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Verantwortlichkeitsansprüche: Gibt es Abwehrmöglichkeiten?

Die Mitglieder des Verwaltungsrats und alle mit der Geschäftsführung oder der Liquidation betrauten Personen sind sowohl der Gesellschaft als auch den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung der Pflichten verursachen. Doch es gibt auch Abwehrmöglichkeiten gegen Verantwortlichkeitsansprüche.

17.03.2020 Von: Nicolas Facincani
Verantwortlichkeitsansprüche

Pflichtverletzung durch Verwaltungsrat

Das Obligationenrecht sieht besondere Haftungsbestimmungen für Pflichtverletzungen des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft vor. Nach Art. 754 OR sind die Mitglieder des Verwaltungsrats und alle mit der Geschäftsführung oder der Liquidation betrauten Personen sowohl der Gesellschaft als auch den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung der Pflichten verursachen. Klageberechtigt sind demnach die Gesellschaft, die Aktionäre sowie die Gläubiger der Gesellschaft, die Gläubiger aber erst, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig geworden ist. Eine Haftung von Verwaltungsratsmitgliedern aufgrund von Art. 754 OR setzt eine Pflichtverletzung, einen Schaden, einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden und ein Verschulden voraus.

Nach Art. 717 Abs. 1 OR müssen die Mitglieder des Verwaltungsrats sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren. Die gesetzlich normierte Treuepflicht verlangt, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats ihr Verhalten am Gesellschaftsinteresse ausrichten. Für die Sorgfalt, die der Verwaltungsrat bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft aufzuwenden hat, gilt ein objektiver Massstab. Die Verwaltungsräte sind zu aller Sorgfalt verpflichtet und nicht nur zur Vorsicht, die sie in eigenen Geschäften anzuwenden pflegen. Das Verhalten eines Verwaltungsratsmitglieds wird deshalb mit demjenigen verglichen, das billigerweise von einer abstrakt vorgestellten, ordnungsgemäss handelnden Person in einer vergleichbaren Situation erwartet werden kann. Die Sorgfalt richtet sich nach dem Recht, Wissensstand und den Massstäben zum Zeitpunkt der fraglichen Handlung oder Unterlassung.

Hauptsächliche Verantwortlichkeitsfälle sind Verstösse gegen Rechnungslegungs- und Gläubigerschutzbestimmungen (etwa die Weiterführung einer verlustreichen Geschäftstätigkeit, bis die Gesellschaft überschuldet ist und ihre Schulden nicht mehr begleichen kann). Nicht von den Bestimmungen zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit erfasst sind Fälle, in denen Vertragsverhältnisse zwischen der Gesellschaft und Drittpersonen nicht oder nur mangelhaft erfüllt werden.

Nachfolgend sollen verschiedene Abwehrmöglichkeiten gegen Verantwortlichkeitsansprüche in den Grundzügen aufgezeigt werden.

Die Entlastung

Mit dem Décharge-Beschluss verzichtet die Gesellschaft darauf, Verantwortlichkeitsansprüche gegen Organe geltend zu machen. Das Bundesgericht umschreibt die Entlastung als «Erklärung, dass gegen die entlasteten Organe aus deren Geschäftsführung während einer bestimmten Geschäftsperiode keine Forderungen geltend gemacht werden». Der Décharge-Beschluss ist eine negative Schuldanerkennung. Die Aktionäre äussern sich bindend dahin gehend, dass gegen die aktienrechtlich verantwortlichen Organe für eine bestimmte Zeitspanne (in der Regel das Geschäftsjahr) keine Forderung der Gesellschaft wegen mangelhafter Geschäftsführung entstanden ist. Sie verzichten also auf Geltendmachung aktienrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche. Die Décharge führt allerdings nicht zum materiellen Untergang der Ansprüche, sondern bewirkt lediglich eine den Organen zustehende Einrede in einem Prozess. Inhaltlich erfasst die Décharge nur Vorkommnisse, die der Generalversammlung bekannt waren.

Der Décharge-Beschluss ist ein «gesellschaftsinterner» Rechtsakt und entwickelt damit nur Wirkungen gegenüber der Gesellschaft und gegenüber denjenigen Aktionären, die dem Beschluss zugestimmt haben oder die Aktien seither in Kenntnis des Beschlusses erworben haben. Keine Wirkungen kann der Décharge-Beschluss gegenüber aussenstehenden Personen entfalten.

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