auch VR-Mandate ausüben.

Zunehmend Bedeutung erlangen auch sogenannte Stand-Alone-Versicherungen auch für Organpersonen, die keine Möglichkeiten haben, einen Zusatz zu ihrer Berufshaftpflichtversicherung abzuschliessen. Es handelt sich hier also um separate Versicherungen für einzelne Organpersonen ohne Berufshaftpflichtversicherung.

Rechtsschutzversicherungen bieten im Gegensatz zu Organhaftlichtversicherungen Kostendeckung für Rechtsdienstleistungen (insbesondere Prozessführung) ohne Befreiungsanspruch, d.h., ohne dass die Kosten für Schadenersatzzahlungen an Dritte übernommen werden. Bei Rechtsschutzversicherungen ist nicht nur die Abwehr, sondern auch die Geltendmachung von Ansprüchen versichert. Eine Rechtsschutzversicherung kann deshalb eine Organhaftpflichtversicherung nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen, z.B. für Fälle, in welchen das betreffende Organ selbst Ansprüche geltend machen will.

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