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Genussschein: Was sind Genussrechte und welche Ansprüche gewähren Sie den Berechtigten?

Der Genussschein ist weder Finanzierungsinstrument noch einklagbares "Gläubigerrecht", sondern gewährt, aufschiebend bedingt bis zum entsprechenden Beschluss der Generalversammlung und aufgrund der getroffenen, statutarisch fixierten Definition der Genussrechte, Ansprüche auf einen Anteil am Bilanzgewinn, und/oder am Liquidationsergebnis, und/oder auf den Bezug neuer Aktien.

05.01.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Genussschein

Innerhalb vorstehender, grundsätzlicher Voraussetzungen können die einzelnen Genussrechte individuell spezifiziert werden. Auch mehrere gleicher oder unterschiedlicher Kategorien von Genussrechten zu bilden, ist erlaubt. Es bedarf aber immer der Klärung im Einzelfall, ob die einzelnen Rechte den vom Gesetzgeber normierten Vorteilen nahestehen, d.h. vergleichbar sind. Weitere vermögensrechtliche Ansprüche, welche über diesen Katalog hinausgehen, dürfen den Genussberechtigten hingegen nicht eingeräumt werden.

Beispiele von Genussrechten Einige typische Beispiele von Genussrechten am Bilanzgewinn sind:

  • variable, gewinnabhängige Vergütung, analog dem Dividendenanspruch der Aktionäre,
  • Gewinnbeteiligung mit einer Begrenzung nach oben,
  • Mindestausschüttung, sofern der Gewinn dafür ausreicht,
  • feste Vergütung, unabhängig von der Gewinnhöhe, aber selbstverständlich abhängig von einem ausreichenden Gewinn,
  • Genussrechte mit einer fest vereinbarten Laufzeit.

Abgrenzung zum Partizipationsschein In Abgrenzung zum Partizipationsschein darf der Genussschein

  • keinen Nennwert haben
  • keine Bezeichnung als Partizipationsschein tragen,
  • nicht gegen eine aktivierungsfähige Kapitaleinlage (Geld- oder Sachwert) ausgegeben werden.

Rangordnung der Genussschein-Berechtigten im Vergleich zu übrigen Gesellschaftern

Eine gewinnabhängige Vergütung zwingt notwendigerweise zu einer Festlegung der Rangordnung im Vergleich mit den übrigen Gesellschaftern. Der Gewinnanspruch der Genussschein-Inhaber kann

  • vorrangig sein, u.U. verbunden mit einer Nachzahlungspflicht (bevor eine Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird), falls der festgelegte Ausschüttungsbetrag nicht ausreicht; oder aber
  • gleichrangig sein, um eine "Gleichstellung" mit den Gesellschaftern zu garantieren; oder aber
  • nachrangig sein, d.h. die Gesellschafter sollen gegenüber den Genussschein-Inhabern bevorzugt behandelt werden.

Bei der Ermittlung des Bilanzgewinnes kommt der Verwaltung eine Schlüsselrolle zu, hat sie es doch in der Hand, diesen – im Rahmen ordnungsgemässer Buchführung – massgeblich in der einen oder anderen Richtung zu beeinflussen. Diese Feststellung trifft zwar allgemein zu; immerhin können die Genussschein-Berechtigten (wie die Partizipanten) in der Generalversammlung nicht mitbestimmen.

Beim Anrecht auf einen Anteil am Liquidationsüberschuss stellen sich in etwa analoge Definitionsfragen wie beim Anteil auf den Gewinn; ebenso gelten dieselben Grundsätze bezüglich der Rangfolge.

Ausgabe des Genussschein

Kreis der Genussschein-Berechtigten

Der Kreis der Genussschein-Berechtigte ist ausschliesslich auf Personen beschränkt, welche mit dem Unternehmen durch frühere Kapitalbeteiligung, als Aktionär, Gläubiger, Arbeitnehmer oder durch ähnliche Gründe verbunden sind. Insbesondere letztere, reichlich offen formulierte Voraussetzung räumt einen nicht zu unterschätzenden Spielraum für die Gewährung von Genussrechten ein. Hier spielen nicht notwendigerweise "negative Umstände" bei der Gesellschaft die massgebende Rolle, sondern bestimmte unternehmensstrategische und/oder -politische Interessen von die Gesellschaft beherrschenden oder massgeblich beeinflussenden Personen. Die Grenze bildet der Missbrauch wohlerworbener Rechte anderer Gesellschaftsbeteiligter. Die "ähnlichen Gründe" müssen in jedem Fall aufgrund einer Interessensabwägung gleichwertig mit den übrigen gesetzlichen Voraussetzungen sein.

Warum werden Genussscheine ausgegeben?

  • Bekannt ist der Genussschein als sogenannter "Besserungsschein", wenn in der Folge einer Sanierung Aktionäre durch einen Kapitalherabsetzungsbeschluss ihre Beteiligungsrechte ganz oder teilweise verloren haben und/oder Gläubiger auf ihre Forderung verzichteten – und als Ersatz Genussrechte an der Gesellschaft eingeräumt erhielten.
  • Auch zur Ablösung von Vorrechten, z.B. bei der Umwandlung von Vorzugsaktien in Stammaktien, können Genussscheine eingesetzt werden. Ferner ist es in diesem Zusammenhang möglich, bei geschickter Formulierung der Genussrechte und auch ohne künftige Mitwirkungsrechte eine Zementierung von bestimmten Herrschaftsstrukturen zu bewirken. 

Anmerkung
Die Kompensation für untergegangene Rechte bildet den exemplarischen Fall der Ausgabe von Genussscheinen.

Als Konzession zu Gunsten der Gründer sieht das Gesetz ferner vor, dass auch diese von Genussscheinen profitieren können, sofern die ursprünglichen Statuten diese Privilegien einräumen (Art. 657 Absatz 5 OR).

Die Gesellschaft ist aus Gründen des vorerwähnten Schutzes vor Verwässerung des Gewinnanteils der übrigen Gesellschafter verpflichtet, die Anzahl der ausgegebenen Genussscheine sowie die gewährten Vermögensrechte

Die Schaffung von Genussscheinen setzt folglich eine Statutenänderung voraus, welche mit dem gesetzlichen oder statutarischen Quorum durch die GV angenommen worden sein muss.

Form der Genussscheine

Genussscheine besitzen keine zwingenden Formvorschriften. Sie können als Inhaber-, Namens- (bzw. Recta-) oder Ordrepapiere ausgestaltet werden. Die häufigste Form ist das Inhaberpapier, welches eine einfache Übertragung zulässt. Vinkulierte Namens-Genussscheine bilden eher die Ausnahme. Genussscheine können ferner in Einzelurkunden oder aber auch in Zertifikaten zusammengefasst abgegeben werden. Schliesslich sind auch weiterhin unverbriefte Genussrechte erlaubt; sie sind durch schriftliche Zession abtretbar (Art. 165 Absatz 1 OR). Die einzelnen Genussrechte ergeben sich somit ausschliesslich aus den entsprechenden Statutenbestimmungen.

Neuemission von Genussschein und Bezugsrecht

Im Gegensatz zur Regelung beim Partizipationsschein gibt es keine unmittelbaren Gesetzesgrundlagen über das Bezugsrecht beim Genussschein. Immerhin ist es bei entsprechend klarer statutarischer Regelung möglich, dass Genussscheine Bezugsrechte bzw. Optionsrechte auf neu emittierte Aktien und/oder neue Genussscheine derselben oder anderer Art beinhalten. Die Schaffung von Genussscheinen führt zwangsläufig zu einer Verwässerung des Gewinnanteils der übrigen Gesellschafter. Das Gesetz zieht deshalb in Art. 657 Abs. 1 OR eine Schranke gegen missbräuchliche Ausgaben. Andererseits können verschiedene andere Massnahmen der Aktiengesellschaft zu einer Beeinträchtigung der Genussrechte führen, beispielsweise bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, wenn der Anspruch der Genussscheininhaber an den Dividendensatz der Aktionäre geknüpft ist. Weiter kann sich das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis auch bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung, einer Kapitalherabsetzung, oder bei der Umwandlung von Stammaktien in Vorzugsaktien verschieben.

Praxis-Tipp
Zum Problem dieser Verwässerungen bestehen unterschiedliche Ansichten, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden soll. Als Lösungsansatz empfiehlt es sich, bei der Formulierung der Bezugsrechte der Genussscheininhaber künftigen Verwässerungsmöglichkeiten bestmöglich Rechnung zu tragen durch entsprechende Formulierung eines adäquaten Schutzmechanismus.


Im Falle einer Fusion sind die Genussrechte den veränderten Umständen angemessen anzupassen.

Steuerliche Aspekte (Emissionsabgabe)

Genussscheine inländischer Gesellschaften oder Genossenschaften sind gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a Lemma 4 StG Gegenstand der Eidgenössischen Emissionsabgabe. Als Genussscheine gelten steuerrechtlich Urkunden über Ansprüche auf einen Anteil am Reingewinn oder am Liquidationsergebnis. Die Emissionsabgabe beträgt auf unentgeltlich ausgegebenen Genussscheinen CHF 3.– je Genussschein (Art. 9 Abs. 1 lit. d StG) und ist zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe geschuldet. Abgabeschuldner ist die inländische Gesellschaft oder Genossenschaft (Art. 10 Abs. 1 StG), welcher auch die Deklarationspflicht obliegt. Verrechnungssteuer- oder Einkommenssteuerfolgen wird die Ausgabe unentgeltlicher Genussscheine in Zukunft keine haben, weil ja nie Nennwert geschaffen wird.

Gemeinschaft der Genussschein-Berechtigten

Die Berechtigten bilden von Gesetzes wegen eine Gemeinschaft, für welche die Bestimmungen über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen (Art. 1157 ff. OR) sinngemäss gelten. Den Verzicht auf einzelne oder alle Rechte aus den Genussscheinen können nur die Inhaber der Mehrheit aller im Umlauf befindlichen Genussschein-Titel verbindlich beschliessen (Art. 657 Abs. 4 OR). Eine qualifizierte Mehrheit kann damit eine Minderheit von Genussschein-Inhabern von Gesetzes wegen in ein (weiteres) Sanierungskonzept einbinden.

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