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Stimmrechtsaktien: Stimmrecht in der Generalversammlung

Das Wesen der kapitalbezogenen Aktiengesellschaft basiert auf dem Prinzip, dass sich die Rechte der Aktionäre anhand ihres Anteils am gesamten Aktienkapital der Gesellschaft bemessen. Dies gilt insbesondere für das aus der Aktienbeteiligung fliessenden Stimmrechts, wonach die Aktionäre ihr Stimmrecht in der Generalversammlung nach dem Verhältnis des gesamten Nennwertes der ihnen gehörenden Aktien ausüben (Art. 692 Abs. 1 OR).

07.12.2021 Von: Christoph D. Studer
Stimmrechtsaktien

Mögliche Gründe für Stimmrechtsaktien

In verschiedenen Konstellationen kann das Bedürfnis bestehen, von der direkten Bemessung des Stimmrechts von Aktien aufgrund der auf diese Aktien entfallenden Kapitalbeteiligung abzuweichen. Den in einer Familiengesellschaft operativ tätigen Aktionären kann etwa die Stimmenmehrheit eingeräumt werden, ohne dass sie gleichzeitig die Mehrheit des Kapitals halten und finanzieren müssen. Denkbar ist auch die Konstellation im Rahmen einer Nachlassregelung des Unternehmers: Um die erbrechtlichen Pflichtteilsansprüche zu wahren, soll der geschäftsführende Erbe nicht die Kapitalmehrheit erhalten, aber dennoch im Interesse der Unternehmung über die Kontrolle verfügen, ohne gleichzeitig hinsichtlich der Dividendenberechtigung gegenüber den anderen Erben bevorzugt zu sein. Des Weiteren können Stimmrechtsaktien auch als Schutz gegen allfällige Bestrebungen Dritter dienen, durch Übernahmeaktionen die Kontrolle über die Unternehmung zu erlangen, indem man versucht, mit verhältnismässig geringem Kapitalaufwand die Stimmrechtsaktien bei "zuverlässigen" Aktionären zu platzieren. Für solche Fallkonstellationen (aber auch andere) bieten Stimmrechtsaktien interessante Gestaltungsmöglichkeiten.

Wie Stimmrechtsaktien entstehen

Gemäss Art. 693 OR können die Statuten das Stimmrecht unabhängig vom Nennwert nach der Zahl der jedem Aktionär gehörenden Aktien festsetzen, so dass auf jede Aktie eine Stimme entfällt. Stimmrechtsaktien entstehend, wenn gleichzeitig Aktien mit einem tieferen Nennwert und solche mit einem höheren Nennwert ausgegeben werden. Werden Stimmrechtsaktien bereits im Zuge der Gesellschaftsgründung geschaffen, haben die Statuten demzufolge bei der Festlegung des Aktienkapitals bzw. dessen aktienmässiger Einteilung Kategorien von Aktien mit unterschiedlichen Nennwerten vorzusehen (bspw. solche mit einem Nennwert von CHF 1'000 und solche mit einem Nennwert von CHF 100) und gleichzeitig hinsichtlich der Modalitäten der Beschlussfassung der Aktionäre zu bestimmen, dass auf jede Aktie eine Stimme entfällt.

In der Konsequenz hat diesfalls bspw. eine Aktie mit einem statutarischen Nennwert von CHF 1'000 (Stammaktien) das gleiche Stimmrecht wie diejenige mit einem solchen von bloss CHF 100 (Stimmrechtsaktie), obwohl mit ersterem Aktientitel ein zehnfacher Kapitalanteil einhergeht. Nur diese Art der stimmmässig privilegierten Aktie ist zulässig, nicht aber die Schaffung von Aktien mit gleichem Nennwert und unterschiedlicher Stimmkraft.

Die nachträgliche Einführung von Stimmrechtsaktien stellt einen wichtigen GV-Beschluss i.S.v. Art. 704 Abs. 1 Ziff. 2 OR dar, weshalb hierfür mindestens zwei Drittel der vertretenen Aktienstimmen und die Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte notwendig sind. Sie lässt sich technisch auf zwei Arten umsetzen: Entweder mittels (partiellem) Aktiensplit oder mittels Kapitalerhöhung. Beim Aktiensplitt beschränkt sich dieser auf einen Teil der Aktien, welche hernach zu Stimmrechtsaktien werden. Bei der Kapitalerhöhung beschliesst die GV die Ausgabe neuer Aktien mit einem tieferen Nennwert als die bisherigen und schafft somit Stimmrechtsaktien. Oder sie beschliesst die Ausgabe von Aktien mit einem höheren Nennwert, womit die bisherigen Aktien zu Stimmrechtsaktien werden. In allen Fällen müssen die Statuten zusätzlich dahingehend geändert werden, als dass neu auf jede Aktie eine Stimme entfällt.

Art. 693 Abs. 2 OR bestimmt, dass der Nennwert der Stammaktien das zehnfache des Nennwertes der Stimmrechtsaktien nicht übersteigen darf. Naheliegend ist, dass diese Vorgabe nur dann zum Tragen kommt, wenn sich gemäss Statuten die Stimmkraft nach Anzahl der Aktien richtet (also tatsächlich Stimmrechtsaktien vorliegen und nicht bloss Aktien mit unterschiedlichen Nennwerten). Will eine Gesellschaft den "Stimmrechtshebel" über die Ratio 1 zu 10 ziehen, verbleibt noch die Option, Partizipationsscheine auszugeben. Diese sind von Gesetzes wegen stimmrechtslos (Art. 656a OR Abs. 1 OR).

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